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KOMMENTAR

Die Trainerentlassungen / -wechsel nach der Saison 1996/97
von Markus Schäffler

Die heutige Sportwelt entwickelt sich immer mehr zu einem Geschäftszweig mit Umsätzen in Milliardenhöhe. Topmanager und Marketing-Direktoren entscheiden über die Höhen und Tiefen eines Vereins, indem sie im Hintergrund Entscheidungen fällen, die oft nur dem Wohle der finanziellen Zukunft dienen.
Meistens bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke und die sportliche Kompetenz läßt zu Wünschen übrig. Die Industrie dient hier wohl als Vorbild, wo konzerninterne Produktionsverlagerungen und Rationalisierungsmaßnahmen an der Tagesordnung sind.
Der Trend zur totalen Vermarktung der Topsportarten ist in Nordamerika längst abgeschlossen und findet zur Zeit in Europa einen neuen Höchststand.
Da werden Trainer und Spieler beliebig ausgetauscht, unabhängig ob sie zum Verein passen oder die Mannschaft nach vorne bringen. Wichtig scheint nur das ständige Erscheinen in den Medien, um den Bekanntheitsgrad zu steigern und in aller Munde zu sein.
Solche Machenschaften geniessen hier zu Lande noch ein eher schlechtes Ansehen, die Zuschauer sind, mehr oder weniger, Fans der agierenden Mannschaften und identifizieren sich mit 'ihrem' Club.
In Nordamerika, speziell USA, sind die Besucher der Sportveranstaltungen lediglich das 'Publikum'. Die Familie verbringt einen gemütlichen Nachmittag im Eishockeystadion, bei einer Pizza und zwei Colas. Es genügt die Tatsache, daß sich unten am Eis die besten Eishockey-Spieler der Welt befinden.
Deshalb ist vielleicht nur für Außenstehende, wie wir es sind, sehr verwunderlich, daß ein Erfolgstrainer wie Terry Murray gefeuert wurde.
In seinen drei Saisons mit den Philadelphia Flyers erkämpfte sich die Mannschaft 1995+96 den ersten Platz in der Atlantic-Division. 1997 reichte es 'nur' für Platz zwei, jedoch erreichten die Flyers zum ersten Mal, seit zehn Jahren, das Stanley-Cup-Finale. Mit 118 Siegen, 64 Niederlagen und 30 Unentschieden hatte Murray eine sehr erfolgreiche Zeit in Philadelphia. Seine Gesamtbilanz von 281 Siegen, 198 Niederlagen und 58 Unentschieden, unter anderen mit den Washington Capitals, spricht für sich. Außerdem harmonisierten Spieler und Trainer nicht nur auf dem Eis, sondern verbrachten auch privat sehr viel Zeit zusammen, um die Kameradschaft zu fördern. In den Playoffs 96/97, als man dreimal hintereinander 4:1 gewinnen konnte, war der beispiellose Teamgeist unschwer zu erkennen. Die Mannschaft wurde nicht nur von Funk und Fernsehen in höchsten Tönen gelobt, sondern auch vom Management kamen viele Vorschußlorbeeren. Gerade deshalb ist es für mich unverständlich einen Coach wie Terry Murray zu entlassen, um ihn kurze Zeit später als Pro-Scout wieder einzustellen!
Ein weiterer 'Fall' hat mich in der letzten Zeit sehr beschäftigt. Ein General-Manager wurde vom Präsidenten entlassen, um die ständigen Nicklichkeiten zwischen ihm und dem Trainer zu unterbinden. Eine vollkommen vernünftige Entscheidung, da Intrigen schmieden und Verleumdung wohl nicht zum Handwerk eines Managers gehören sollten, wobei der Coach meistens den Kürzeren zieht.
Die Rede ist von dem geschaßten John Muckler und Ted Nolan, dem Erfolgstrainer der letzten zwei Jahre bei den Buffalo Sabres. Er baute innerhalb kürzester Zeit eine Mannschaft auf, die ohne herausragende Spielerpersönlichkeiten auskommt und trotzdem ansehnliche Erfolge feiern konnte. So wurden die Sabres Erster in der Northeast-Divsion und erreichten das Halbfinale in den Playoffs der Eastern-Conference. Außerdem befinden sich mit Mike Peca (Frank J. Selke Trophy) und Dominik Hasek (Hart Memorial+Vezina Trophy) zwei Überraschungsgewinner ihrer Auszeichnungen im Team, welches maßgeblich an diesen Ehrungen beteiligt war.
Nolan selber wurde der Jack-Adams-Award (bester Trainer) verliehen. Leider versuchte der neue General-Manager Darcy Regier vergeblich Ted Nolan mit einen 1-Jahres-Vertrag für die kommende Saison zu binden, da der Ex-Coach gerne noch zwei Jahre in Buffalo verbringen wollte.
Man kann es Arroganz oder fehlendes Fingerspitzengefühl des Managers nennen, leidtragende werden wohl die Mannschaft und die Zuschauer sein. (ms)

 

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