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februar 1998 

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KOMMENTAR - NAGANO 1998
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Sportlicher Höhepunkt oder wirtschaftliches Kalkül?
von Stefan Herget
Lesen Sie dazu auch unseren Vorbericht

Zunächst bleibt einmal festzuhalten, daß die Eishockey-Fans der ganzen Welt ein spannendes und hochklassiges Turnier erwarten können. Das Olympische Turnier gewinnt so einen ganz anderen Stellenwert als früher.
Ohne die Spieler der NHL wäre das Team USA heute wohl kaum fähig, erstmalig nach 1980 Gold zu holen, als sie, ohne die NHL-Stars, mit dem fast schon legendären Sieg im Finale über die UdSSR, die die olympischen Turniere zuvor dominierten wie kein zweites Team, Olympiasieger wurden.

Aber was war das bisher für ein Turnier? In Nordamerika spielen die Stars parallel in der NHL und nur wenige Fans würden von dort nach Nagano blicken. Und außerdem bleibt immer ein fader Beigeschmack bei der Krönung des Olympiasiegers, wenn die zweifelsohne besten Spieler der Welt nicht teilgenommen haben.
Ähnliche Probleme bereitet auch die sogenannte Weltmeisterschaft, die diesen Namen nicht verdient hat und außerdem im jährlichen Rythmus zu häufig ausgetragen wird. Eine seltenere Austragung würde das Interesse an dieser Veranstaltung steigen lassen, noch dazu dann auch hier eine Mitwirkung der NHL vielleicht möglich wäre. So findet sie aber immer genau zum Zeitpunkt der Play-Offs zum Stanley Cup statt und wird von Nordamerika deswegen nur am Rande wahrgenommen. Ein trauriges Bild für eine Weltmeisterschaft, die bis jetzt immer in Europa ausgetragen wurde.

Die aufgeführten Vorteile für die Fans werden aber auch allzu gerne nach vorne geschoben, um die wahren Gründe der Macher zu verdecken.

Die NHL ist brennend daran interessiert ihren Marktanteil in der Welt entsprechend der NBA auszubauen. Es ist schwer mit dem Produkt NHL Fuß zu fassen, wenn das Geschehen weit abseits vonstatten geht.
Da ist Olympia die ideale Plattform. Schließlich werden nicht nur Eishockey-Fans an den Bildschirmen sitzen, sondern auch Fans anderer Wintersportarten, die sich zufällig in ein Spiel hineinzappen oder nur bei den Tageszusammenfassungen mit dem Turnier konfrontiert werden. Nicht von ungefähr kommen die Pläne, die schon lange in der Schublade der NHL liegen, einmal Ligaspiele auch in Europa auszutragen oder eine Weltliga einzuführen. Zu Beginn der Saison 97/98 wurden als Werbung für Olympia zwei Spiele zwischen Vancouver und Anaheim in Tokyo ausgetragen. Ein erster Schritt in diese Richtung?

Der Weltverband IIHF kann sich endlich einmal glücklich schätzen ein Turnier mit den Stars zu veranstalten. Die NHL ist dem Weltverband mit Sicherheit ein Dorn im Auge, kann diese doch über Sein oder Nichtsein entscheiden, denn die Fans wollen nun einmal die Besten sehen und wann und ob überhaupt entscheidet die NHL und hat damit weit mehr Macht als der IIHF.

Der lachende Sieger ohne weinendes Auge ist wieder einmal das IOC, schließlich mußte es keinerlei Kompromisse eingehen und profitiert voll von der Teilnahme.
Die Organisation gehört mittlerweilen zu den mächtigsten der Welt und es ist ein großes Privileg ihm als Funktionär anzugehören. Wer sonst muß in den "billigsten" Hotels absteigen, wer sonst reist um die halbe Welt und wird verwöhnt mit vielen Geschenken, weil er die Bewerber für die begehrte Olympiade begutachtet.

Fakt ist, daß das Interesse am olympischen Eishockeyturnier durch die Einigung zwischen IIHF und NHL steigen wird, vor allem unter den Fans in Nordamerika, die ansonsten wohl den Spielen in der NHL Vorrang gegeben hätten.
Dieser Markt hat ein großes wirtschaftliches Potential und darauf wollen die Mitglieder des IOC scheinbar nicht verzichten. Wie sonst war auch die Entscheidung nach 1984 (Los Angeles) bereits 1996 (Atlanta; Hauptsitz von Coca Cola) wieder Sommerspiele in die Staaten zu vergeben, anstatt Athen zum 100-jährigen Jubiläum zu berücksichtigen, zu verstehen? Vielleicht haben sich alle IOC-Mitglieder damals das vererbare Privileg erworben, auf alle Zeiten kostenlos mit der koffeinhaltigen Brause beliefert zu werden?

Die zunehmende Auflösung des Grundsatzes, daß nur Amateure an den Olympischen Spielen teilnehmen dürfen, haben den Gedanken der Spiele "Dabei sein ist alles" komplett gekippt. War es nicht schön, wenn ein Eddie the Eagle 1988 in Calgary 60m von der Skisprungschanze sprang und das Publikum ihn frenetisch feierte? Oder der Ski-Exote aus Nigeria mit Startnummer 86 im Abfahrtslauf mit über 1 Minute Rückstand das Ziel erreichte?
Durch die zunehmende Vergrößerung der Teilnehmerfelder aus den Spitzennationen werden diese Athleten in Vorqualifikationen 'gesiebt'. Schließlich bringen die Topleute die Sponsorengelder und darauf legt das IOC Wert.

Da paßt es auch ins Bild, daß immer mehr Stars sich weigern im Olympischen Dorf untergebracht zu werden und lieber eine Suite in einem Hotel mieten. Dieses Recht forderte u.a. auch die NHLPA für die NHL-Stars.
Gerade durch die gemeinsame Unterbringung im Dorf sollte aber die Zusammengehörigkeit aller Athleten, egal welcher Nationen oder Hautfarbe demonstriert werden.
Auch hier werden Prinzipien dem Commerz zuliebe verworfen.

So konservativ sind die alten Herrschaften des IOC anscheinend nicht, um diesen Neuerungen skeptisch gegenüber zu stehen.
Wo Geld fließt, werden Werte revidiert! Es ist halt nichts mehr so, wie es früher war! (sth)

 

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