NHL-Eishockeymagazin
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nr.75 / mai 2004 

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TEAMREPORT
 
Der beschwerliche Steigflug des Thrashers
Atlanta Thrashers

von Robin Patzwaldt

Bob Hartley sieht seine Aufgabe als Herausforderung.

Die Franchisegeschichte der Atlanta Thrashers begann am 25. Juni 1997, als die NHL die Expansionteams aus Nashville, Columbus, Minnesota und eben Atlanta in ihren elitären Kreis aufnahm. Damit wurde die Rückkehr des NHL-Hockeys nach Georgia offiziell.

Von 1972-1980 war Atlanta bereits die Heimat der Atlanta Flames gewesen, bevor diese u.a. mangels eines gültigen TV-Vertrages nach Calgary verkauft wurden und seither als Calgary Flames an den Start um die begehrteste Eishockeytrophäe gehen.

Diesmal sollte das Vorhaben Spitzeneishockey in Georgia zu etablieren bessere Chancen haben, denn an der Fanunterstützung gab es nie einen Zweifel und auch der damals fehlende TV-Vertrag sollte kein Thema sein, denn schließlich befindet sich die Franchise in Besitz von Medienmogul Ted Turner und seiner Turner Broadcasting System, Inc., die unter anderem auch den in Atlanta beheimateten Nachrichtensender CNN betreibt.
Der Präsident der Sportabteilung des Medienkonzerns, Dr. Harvey Schiller, der auch schon die Olympischen Spiele 1996 in Atlanta entscheidend mit organisiert hatte, wurde zum Clubpräsidenten bestimmt.
Namensgebend für die neue NHL-Franchise wurde der Wappenvogel des Staates Georgia, der heimische Brown Thrasher. Dieser findet sich auch im Logo der Franchise wieder.

Ziemlich genau ein Jahr nach der offiziellen Bekanntgabe der NHL gab auch die Franchise erste Personalentscheidungen bekannt. Don Waddell sollte der erste General Manager des jungen Teams werden. Waddell hatte zuvor u.a. Erfahrungen als stellvertretender GM in Detroit gesammelt.
Erster Headcoach der Thrashers wurde Curt Fraser, der mit Waddell bereits gut bekannt war. Beide hatten zusammen bei den Orlando Solar Bears gearbeitet und verstanden sich dort blendend.
Das Gerüst der ersten Thrashers-Mannschaft stellten erfahrene NHL-Spieler wie Damian Rhodes, Andrew Brunette oder Ray Ferraro.

Weitere Infos zum Team

Zu Beginn der ersten Spielzeit mit den Thrashers im Jahre 1999 stellte die NHL eine Liga mit 28 Mannschaften. Die Thrashers wurden in die Southeast Division platziert, wo sie zukünftig mit den Teams aus Carolina, Florida, Tampa und Washington um die Playoffteilnahme streiten sollten.
Das erste Ligaspiel des Expansionteams fand am 2. Oktober 1999 gegen die New Jersey Devils statt. 18.545 Zuschauer in der nagelneuen Philips Arena, welche die Thrashers mit dem NBA Team der Atlanta Hawks teilen, sahen eine deutliche 1-4 Niederlage gegen die Gäste aus New Jersey. Kelly Buchberger erzielte dabei das erste, und in diesem Spiel einzige Tor für die Gastgeber.
Überhaupt war die erste Saison eine Geduldsprobe für Fans und Offizielle der Thrashers. Es gelangen bis zum April 2000 lediglich 14 Saisonsiege. Sechs davon resultierten auch noch aus den Spielen gegen die damaligen Kellerkinder der Liga aus New York und Tampa Bay. Überhaupt bildete man in vielen Kategorien das Ligaschlusslicht: Man sammelte die wenigsten Punkte (39), erzielte die wenigsten Tore (170), kassierte dafür aber die meisten Gegentreffer (313) und hatte mit -143 folglich auch die schlechteste Tordifferenz der gesamten NHL. Wahrlich kein guter Start also für das ambitionierte Team aus dem Süden.

Trotzdem hielten die Fans ihrem Team die Treue. Über 17.200 Zuschauer im Schnitt pilgerten hinaus in die Arena, was einen neuen Rekord für ein Expansionteam darstellte. Die alte Bestmarke der Mighty Ducks aus Anaheim, die bei 16.989 Zuschauern lag und aus dem Jahre 1994 stammte, konnte damit knapp verbessert werden. Und auch Curt Fraser sah nach der Saison längst nicht alles so schlecht: "Man kann nicht alles in Punkten ausdrücken. Am Ende der Saison waren wir schon viel stärker als noch zu Saisonbeginn. Ich sehe da durchaus positive Veränderungen in unserem Team."

Und er sollte Recht behalten. Die Arbeit begann so langsam ein paar Früchte zu tragen. Die in der Saison 2001 erreichten Resultate führten zu immerhin 60 Punkten, was eine Verbesserung von 21 Zählern bedeutete. Patrik Stefan, der Nummer 1 Pick von 1999, erfüllte die zuvor in ihn gesetzten hohen Erwartungen zusehends besser und man gewann im Frühjahr die Draft Lottery und damit das Recht auf den ersten Pick im Sommer. Dieses Recht brachte den Russen Ilja Kovalchuk, der von den Scouts auf die Spitzenposition gesetzt wurde, nach Georgia. Keine schlechte Wahl wie sich bald zeigen sollte.

Ilya Kovalchuk

Stammtorwart Damian Rhodes wurde allerdings von Verletzungen geplagt und musste über weite Phasen der Saison durch Backup Milan Hnilicka ersetzt werden. Dieser zeigte ebenfalls einige vielversprechende Ansätze.
Allerdings blieb der große Aufschwung auch in der dritten Spielzeit der Franchise aus. Die Playoffs erschienen nach wie vor völlig außer Reichweite.

Als es auch zu Beginn der vierten Spielzeit nicht so recht laufen wollte, verloren die Verantwortlichen die Geduld mit Trainer Curt Fraser. Im Dezember 2002 musste er seinen Posten räumen und wurde durch Erfolgstrainer Bob Hartley, der kurz zuvor in Denver beurlaubt wurde, ersetzt.
Hartley schien die Mannschaft auch sofort wieder besser zu erreichen als sein Vorgänger. Der Schlussspurt des Teams langte zwar erneut nicht zum Erreichen der KO-Runde, doch die positive Entwicklung des jungen Teams unter Hartley verlieh den Fans und Verantwortlichen in Atlanta neuen Optimismus.

Danny Heatley, eines der herausragenden jungen Talente im Team, erlebte in dieser Saison seinen großen Durchbruch. Beim All Star Game in Sunrise, Florida war er der beste Spieler auf dem Eis und erzielte vier Treffer bei seinem Galaauftritt. Die Zukunft der Thrashers schien zu diesem Zeitpunkt vielen rosarot zu sein.

Ein dunkler Schatten warf sich dann kurz vor Saisonstart 2003/2004 über die aufstrebende Franchise. Heatley raste mit seinem Ferrari gegen eine Mauer und verletzte sich am Knie. Schlimmer erging es jedoch seinem Beifahrer, dem Teamkollegen Dan Snyder, der schwere Gehirnverletzungen erlitt und einige Tage später daran verstarb. Ein traumatisches Erlebnis für den jungen Kader, von dem man sich die ganze Saison nicht mehr so recht erholen sollte.
Zwar legte Ilja Kovalchuk eine tolle Saison hin, und repräsentierte sein Team auch beim diesjährigen All Star Game in St. Paul, doch der Schatten über der Franchise mochte bis zum Ende der Saison nicht so recht weichen. Heatley, dem zwischendurch sogar eine Haftstrafe drohte, nahm den Spielbetrieb zwar Anfang des Jahres 2004 auch wieder auf, nachdem er zuvor monatelang nur mit trainiert hatte, doch so leicht und unbeschwert wie in der Saison zuvor präsentierte er sich, verständlicher Weise, nicht mehr.

Das Potenzial für eine Playoffteilnahme müsste der Kader der Thrashers inzwischen eigentlich besitzen. Und auch Trainer Bob Hartley traut seinen Jungs für die Zukunft einiges zu: "Ich habe hier die Möglichkeit mit den zwei talentiertesten Nachwuchsspielern zu arbeiten und auch der Rest der Truppe hat unheimlich viel Substanz. Die Aufgabe mit diesem Team in absehbarer Zeit in die Playoffs zu kommen, finde ich unheimlich reizvoll!"

Die Tatsache, dass das All Star Game in 2005 in Atlanta stattfinden soll, dürfte dabei eine weitere Motivation bedeuten. Gut möglich, dass die Playoffs im Frühjahr 2005 dann nicht mehr ohne die Mannen aus Georgia stattfinden werden. Zu gönnen wäre es dem Team nach diesen dunklen Tagen allemal... (rp)

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