NHL-Eishockeymagazin
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nr.63 / apr. 2003 

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TEAMREPORT
 
Das Team mit dem Katastrophenstart
Die Geschichte der Washington Capitals

von Robin Patzwaldt

Milt Schmidt - erster GM der Capitals

Als der Washingtoner Industrielle Abe Pollin 1972 bekanntgab, dass er eine NHL-Franchise in der Hauptstadt der USA gründen wolle, standen die Wetten der Buchmacher in Las Vegas 600 zu 1 gegen ihn. Zu unwahrscheinlich schien es, dass er einen der zwei zu vergebenen Plätze ergattern könne. Schließlich hatte er neun Mitbewerber.
Der Außenseiter gab seine Bewerbung persönlich in Montreal ab. Er wartete mit der Einreichung buchstäblich bis zur letzten Sekunde, verbrachte danach aber noch fünf Tage damit, den Offiziellen sein Konzept vorzustellen. Er sollte Erfolg mit seiner Taktik haben. Es gelang Pollin sich durchzusetzen.

Er erhielt die Lizenz unter der Auflage eine konkurrenzfähige Arena bis spätestens 1975 zu errichten. Pollin, dem bereits das NBA-Team der Baltimore Bullets gehörte, plante ein Stadion, das von beiden Teams genutzt werden könnte. Diese sollte zentral in Washington gelegen sein. Diese Vorhaben ließen sich aber aufgrund bürokratischer Hindernisse nicht schnell genug umsetzen. Frustriert änderte er seine Pläne. Pollin erwarb ehemaliges Farmland in Landover, Maryland und errichtete seine US$ 18 Mio. Arena quasi auf dem 'platten Land'. Die Halle wurde 'Capital Centre' genannt und anstatt der veranschlagten zweijährigen Bauzeit gelang es sogar den Neubau in 15 Monaten zu errichten.
Die Arena bot Platz für 17.962 Zuschauer und dabei sogar bereits Luxussuiten an, was zu dieser Zeit noch nicht üblich war. Kein Besucher befand sich weiter als 60 Meter vom Spielfeldrand entfernt.

Für die erste Saison verpflichtete man den früheren Star der American Hockey League Jimmy Anderson als Trainer. Den Posten des General Manager sollte das Mitglied der Hall of Fame Milt Schmidt übernehmen.
Größte Hoffnung des neuen Teams war ein Afrokanadier namens Mike Marson, welcher erst der zweite farbige Spieler der NHL (der Erste war Willie O`Ree, welcher 1957 für die Boston Bruins aktiv war) werden sollte.
Zum Eröffnungsspiel am 9. Oktober 1974 kamen 17.500 Zuschauer. Sie sahen eine 3-6 Niederlage gegen die New York Rangers.

Obwohl die Halle nur selten ausverkauft war, pilgerten dennoch genügend Fans hinaus zu den Spielen, auch um Pollin zu überzeugen, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Sportlich gesehen war die erste NHL-Saison allerdings ein Fiasko. Es gelangen nur acht(!) Siege, was ebenso einen NHL-Negativrekord darstellte, wie die 446 Gegentore in dieser Saison. In der gesamten Spielzeit gelang den Capitals nur ein einziger Auswärtssieg. Der Negativrekord von 17 Niederlagen in Folge hat noch heute Bestand. Drei Trainer wurden verschlissen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass auch die nächsten Jahre kaum sichtbare Erfolge brachten. Das Team war erfolglos, Aufbauarbeit mit Konzept war zunächst wenig zu erkennen. Ein wahrer Katastrophenstart der neuen Franchise in die Liga.

In der Saison 1978-79, dem fünften Jahr ihrer Existenz, gelang es dem neuen Trainer Danny Belisle zumindest eine neue Bestmarke der Franchise zu erzielen. Die erkämpften 63 Punkte reichten aber nach wie vor nicht für die Playoffteilnahme des Teams. Auch die Tätigkeit von Belisle sollte letztendlich nicht von Erfolg gekrönt werden. Nach einem schwachen Start in der Folgesaison musste auch er seinen Hut nehmen.

