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KOMMENTAR

Wo soll das enden?
Ausufernde Spielergehälter im Profisport

von Markus Schäffler

'Geld macht glücklich, mehr Geld macht glücklicher, noch mehr Geld am glücklichsten.'
D ies scheint das Credo der Topspieler im heutigen Profisport zu sein. Ohne einen Gedanken an die in unserer Welt teilweise herrschenden Armut zu verlieren, werden ständig neue Rekorde in Gehaltsforderungen aufgestellt. Gigantische Saläre müssen die Vereine aufbringen, um ihre Stars zufrieden zu stellen. Oft passiert dies auch auf Kosten, der Mitspieler, die sich zwar für die Stars in ihrer Mannschaft einsetzen müssen, aber nur einen Bruchteil der Spitzenlöhne erhalten.

In Europa macht sich diese Kluft vor allem im fehlenden Mannschaftsgeist bemerkbar. Neid und Mißgunst kursieren. 'Der verdient das Doppelte, also soll er auch doppelt soviel laufen wie ich!' denkt sich da manch einer. Öffentliche Kompromitierungen sind an der Tagesordnung. Aber nicht nur die Mitspieler, sondern auch die Fans werden schnell unzufrieden, falls der hochbezahlte Spitzenstürmer in zwei Spielen hintereinander kein Tor erzielt hat, oder dem millionenschweren Spielmacher weder tödliche Pässe noch anständige Torvorlagen gelingen. Das Team wird auf eine schwere Zerreißprobe gestellt, der von Präsidium und Presse ausgeübte Druck nimmt ständig zu.

In der nordamerikanischen Eishockey-Eliteliga hat jeder Spieler in der Mannschaft eine feste Aufgabe und ein dementsprechendes Gehalt. Der Eine ist engagiert worden, um den gegnerischen Topscorer in Schlägereien zu verwickeln oder ihn durch gezielte Checks außer Gefecht zu setzen (z.B.Tony Twist). Diese sogenannten 'tough guys' sind mit ihrem Verdienst in der Regel im unteren Drittel der Spielergehälter angesiedelt, was allzu verständlich ist, da man zum Schlägern weder besonderes technisches Geschick in der Puckführung besitzen, noch besonders schnell sein muß. Solch ein Spieler kann sich kaum erlauben $6 Millioen für eine Saison zu verlangen.

Andere Spieler nennt man 'grinder'. Sie werden besser bezahlt. Ihre Aufgabe ist es, durch starke Defensivleistung in allen Dritteln zu glänzen und möglichst die Vorarbeit für einen Torerfolg zu leisten. Fast in jeder Reihe findet man einen dieser Akteure wie z.B. Steve Rucchin, der dafür sorgte, daß bei Anaheim Paul Kariya im Rampenlicht stand.

Diese sogenannten Topstars scheinen nicht zu realisieren, daß nur eine geschlossene Mannschaftsleistung, siehe New Jersey 94/95 oder Detroit 96/97, der Garant für den Erfolg sein kann, denn Einzelakteure wie Jaromir Jagr oder Jeremy Roenick entscheiden nur einzelne Spiele, die Meisterschaft wird von dem Team gewonnen.
Die Frage, ob ein Verein Gehaltsforderungen von $60 Mio. für fünf Jahre, auf Kosten von Nullrunden für die 'Teamkameraden', annehmen sollte, sei hiermit wohl beantwortet.

Jedoch wirft die Tatsache, daß solch gigantische, finanzielle Verlangen überhaupt im Raum stehen, neue Fragen auf. Leiden diese Spieler vielleicht unter massiven Geltungsdrang, ausgelöst durch eine Kindheit ohne Zuwendung? Oder fehlt es diesen Spielern vielleicht an Anerkennung im Privatleben, da man sich schon zu weit von seinen Mitmenschen entfernt hat? Am Ende sind noch die Nachbarn schuld, weil sie ein größeres Haus, einen größeren Pool und ein schnelleres Auto ihr Eigen nennen dürfen.

Jedenfalls sollten sich sämtliche Sportler im 'Profizirkus', sei es in Amerika oder Europa, daran erinnern, daß sie ihr Hobby zum Beruf gemacht haben und dafür auch noch fürstlich belohnt werden. Wer kann das schon von sich behaupten?

Für geldgierige Topspieler wäre es von Vorteil sich die reale Welt, mit ihren Nöten und Problemen, nicht zuletzt auch vor ihren Türen, in den Slums ihrer Städte, vor Augen führen zu lassen. (ms)

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