Verteidigersorgen im Jubel von Boston

Im gestrigen Bericht hatte ich im Vorgriff auf die in der Nacht stattgefundenen siebten Spiele eine Auflistung der bedeutenden Serien über die volle Distanz in der Geschichte der NHL veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt konnte niemand ahnen, dass die entscheidende Partie zwischen den Boston Bruins und den Toronto Maple Leafs ebenfalls einen besonderen Platz in den Büchern einnehmen würde.

Noch nie hatte es eine Mannschaft in der langen Geschichte der Liga geschafft, im Spiel 7 einen Drei-Tore-Rückstand im letzten Drittel, geschweige denn in knapp über zehn Minuten aufzuholen. Das letzte Mal, dass die Bruins einen solchen Rückstand in einer Playoff-Begegnung wettmachten, war am 11. April 1990, als sie ein 2-5 gegen die Hartford Whalers in ein 6-5 verwandelten. Der 13. Mai 2013 wird nun ebenfalls dick angestrichen werden. 3-1 führte Boston nach zwei Auswärtssiegen in Toronto schon, ehe Spiel 5 und 6 verloren gingen und das ominöse Spiel 7 nötig machten. Dort lagen die Hausherren nach 46 Minuten mit 1-4 im Hintertreffen, ehe Nathan Horton (50. Minute), Milan Lucic (59.) und Patrice Bergeron (60.) für den Ausgleich und erneut Bergeron (67.) in der Verlängerung für den erlösenden Siegtreffer sorgten.

„Einfach unglaublich, ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben. So was Extremes habe ich noch nie erlebt“,

sagte Dennis Seidenberg unmittelbar nach der Begegnung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Dabei hatte der 31-jährige Verteidiger zuvor einen schweren Job zu verrichten, nachdem sein Auftritt nur von kurzer Dauer war.

„Es war sehr nervenaufreibend und viel schlimmer alles von außen anzusehen als auf dem Eis zu stehen“,

ergänzte er heute. Bereits bei seiner ersten Schicht auf dem Eis versuchte er Leafs Matt Frattin zu checken, verfehlte ihn aber und kam dabei so unglücklich auf, dass an einen weiteren Einsatz nicht mehr zu denken war.

„Er wollte weitermachen, aber als es nicht ging, war es besser ihn heraus zu nehmen, als es noch schlimmer zu machen“,

betonte Trainer Claude Julien. „Es hätte uns nicht geholfen und es hätte vielleicht die Verletzung noch schlimmer gemacht.“ Der ganze Vorfall trüb natürlich die Aussichten auf das folgende, am Donnerstagnacht beginnende Conference Halbfinale gegen die New York Rangers. Mit Andrew Ferrence und Wade Redden haben die Bruins bereits zwei verletzte renomierte Defensivleute in ihren Reihen, die durch die unerfahrenen Rookies Matt Bartkowski und Dougie Hamilton ersetzt werden mussten.

Immerhin konnte sich Bartkowski mit seinem ersten NHL-Treffer zum 1-0 gut einführen. Er musste fast 25 Minuten Eiszeit absolvieren, während Hamilton knapp über 21 Minuten und die verbliebenen Topleute, wie Kapitän Zdeno Chara nahezu 36 Minuten und Johnny Boychuk 28:30 Minuten im Einsatz waren.

Dementsprechend war Julien auch nach der Begegnung voll des Lobes für seine jungen Spieler:

„Wir sprechen häufiger über die aus dem zweiten Glied, schließlich ist meine halbe Verteidigung ausgefallen und dann kommen zwei Jungs rein und verrichten eine Wahnsinnsarbeit.“

Trotzdem vergaß er nach kurzer Überleitung nicht, Chara ein Extralob auszusprechen:

„Sie verdienen hervorgehoben zu werden, aber Zdeno liefert so etwas Abend für Abend ab, manchmal geben wir ihm nicht die Anerkennung, die er verdient hätte.“

Auf die verbliebenen Verteidiger der Bruins kommt noch mehr Arbeit zu, denn die Chancen auf einen Einsatz von Seidenberg für Donnerstag stehen wohl eher schlecht, selbst wenn es niemand Außenstehendes genau sagen kann. Gemäß den Regeln der NHL müssen Verletzungen in den Playoffs nicht bekannt gegeben werden, wovon die Teams regelmäßig Gebrauch machen. Ebenso in diesem Fall. Das Management hat heute aber vorsichtshalber Verteidiger Torey Krug aus Providence ins NHL-Team berufen.

Seidenberg selbst sprach heute von einer leichten Verletzung, wo man schauen müsse, wie sie sich entwickelt und wann es wieder gehe. Gegen die Rangers würde er aber gerne mit von der Partie sein.

„Es wird eine sehr gute Serie werden, zwar taktisch geprägt, aber auch hartes und schnelles Eishockey, so wie man es sich wünscht“,

erwartet die Nummer 44 der Bruins gute Unterhaltung für die Fans. „Beide Mannschaften sind sich in ihrem Stil sehr ähnlich.“

Wenn es nach ihm geht, würde die Serie auf jeden Fall nicht mehr über sieben Spiele gehen, sondern früher zu ihren Gunsten entschieden sein, obwohl die Bruins von ihren acht gespielten Playoffserien in den letzten vier Jahren sechs Mal über sieben Spiele gehen mussten und davon nur zwei Mal unterlagen (2010 gegen die Philadelphia Flyers und 2012 gegen die Washington Capitals).

„Es verzehrt viele Kräfte und kann auf Dauer nicht gut gehen“,

kehrt Seidenberg den negativen Effekt hervor, betont aber andererseits, dass die Mannschaft solche Situationen gut kennt:

„Eine gewisse Erfahrung hilft natürlich, aber man will es nicht unbedingt auf Spiel 7 ankommen lassen, denn es geht nicht immer so gut, wie letzten Abend.“

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

 

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