Sein Nachfolger sollte der damals erst 26-jährige Gary Green werden. Es war der jüngste Coach in der NHL-Geschichte. Als es aber auch 1981 nicht gelang in die Entscheidungsspiele zu kommen, waren auch seine Tage als Headcoach der Capitals bereits wieder gezählt.

Rod Langway

Größere Veränderungen wurden nun vorgenommen. Zu lang war bereits die Serie der Misserfolge der Franchise aus der US-amerikanischen Hauptstadt.
Am 30. August 1982 wurde der erst 33-jährige David Poile zum neuen GM der Caps ernannt, womit er gleichzeitig der jüngste General Manager der NHL-Geschichte wurde. Am 10. September trat er zum ersten Mal in Erscheinung. Poile schickte Verteidiger Rick Green und Stürmer Ryan Walter nach Montreal. Im Gegenzug verstärkte man das eigene Team mit Rod Langway, Brian Engblom (heute als TV-Kommentator bekannt), Doug Jarvis und Graig Laughlin. Selten machte sich ein solcher Trade für ein Team so bezahlt wie dieser für die Capitals. Die ehemaligen Canadiens brachten die Siegermentalität in das Team aus der Hauptstadt.

Die erste Saison mit einem positiven Punkteschnitt war die Folge. Man beendete die Spielzeit als Dritter der Patrick Division. 39 Siegen standen nur 25 Niederlagen gegenüber. In der ersten Playoffrunde scheiterte man allerdings am späteren Champion, den New York Islanders. Dieses Jahr war auch gleichzeitig die gelungene Rookiesaison des jungen Scott Stevens in den Reihen der Hauptstädter.
Mit Langway als Galionsfigur auf dem Eis verbesserte man sich in der Folgesaison auf 48 Saisonsiege. Erneut sollte man aber an den Islanders scheitern. Coach Murray errang den Titel als Trainer des Jahres und wurde mit dem Jack Adams Award ausgezeichnet.

In der Saison 1984-85 durchbrach das Team dann auch die 100-Punktemauer. Mit 101 Saisonpunkten und zwei Spielern mit mindestens 50 Toren (Bobby Carpenter (53) und Mike Gartner (50)) konnte man die positive Entwicklung weiter fortsetzen. Allerdings war man andererseits mit lediglich zwei Topscorern relativ leicht ausrechenbar.

Nachdem es im Frühjahr 1986 sogar gelang 50 Spiele der Saison siegreich zu beenden, schien es, als sei das Team endlich reif für den Titel. Abermals enttäuschte man aber in den Playoffs. Eine 4-2 Niederlage gegen die Rangers festigte das Image der 'Verlierertruppe'.

Auch in den Folgejahren sollte sich dieser Trend nicht ändern.
Erst 1989-90 waren diesbezüglich Fortschritte erkennbar. Terry Murray, der seinen Bruder Bryan als Headcoach abgelöst hatte, schaffte es zumindest das Team in die dritte Runde der Ausscheidungsspiele um den Cup zu führen. Dort war man dann gegen Boston chancenlos. Man unterlag glatt mit 0-4 Spielen.

Das Gesicht der Mannschaft veränderte sich. Rookie Peter Bondra etablierte sich im Team. Kevin Hatcher verstärkte die Defensive. Al Iafrate wurde nach Boston geschickt. Im Gegenzug erhielt man Spielmacher Joe Juneau. Abgerundet wurde das neue Gesicht des Teams durch den jungen Goalie Jim Carey, der einen beindruckenden Einstand feiern konnte. Carey sicherte sich schließlich auch die Vezina Trophy für den besten Torhüter in 1996.

Trotz der großen Umwälzungen im Kader sollte das Playoffpech den Capitals treu bleiben. Mit jedem weiteren Jahr des Misserfolgs stieg der Druck der lokalen Medien auf Poile. Dieser gipfelte, als im Jahre 1997 die Playoffs erstmalig seit 15 Jahren wieder ohne die Hauptstädter ausgetragen wurden. Am 9. Juni wurde der Manager durch George McPhee ersetzt. Poile sollte allerdings nicht lange ohne Beschäftigung bleiben. Überraschend engagierten ihn die Nashville Predators. Dort sollte er helfen die neue Franchise mit aufzubauen.

