Stärker als zuvor zurückkommen

Es war Ende Dezember, als sein Gegenspieler unglücklich auf sein ausgestrecktes Bein fiel und so das Kreuzband im rechten Knie reißen ließ. Seitdem kämpft Dennis Seidenberg um sein Comeback, das in der neuen Saison pünktlich zum Saisonbeginn anstehen soll.

In einer Operation, die durch eine lange Narbe unterhalb des Gelenks sichtbar ist und bleibt, wurde das Band nicht geflickt, sondern gleich ein komplett neues eingesetzt. Anschließend verbrachte der deutsche Verteidiger fünf Monate in Boston mit anstrengender Rehabitilation und musste von Außen zusehen, wie seine Teamkollegen um eine gute Platzierung für die Playoffs und schließlich vergeblich um den Stanley Cup kämpften.

Im Sommer zog er sich nach Margate City, im Bundesstaat New Jersey, südlich vom östlichen Spielerparadies Atlantic City, nördlich von Ocean City und nur eine Stunde Fahrzeit von Philadelphia entfernt gelegen zurück.

„Als ich begonnen habe hier zu spielen, waren die Flyers meine erste Station und das war dort, wo ich meine Frau Rebecca getroffen habe“, erklärt Seidenberg, warum er den Sommer in dieser Gegend verbringt, die gelinde ausgedrückt nicht gerade eine Hochburg für Bruins ist. „Sie ist in Ocean City aufgewachsen, also verbringen wir seitdem ich hier spielte jeden Sommer hier.“

Am wichtigsten waren für Seidenberg aber in diesem Sommer die Trainingsmöglichkeiten, um sein Knie wieder 100 Prozent belastbar zu machen. So verbrachte er und verbringt bis zum Start des Trainingscamps der Bruins Anfang September viel Zeit in seiner Trainingshalle, wo er spezielle Übungen absolviert.

Das Ziel ist nicht nur so gut wie vorher zu werden, sondern der akribische Arbeiter hat sich zum Ziel gesetzt, gleich am ganzen Körper noch stärker und kräftiger zu werden.

Und so macht Seidenberg u.a. Liegestützen mit Klatschen im Intervall, hebt Gewichte mit den Armen, um sie fallen zu lassen und wieder aus der Luft zu fangen und absolviert natürlich spezielle Gymnastik und Kraftübungen, um das Knie und die umgebende Muskulatur zu stabilisieren. Eine spezielle Übung sieht vor, dass er auf einen Kasten steigt, sich an die Kante stellt, das Knie im neunzig Grad Winkel anstellt und anschließend nach unten springt.

Was leicht aussieht, ist richtig gemacht äußerst anspruchsvoll. „Es verlängert die Muskulatur“, verdeutlicht Seidenberg. „Jedes Mal wenn man aufkommt, muss man die Kräfte des Landens aktivieren und absorbieren. Es ist etwas, was mein Trainer mag und mir macht es auch Spaß.“

Ein weiteres Ziel ist es am Körper noch kräftiger zu werden, um mehr Stabilität beim Checken zu haben, aber auch den Schulterbereich besser zu schützen. „Man braucht starke Schultern“, betont Seidenberg. „Wenn du einen Check bekommst, musst du sicher sein, dass sie geschützt sind.“

Trotz des anstrengenden Programms blieb sogar Zeit Anfang August mal wieder seinem Heimatland Deutschland einen seltenen Besuch abzustatten und seinen Bruder Yannic aufzusuchen. Dabei unterzog er sich gleich einem ersten Härtetest. „Das Knie macht sich gut“, erzählte Seidenberg gegenüber BostonBruins.com. „Ich war für eine Woche auf dem Eis mit der Mannschaft meines Bruders in Deutschland, lief vier oder fünf Mal und es fühlte sich nicht großartig an, aber das war etwas, was ich erwartet hatte, weil ich einige Monate nicht gelaufen war.“ Grinsend fügt er hinzu: „Also, glaube ich, läuft alles so wie erwartet.“

Das Eistraining wird in den kommenden Wochen immer mehr Anteile einnehmen, ehe in gut zwei Wochen das Camp der Bruins beginnt. „Es geht nur darum für die nächste Saison wieder fit zu werden und ich kann es kaum erwarten, weil es dann acht Monate sein werden, dass ich das letzte Mal in Boston auf dem Eis stand.“

Doch was war nun an den Gerüchten, dass Seidenberg möglicherweise schon Mitte Mai sein Comeback gegeben hätte, wenn die Bruins gegen die Montreal Canadiens nicht in der zweiten Runde im siebten Spiel verloren hätten? Er hätte es wohl versucht, wenn gleich ihm bewusst war, dass es ein großes Risiko gewesen wäre.

Die zusätzliche Zeit, die er nun hatte, alles auskurieren, war sicherlich gut, obwohl es schon hart war von außen zusehen zu müssen. „Diese Zeiten während meiner Verletzung, als die Jungs immer noch spielten, waren langwierig“, verdeutlicht Seidenberg seine Gefühlslage.

„Es war schmerzhaft zu jedem Spiel zu gehen und nur zuschauen zu können. Dann waren da Zeiten, wo sich alles gut entwickelte und ich sah Fortschritte bei meiner Verletzung, aber als die Saison plötzlich zu Ende war, ging es nur noch darum für die nächste Saison bereit zu werden.“

Zeit dafür hatte er nun ausreichend und Kommentare von Boston Fans im Internet verdeutlichen, dass auch sie ihre Nummer 44 schmerzlich vermisst haben. „Wir brauchen Seids, er hat uns gefehlt“, schreibt der eine und ein anderer lobpreist seine körperliche Physis und Robustheit, als er zum absolvierten Ice Bucket Challenge von Seidenberg scherzhaft anmerkt: „Ich hätte erwartet, dass aus dem Eimer ein Eisblock auf seinen Kopf fällt.“ Dieser wird sicher begeistert sein, dass sich der 33-jährige Blueliner zukünftig im Kampfspiel noch präsenter zeigen will.

„Ich kann es wirklich kaum erwarten nach Boston zurück zu kehren“, sagt Seidenberg mit einem erwartungsfrohen Lachen. „Es war ein langer Sommer – ein langer Winter für mich ebenso.“ Die Erlösung ist für ihn nahe.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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