Noch viel Luft nach oben

Doug MacLean - erster Manager der Blue Jackets

Die Geschichte der Columbus Blue Jackets
von Robin Patzwaldt

Es scheint verwunderlich, dass es in Columbus, immerhin die größte Stadt im Bundesstaat Ohio, bis vor ein paar Jahren kein einziges Profi-Team in einer der führenden US-Sportarten gab.

Dies änderte sich erst im Jahre 1997 mit der offiziellen Aufnahme einer weiteren Franchise in das Spielsystem der NHL. Bis zum ersten Bully waren allerdings zunächst noch viele organisatorische Dinge im Umfeld zu erledigen.

So gab es, mangels Profisport-Historie in Columbus noch keine geeignete Spielstätte. Dem konnte der Versicherungskonzern ‚Nationwide‘ abhelfen. Kurzerhand erklärte man sich zur Finanzierung einer 150 Mio. US-Dollar teuren, direkt in der Downtown gelegenen Mehrzweck-Arena bereit, die neben der NHL-Eisfläche nicht nur noch zusätzlich zahlreiche Geschäfte und Parkplätze beherbergen sollte, sondern als Novum in der NHL, auch die erforderlichen Trainingsanlagen der neu beheimateten Kufencracks gleich mit an Ort und Stelle unterbringen sollte.

Im November 1997 gaben die fünf Gesellschafter der neuen Franchise unter der Führung von John H. McConnell, übrigens alles Industrielle aus Columbus und Umgebung, den Namen der neuen Franchise bekannt! ‚Blue Jackets‘ war das Ergebnis einer Fanumfrage an der sich über 14.000 Teilnehmer beteiligten.
Der doppeldeutige Name, er steht für ein kleines, flinkes Insekt ebenso wie für die lange US-Bürgerkriegstradition im Staate Ohio, findet sich optisch umgesetzt auch auf den ‚Patches‘ der Teamtrikots wieder. Als erster Offizieller wurde Doug Mac Lean zum General Manager des neu zu organisierenden Teams bestellt. Mac Lean, der die Florida Panthers 1996, nur drei Jahre nach deren Ligaeintritt, als Coach bis ins Stanley Cup Finale geführt hatte, verfügte über die gewünschte Erfahrung beim Neuaufbau einer NHL-Franchise, wenn auch damals in anderer Position. Zum ersten Farmteam der ‚Jackets‘ wurden im Jahre 1999 die ‚Syracuse Crunch‘ aus der AHL ernannt.

Zur offiziellen Präsentation des zukünftigen Logos und der Jerseys versammelten sich am 14. Oktober 1999 immerhin schon über 4.000 Interessierte im Easton Town Center der Stadt,. So verwundert es auch nicht weiter, dass die von der NHL geforderte Dauerkartenmarke von 12.000 Saisontickets im Mai des Jahres 2000 geknackt wurde und damit auch die letzten organisatorischen Anforderungen an eine junge NHL-Franchise erfüllt wurden. Als Folge dessen genoss das Team aus Ohio ab sofort die vollen Rechte einer offiziellen NHL-Franchise.

Im Juni des Jahres nahmen die Blue Jackets zusammen mit der Schwester-Expansion-Franchise aus Minnesota am ‚Expansion-Draft‘ in Calgary, Alberta teil. Erste Namhafte Stützen des Teams waren u.a. Lyle Odelein (zuvor Phoenix), Ron Tugnutt (Pittsburgh), Geoff Sanderson (Buffalo) oder auch Erstrundendraftpick Rostislav Klesla. Einen Monat danach wurde der ehemalige Teamchef der Kanadischen Nationalmannschaft Dave King zum ersten Chefcoach ernannt. Sein Stellvertreter wurde Gerard Gallant, der im weiteren Verlauf der Geschichte noch eine wichtige Rolle erlangen sollte.

Rechtzeitig vor Saisonbeginn wurde die neue Nationwide Arena fertig und im September mit einem ausverkauften Konzert von Country-Star Faith Hill von über 20.000 Fans stimmungsvoll eingeweiht. Das erste Vorbereitungsspiel des im Aufbau befindlichen Hockeyteams wurde zwar mit 2-3 in der Mellon Arena von Pittsburgh gegen die dortigen Penguins verloren, jedoch verkaufte sich das Team teuer und der erste, allerdings ‚inoffizielle‘ Treffer der Franchisegeschichte gelang Martin Spanhel.

Im ersten Ligaspiel gelang ihnen ein furioser Start. Bereits im Eröffnungsdrittel, vor ausverkauftem Haus, schoss man eine 3-0 Führung gegen die Chicago Blackhawks heraus. Allerdings flatterten dem Team danach dermaßen die Nerven, dass die Partie am Ende sogar noch mit 3-5 verloren wurde. Bruce Gardiner wurde das erste ‚offizielle‘ Tor der Jackets zuerkannt. Nur fünf Tage später gelang den Blue Jackets durch ein 3-2 in Calgary der erste Sieg der Franchisegeschichte. Bis zum ersten Heimerfolg dauerte es noch etwas länger. Erst am 27. Oktober 2000 konnten die Washington Capitals mit 3-1 in der stimmungsvollen Nationwide Arena bezwungen werden. Insgesamt verlief die erste NHL-Saison, mit den erreichten 71 Punkten, recht ordentlich für das Team. Natürlich reichte es am Ende nicht in die Playoffs, aber es gelang beachtliche Teilerfolge zu verzeichnen und immerhin sieben andere Mannschaften hinter sich zu lassen. So stellte Goalie Ron Tugnutt mit 22 Siegen eine neue Bestmarke für Torhüter eines Expansionteams auf.

Die zweite Saison begann kurios: Die ersten drei Spiele (gegen St. Louis, in Philadelphia und zu Hause gegen Philadelphia) endeten allesamt unentschieden.
Im Februar des Jahres 2002 vertrat Espen Knutsen als erster Blue Jackets Spieler sein Team bei einem All Star Game. In Los Angeles gelang ihm sogar ein Tor und ein Assist beim 8-5 Sieg der World All Stars gegen die Nordamerika-Auswahl. Im März schlägt das Schicksal böse zu! Die damals 13-jährige Brittanie Cecil wird beim Heimspiel der Blue Jackets gegen die Calgary Flames von einem abgefälschten Puck so unglücklich am Kopf getroffen, dass sie wenige Tage später ihren Kopfverletzungen erliegt. Endlich, aber viel zu spät entschließt sich die NHL aufgrund des Vorfalles in der gesamten Liga Netze hinter den Toren anzuordnen.

Im Frühsommer beim Entry-Draft in Toronto verstärkt sich das Team mit Nr.1-Pick Rick Nash von den London Knights. Zu Beginn der neuen Spielzeit gerät Coach Dave King zunehmend unter Druck. Die ausbleibenden Fortschritte in den Platzierungen des Teams führen am 7. Januar 2003 zu seiner Entlassung. Übergangsweise übernimmt Manager Doug Mac Lean auch noch den Posten hinter der Bande. Das Team wirkt kurzzeitig wie befreit und gewinnt die nächsten drei Spiele in Folge. Die große Trendwende gelingt zwar auch Mac Lean nicht, seine Arbeit stellt die Verantwortlichen aber trotzdem zufrieden. Als Folge dessen wird sein Vertrag als Coach im Juni 2003 verlängert. Ebenfalls im Sommer 2003 wird mit Dan Fritsche der erste ‚heimische‘ Spieler unter Vertrag genommen. Fritsche wurde in Parma, Ohio geboren, und von den Jackets in der zweiten Runde des Drafts, an Nummer 46, ausgewählt.

Auch die nächste Saison lässt sich allerdings nicht wesentlich erfolgreicher an. Mit lediglich neun Saisonsiegen auf der Habenseite muss Mac Lean im Januar 2004 den Trainerposten auf Druck der Teameigner niederlegen und sich auf seine Aufgaben als General Manager konzentrieren. Zu seinem Nachfolger wird Assistenztrainer Gerard Gallant bestimmt, der der Franchise bereits seit Aufnahme des Spielbetriebs vier Jahre zuvor treu geblieben war und daher als Insider galt. Der damals 40-jährige Gallant war zuvor elf Spielzeiten in der NHL als Stürmer für Detroit und Tampa Bay tätig und konnte dabei in 615 Partien 480 Scorerpunkte sammeln. Auch wenn die Blue Jackets im Frühjahr 2004 die Playoffs einmal mehr deutlich verpassten, sieht der Coach aber positiv in die Zukunft: „Wenn wir den jungen Leuten bei uns im Club noch ein oder zwei Jahre Geduld entgegen bringen und die Veteranen im Team ein hohes Level halten können, dann sind wir auf einem sehr guten Wege ein solides und erfolgreiches Hockeyteam zu werden. Viel fehlt uns auf diesem Weg nicht mehr.“

Die Fans werden es gerne hören, denn schließlich halten sie dem bisher konstant erfolglosen Team weiterhin die Treue. Heimspiele der Blue Jackets sind häufig ausverkauft und die Hallenauslastung liegt konstant bei über 95 Prozent. Das Potenzial ist also da für eine erfolgreichere Hockey-Zukunft in Ohio. (rp)

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