Olaf Kölzig

Die Capitals beließen es allerdings nicht bei einem neuen GM, auch Headcoach Jim Schoenfeld, der Terry Murray 1994 in dieser Position beerbt hatte, musste seinen Platz hinter der Bande räumen. Sein Nachfolger wurde zunächst Ron Wilson, der u.a. die Mighty Ducks of Anaheim zuvor erstmalig in die Playoffs geführt hatte.

Nach 24 Jahren in Landover ging auch die Zeit der Franchise in der abgelegenen Halle zuende. Das neue MCI-Center, direkt in der City in Washington gelegen, sollte das neue Domizil des Teams werden.
Zunächst waren dort die Zuschauerzahlen der Franchise sehr enttäuschend. Erst 1998, nachdem die Mannschaft erneut die Endrunde erreichen konnte, sollte sich dies ändern.

Torhüter Olaf Kölzig, der mittlerweile zwischen den Pfosten stand, konnte in diesem Jahr seine Klasse beweisen. Mit 33 Siegen und 5 Shutouts, stieg er zu einem der besten Keepern der Liga auf.
In den Playoffs stellte er im direkten Duell Dominik Hasek in den Schatten. Man sicherte sich den Titel der Eastern Conference und zog erstmalig in das Finale um den Stanley Cup ein.
Die Mission war allerdings nicht von Erfolg gekrönt. Klar unterlag man gegen die Detroit Red Wings. Im Jahr darauf gelang es den Capitals nicht sich von dieser Enttäuschung zu erholen. Mit lediglich 68 Punkten beendete man die Spielzeit. In der neu gegründeten Southeast Division gelang es ihnen lediglich die Tampa Bay Lightning hinter sich zu lassen.

Weitere Infos zum Team

Im Mai 1999 verkaufte Pollin die Franchise schließlich an eine Investorengruppe unter Führung des AOL-Präsidenten Ted Leonsis.
Das insgesamt noch immer enttäuschende Team zog zwar wieder in die Playoffs ein, dies hatte man jedoch überwiegend Torhüter Olaf Kölzig zu verdanken, der abermals eine tolle Saison absolvierte. Zur Belohnung erhielt er am Ende der Spielzeit die Vezina Trophy. Die Mannschaft scheiterte allerdings bereits in der ersten Runde an den glänzenden Pittsburgh Penguins mit einem bärenstarken Jaromir Jagr. Von der 0-7 Niederlage im ersten Playoffspiel konnten sich die Hauptstädter nicht mehr erholen. Die Penguins siegten nach nur fünf Spielen und zogen in die nächste Runde ein.

Auch im Jahre 2001 zog man den Kürzeren bereits zum Playoff-Auftakt gegen die Mannen aus Pittsburgh. Diesmal verlor man die Serie mit 2-4.

In der Sommerpause gelang dann ein spektakulärer Wechsel. Washington konnte sich die Dienste von Jaromir Jagr sichern, der von den Penguins nicht mehr zu bezahlen war. Die Saison verlief anschließend mehr als enttäuschend. Jagr wurde von vielen Verletzungen zurückgeworfen und auch die Unruhe in seinem privaten Umfeld sorgte für einen ganz bitteren Saisonverlauf. Als Neunter im Osten verpasste man die Playoffs. Coach Wilson musste gehen. Der erst 37-jährige Bruce Cassidy wurde zu seinem Nachfolger bestimmt.

Auch in dieser Spielzeit soll ein neuer Anlauf auf den Cup gestartet werden. Das Potenzial müsste das Team haben, wenn man von größeren Verletzungsproblemen verschon bleibt.
Vielleicht gelingt es ja diesmal das Verliererimage endgültig zu überwinden und den großen Traum wahr zu machen... (rp)

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