Das amerikanische Team

Baby Dye

Die Geschichte der Chicago Blackhawks
von Robin Patzwaldt

Diesen Monat wollen wir Ihnen mal wieder eines der „Original Six“-Teams, also der Gründungsmitglieder der NHL von 1926, näherbringen. Aufgrund der langen Blackhawk-Geschichte in der besten Hockeyliga der Welt kann die folgende Zusammenfassung nur ausgewählte Highlights ihrer Historie beleuchten.

Es begann Mitte der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Major Frederic McLaughlin, ein Kaffee-Millionär und berühmter Polospieler, sprach mit den Gebrüdern Frank und Lester Patrick über die Möglichkeit einer profitablen Hockey-Franchise in Chicago.

Gesagt, getan! Für 200.000 Dollar erwarb ein kurzerhand gegründetes Konsortium von Geschäftsleuten die Rechte der ‚Portland Rosebuds‘, einem bereits bestehenden Hockeyteam, und siedelte das Team nach Illinois um.
Die Namensfindung war leicht, war der Major doch schließlich Mitglied der „85. Blackhawk Division“ im ersten Weltkrieg. Da der Name zusätzlich auch noch Bezug zu den in der Region beheimateten Indianern herstellte, fiel die Entscheidung um so leichter. Als Logo des Teams wählte man kurzerhand das Abbild eines Indianerhäuptling des heimischen Stammes.
Erste Heimspielstätte des neuen Hockeyteams wurde das 6.000 Zuschauer fassende Chicago Coliseum.

Der von den Toronto St. Pats verpflichtete Babe Dye entwickelte sich zum ersten Spitzenstürmer der jungen NHL-Franchise. Seine 25 Treffer verhalfen dem Team zu einem beachtlichen Start in der Saison 1926-27.

Der erste Coach der Blackhawks, Pete Muldoon, verließ das Team aber bereits kurz darauf wieder. Er hatte sich mit den Vereinsverantwortlichen überworfen und prophezeite dem Team eine düstere Zukunft: „Die Hawks werden niemals auf dem ersten Platz landen!“ lautete sein verbittertes Fazit einer an Intrigen reichen Spielzeit.

Charlie Gardiner

Und seine Prognose sollte lange Zeit bestand haben. Es dauerte schließlich bis zur Saison 1966-67, ehe das Team aus Chicago die Regular Season auf Platz Eins beenden konnte. Beim Gewinnen des Stanley Cups war man zwischenzeitlich erfolgreicher. 1934, 1938 und auch 1961 holte man die begehrteste Eishockeytrophäe der Welt in die ‚Windy City‘. In diesen Jahren startete man jeweils aus hinteren Playoff-Positionen und konnte zum großen Wurf ausholen.

Aus der Erfolgssaison 1934 bleibt besonders die hervorragende Leistung von Torwart Charlie Gardiner in Erinnerung. Gardiner ließ nur 83 Tore in 48 Spielen zu. Dabei gelangen ihm 10 Shutouts. In 14 weiteren Spielen konnten die gegnerischen Teams ihn gar nur ein einziges Mal überwinden.

Nur zwei Monate nach dem Titelgewinn verstarb Gardiner allerdings völlig unerwartet im Alter von nur 29 Jahren an einem Gehirntumor.

Die erneute Meisterschaft in 1938 sollte dann aber vorerst die Letzte bleiben. Auch dieser Titel kam recht kurios zustande. Die Franchiseführung verfolgte in der Zwischenzeit eine Politik der Amerikanisierung. Das Team sollte innerhalb weniger Jahre quasi nur noch aus US-Bürgern bestehen. In der Saison 1938 war dann schließlich sogar der Coach, Bill Stewart, der zuvor als Schiedsrichter aktiv war, ein Amerikaner.

Dies hatte zur Folge, dass die kanadischen Manager der Liga das Team schnitten. Auch die Regular Season verlief nur mittelmäßig. In den Playoffs allerdings steigerte sich das ‚ausgegrenzte‘ Team deutlich. Eine Mannschaft nach der anderen wurde ausgeschaltet und man erreichte schließlich sogar, als 1:100-Außenseiter, das Finale gegen die Toronto Maple Leafs.

Goalie Mike Karakas zog sich aber ausgerechnet vor der Serie eine schmerzhafte Fußverletzung (Zehenbruch) zu, die einen Einsatz nicht zuließ. Er sagte seine Teilnahme allerdings erst so kurzfristig ab, dass man Probleme hatte einen geeigneten Ersatzmann zu finden. So kam Minor-League-Torhüter Alfie Moore, der sich in einer Bar aufhielt, als ihn die Berufung erreichte, sehr überraschend zu NHL-Ehren.

Kurzerhand schnürte er seine Hockeystiefel am 5. April 1938. Die Sensation gelang. Er konnte beim 4-1-Auftaktsieg seiner Blackhawks im Maple Leaf Garden von Toronto überzeugen. Für Moore blieb es zwar bei der einen gespielten Finalpartie, aber sein gelungener Auftritt ist in der NHL-Geschichte bis heute unvergessen.

Auch der Cup kam anschließend für ein Jahr mit nach Chicago, nachdem die Serie am Ende völlig überraschend deutlich mit 3-1 Siegen für die Blackhawks endete.

Erstmals wurde von den Fans der Franchise in der Folgezeit sehr viel Geduld abverlangt. Fast ein Viertel Jahrhundert sollte es von nun an dauern, bevor der Cup abermals nach Chicago kommen sollte. Aber auch während dieser sehr langen Geduldsprobe, mit teilweise katastrophalen Leistungen in einigen Spielzeiten, sollten die Fans noch Spaß haben. Oftmals waren die Hawks nahe dran am ganz großen Triumph. Klappen wollte es aber einfach nicht mehr …

Stan Mikita

Aus den Jahren 1945-47 bleiben zum Beispiel die Gebrüder Max und Doug Bentley in Erinnerung. Max Bentley war in dieser Zeit der beste Scorer der Liga.

Im Jahre 1952 wechselten die Besitzverhältnisse der Franchise. Die Kontrolle ging an die Eigentümer der Detroit Red Wings, James Norris Senior und James Norris Junior über. So kam es, das beide Teams regelmäßige Tradepartner wurden.

Junge Talente wie Bobby Hull (Er wurde der erste NHL-Spieler dem mehr als 50 Saisontore gelangen.), Stan Mikita (Er sollte in den Folgejahren Geschichte schreiben, gewann er doch als bisher einziger Spieler die Art Ross-, Hart- und Lady Byng-Trophy in einem Jahr. Dieses Kunststück gelang ihm gleich zwei Mal, nämlich 1966-67 und 1967-68), oder Hank Ciesla verstärkten das Team in den 50er-Jahren.

Beim nächsten Cuperfolg wies erneut ein überragender Torhüter den Weg zum Erfolg: Glenn Hall, liebevoll auch ‚Mr. Goalie‘ genannt.

Seine überragenden Leistungen sicherten den 4-2 Finalerfolg in der Serie gegen Detroit. Es folgte allerdings eine noch weitaus längere Serie. Es gelang in den Folgejahren zwar 28(!!!) Mal in Folge in die Playoffs einzuziehen, zu einem weiteren Erfolg reichte es während der langen Zeit allerdings nicht mehr.

In der Saison 1969-70 stellte mit Tony Esposito, erneut ein Torhüter, den überragenden Aktiven dar. Seine 15 Shutouts bedeuteten NHL-Rekord!

Zwar hielten Stars wie Dennis Savard und Doug Wilson den Club auch in den 80er-Jahren erfolgreich, aber in der KO-Runde folgte immer das vorzeitige Aus.

Nach 65 Jahren im historischen Chicago Stadium bezog man das neu erbaute United Center in der Saison 1994-95.

Den Erfolg sollte die neue Halle allerdings auch nicht beflügeln können. Im Gegenteil: Ab 1997 riss sogar die Serie an Playoffteilnahmen. Vier Mal in Folge sollten die Playoffs von nun an ganz ohne die Chicago Blackhawks stattfinden. Seither ist man auf der Suche nach neuer Kraft. Probleme hat man aber auch zunehmend mit der Mobilisierung der eigenen Fans. Seit 1997 lässt das Interesse der Fans an den Heimspielen nach. Die Hallenauslastung ist inzwischen auf unter 75 Prozent abgesunken, nachdem es zunächst schwierig war überhaupt Karten für das riesige United Center zu bekommen.

Zahlreiche Trades bestimmten die Tagesordnung in den letzten Jahren. Man bastelt kontinuierlich am Kader der Zukunft. Positive Ansätze, die durch die Verpflichtung von Trainer Brian Sutter zunächst erwartet wurden, sind wieder zweifelhaft geworden. Topstars wie Chris Chelios oder Tony Amonte haben den Club inzwischen verlassen. Neuverpflichtungen haben noch nicht den erwarteten Leistungsstand erreicht. So kämpft zum Beispiel Theo Fleury weiterhin gegen seine Drogenprobleme an. Auf dem Eis konnte er für Chicago bisher nur selten überzeugen.

Es scheint, als wäre die Geduld der vielen Hawks-Fans weiterhin gefordert… (rp)

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