Plötzlich Nummer 1

Philipp Grubauer gibt sein Playoffdebut bei den Capitals und feiert einen Sieg.

Plötzlich kommt ganz unverhofft! Ein 23-jähriger Oberbayer schrieb gestern Nacht deutsche Sportgeschichte. Philipp Grubauer geht als erster in Deutschland geborener Torwart, der von Beginn an bei einer Playoffpartie in der NHL im Kasten stand, in die Annalen ein. Erst am Freitagmorgen wurde Grubauer, der sich mental auf das finale Wochenende in der AHL für die Hershey Bears vorbereitet hatte, ins NHL-Team beordert. Die Pläne änderten sich da Capitals Stammtorwart Braden Holtby krankheitsbedingt für Spiel 2 in der Playoffserie gegen die New York Islanders ausfiel. „Als ich davon erfuhr, dachte ich zuerst, dass ich als Backup geholt werde. Dann sagte man mir, dass ich, sollte Holtby wirklich nicht spielen können, den Vorzug gegenüber Justin Peters bekomme.“ Gut 12 Stunden später scharrten sich die Medienvertreter um Grubauer, dem meistgefragtesten Interviewpartner in den Katakomben des Verizon Centers.
Erst 40 Minuten vor Spielbeginn hatten die Capitals offiziell bekanntgegeben, dass sie anstatt von Holtby mit dem Deutschen im Tor beginnen werden.

Grubauer sah das ganz locker: „Ich war mir lange nicht sicher, ob ich spielen werde. Ich bereite mich aber immer darauf vor. Wenn sie sagen ‚Du bist drin‘, selbst wenn es nur noch fünf Minuten bis zum Spiel sind, dann muss man eben zur Stelle sein.“ Grubauer hatte in der regulären Saison nur eine Partie für die Capitals bestritten: Am 6. Februar konnte er beim 3-2 Shootout-Sieg über die Anaheim Ducks überzeugen, und bewies damit auch, dass die Capitals auf ihn setzen können, wenn es darauf ankommt.

Gestern Nacht war es wieder soweit! Der Rosenheimer wirkte unglaublich cool nachdem die Nationalhymne verklungen war. In gebückter Haltung blieb er sekundenlang regungslos stehen. Genoss er diese beeindruckende Playoff-Atmosphäre oder war er nur darauf fokussiert was nun folgen werde? „Ich verspürte schon eine Menge Druck. Wir wollten diese Partie gewinnen, wir brauchten den Sieg. Hätten wir dieses Spiel verloren, hätte es 2-0 für sie [NY Islanders] gestanden. Dann ist es sehr schwer zurückzukommen. Sobald aber der Puck fällt ist es ein Spiel wie jedes andere.“

Als Grubauer nach einer guten Minute die schwarze Hartgummischeibe zum ersten Mal abwehren konnte, bekam er Gänsehaut erzeugende moralische Unterstützung von den Rängen. Tausenden von Kehlen entsprungen, hallte sein Name langgezogen im weiten Rund. Die Stimmung der Fans legte sich nachdem die Gäste aus Long Island durch Treffer von Cal Clutterbuck, Ryan Strome und Kyle Okposo zweimal mit zwei Toren in Führung gegangen waren. Für Grubauer gab es bei den drei Gegentoren nichts zu halten. Kurz vor dem Ende des Mittelabschnitts läutete Capitals Teamkapitän Alex Ovechkin die Aufholjagd ein, die Nicklas Backstrom und Jason Chimera mit ihren Treffern im dritten Drittel zum 4-3 Endstand abschlossen.

Und Grubauer? Er wehrte souverän alle sieben Torschüsse ab, die im letzten Durchgang auf seinen Kasten kamen. Von seinen Mannschaftskameraden wurde er anschließend rundum gelobt. Capitals erfahrener Verteidiger Mike Green war sogar „stolz auf die Leistung“ des jungen Schlussmanns: „Er hat unglaublich gespielt. Das musst du erst einmal schaffen, hochkommen und dann ganz wichtige Saves für uns machen.“

Der so Gelobte sah das viel unspektakulärer: „Ich spiele schon lange genug, um zu wissen was ich tun muss. Den Puck halten, das ist alles. Das ist kein Hexenwerk.“

Auch Capitals Trainer Barry Trotz schätzt Grubauers Coolness: „Ich kann mich zwar nicht in seine Haut versetzen, doch es ist der Wesenszug eines guten Torwarts, dass er sich nicht von äußeren Umständen oder der Situation überwältigen lässt. Ich mag sein Auftreten.“

Grubauer ist, nach Bob Mason und Olaf Kolzig, erst der dritte Torhüter in der Franchisegeschichte der Capitals der sein Playoffdebut gewinnen konnte. Seine Freude über den Sieg war riesig: „Fantastisch, einfach nur fantastisch. Es war ein tolles Spiel von uns, mit einem klasse Comeback.“

Unmittelbar nach der gestrigen Partie haben die Capitals ihre Reise nach Long Island angetreten, wo sie bereits am Sonntagmittag (18:00 Uhr MESZ) erneut auf die Islanders treffen werden. Ob der junge Deutsche auch in Spiel 3 dieser Playoffserie seine Klasse erneut unter Beweis stellen darf, dürfte vom Genesungsprozess von Braden Holtby abhängen. Wie auch immer dieser voranschreitet – Philipp Grubauer ist auf jeden Fall bereit!

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert