Das Tor zum Westen

logo2011_stlDie Entwicklung eines Teams, deren Auftritte man nicht verpassen sollte.

St. Louis, die am Mississippi liegende Großstadt, hat eine lange Geschichte vorzuweisen, eine in der ihr noch vor einem guten Jahrhundert eine glänzende Zukunft als das Tor zum Westen prophezeit wurde. Als eine neue NHL-Franchise 1967 im Rahmen der großen Ligaerweiterung von 1967 dort ansässig wurde, hatte die Großstadt noch weit über eine halbe Million Einwohner. Obwohl die Blues postwendend mit drei Stanley Cup Finaleinzüge von 1968 bis 1970 große Erfolge feiern konnten und in den darauffolgenden Jahrzehnten bis 2004 nur dreimal die Playoffs verpasst hatten, schafften sie es bis jetzt nicht, zumindest nicht in Europa, zu solch einer Popularität zu gelangen, wie z.B. die im gleichen Jahr gegründeten Franchises aus Pittsburgh, Philadelphia oder Los Angeles.

Den St. Louis Blues haftete hierzulande, über die ganze Zeit hinweg, das Image einer mehr oder weniger grauen Maus an. Dabei fehlte es den Blues keineswegs an Spielern mit ganz großen Namen. Man muss gar nicht so weit in die Vergangenheit blicken. NHL-Fans mittleren Alters werden sich noch an sie erinnern, an Spieler wie Brett Hull oder Al MacInnis, die in den 90er Jahren das Gesicht des Teams geprägt hatten. Selbst Wayne Gretzky zog zum Ende der Saison 1995/96, in jenem Jahr als ein Chris Pronger sein NHL-Debut bei den Blues gab, für 18 Partien plus Playoffs das damals blau-gelb-rot gestreifte Jersey der Blues über. Fast schon in Vergessenheit geraten ist, dass auch der deutsche Stürmer Jochen Hecht über die Jahrtausendwende seine ersten drei NHL-Jahre in St. Louis verbracht hatte.

Von 2005 bis 2011 erlebten die Blues eine sportliche Durststrecke mit nur einer Playoffteilnahme. Die Folge daraus war, dass auch das mediale Interesse an ihnen weiter zurückging. Dieses Schattendasein fristen sie bei vielen eishockeybegeisterten Mitteleuropäern bis heute, obwohl sich seit der Übernahme der sportlichen Geschicke durch Ken Hitchcock eine Mannschaft entwickelt hat, die sowohl spielerisch als auch taktisch zu den Besten der gesamten Liga zählt.

Einen Eindruck hiervon haben erst gestern die Chicago Blackhawks, das Vorzeigeteam der Western Conference, bekommen als sie im Scottrade Center gegen die Blues mit 2-3 Toren in einer hochspannenden, tollen Partie den Kürzeren gezogen haben. Sie mussten erfahren wer, so wie es momentan aussieht, ihr stärkster Konkurrent um den Divisionstitel in der Central Division sein wird.

Von dem Ausgang des Aufeinandertreffens war Gästecoach Joel Quenneville, der von 1996 an acht Jahre lang selbst die Blues trainiert hatte, schwer getroffen, wie man anschließend seinen Worten entnehmen konnte. Er sprach von einer brutalen, inakzeptablen Niederlage.

Auch wenn die Entscheidung zugunsten der Hausherren erst in der letzten Minute gefallen war, das Siegtor von Alex Steen war exemplarisch dafür, wie schnell die Blues von Verteidigung auf Angriff umschalten können. Die Hawks hatten in der Verteidigungszone den Puck verloren und postwendend sahen sie sich einem 3 gegen 1 Konter ausgesetzt. Eingeleitet wurde dieser vom momentan besten Verteidigerduo der NHL, von Jay Bouwmeester und Alex Pietrangelo. Nicht von ungefähr ist der erst 23-jährige kanadische Blueliner der Blues mit bereits fünf Assist unter allen NHL-Verteidigern der erfolgreichste Vorlagengeber.

Auch die jungen Stürmer der Blues, allen voran Vladimir Tarasenko und Jaden Schwartz, haben in ihrer Entwicklung gegenüber der vergangenen Saison einen Riesenschritt nach vorne gemacht und das Spielsystem ihres Trainers verinnerlicht. Beide weisen nicht nur einen positiven +/-Wert auf, sondern konnten schon jeweils dreimal punkten. Dies ist, zurückhaltend ausgedrückt, keine schlechte Ausbeute in erst drei Saisonspielen.

Hinzukommt, dass das Management der Blues mit der Verpflichtung von Derek Roy in der Sommerpause ein feines Näschen dafür hatte, wer die richtige Verstärkung an der richtigen Stelle ist. Roy ist ein Teamspieler, der die notwendige Erfahrung mitbringt und ohne Murren seine Leistung abruft, auch wenn er nicht mehr so viele Minuten Eiszeit bekommt wie noch in der Vergangenheit bei den Sabres. Roy war bisher schon an drei Saisontreffern seines neuen Arbeitgebers beteiligt gewesen.

Die Blues weisen mit 14 erzielten Treffern und nur vier Gegentoren ein beeindruckendes Torverhältnis auf und können sich bereits von Freitag auf Donnerstagnacht, wenn mit den New York Rangers das nächste ‚Original Six‘ Team zu Besuch nach Missouri, an das Tor des Westens kommt, weitere Lorbeeren verdienen und viele Fans, die diese, ihre Art Eishockey zu spielen, lieben, hinzugewinnen.

All jene, welche zeitlich die Chance haben, auch wenn für sie die Blues bisher in der NHL eher eine untergeordnete Rolle spielten, könnten sich diesen Termin vormerken, um sich live selbst davon überzeugen zu lassen, sei es online, im TV oder direkt vor Ort!

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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