NHL-Eishockeymagazin Archiv
(jan98kom)

zurück zur Titelseite des Magazins
zurück zur Archivübersicht

KOMMENTAR

Der Ausverkauf der kanadischen NHL-Teams
von Markus Schäffler

K önnen Sie sich vorstellen, in Deutschlands höchster Spielklasse befände sich keine Fußballmannschaft, die international wettbewerbsfähig ist?

Können Sie sich vorstellen, die 200 besten deutschen Fußballspieler würden bei ausländischen Vereinen spielen, weil kein einheimischer Club deren Gehalt zahlen kann?

Können Sie sich vorstellen, Vereine wie Borussia Dortmund oder der FC Schalke 04 verschwinden einfach von der Bildfläche, um z.B. in Frankreich oder England unter anderen Namen den Spielbetrieb wieder aufzunehmen?

Obwohl Sie sich sicherlich, so wie ich, mit dem Eishockeysport stärker verbunden fühlen, würde es wahrscheinlich jedem von uns sehr schwer fallen auf Topfußball gänzlich zu verzichten.

So kann man sich wohl am Besten vorstellen, wie es den eishockeybegeisterten Menschen, im Mutterland des Eishockeys - KANADA, geht.

Eine mittelprächtige Mannschaft wie die Winnipeg Jets wird verkauft, um fortan in Phoenix, eine von Steppen und Wüsten umgebene Stadt, bei der man absolut nichts mit Eis und Schnee assoziieren kann, als Coyotes weiterzuspielen.
Ein Vorgang, der auf mich ziemlich absurd wirkt, müssen die Spieler doch in Zukunft vor halbleeren Rängen ihren Beruf ausüben.

Wundert sich da noch jemand, wenn man auswärts besser spielt, als im demotivierenden Heimstadion? Wohl kaum.

Beim Verkauf der Quebec Nordiques hatten die, über den Wechsel unglücklichen Spieler schon etwas mehr Glück. Die Investoren holten die Mannschaft in die Sportstadt Denver und zumindest besteht jetzt keinerlei Besorgnis über Sponsoren oder Zuschauerzahlen mehr.
Die kanadische Stadt Quebec dagegen, die die Regierung der gleichnamigen Provinz beherbergt, war trotz ihrer 400000 Eishockeyfreunde nicht in der Lage, genug Gelder aufzubringen, um das Team weiterhin im Heimatland des Eishockeys zu beherbergen. Damit stellte sich die französisch-kanadische Provinz Kanadas selbst ein Armutszeugnis aus.

Wie schaut es eigentlich mit der Zukunft der sechs weiteren kanadischen Eishockeymannschaften aus?
In Vancouver dürfte sich trotz mangelnder sportlicher Erfolge nichts ändern. Hier strömen immer noch genügend Menschen ins Stadion, um die heimschwachen Canucks zu sehen. Ferner scheint eine solide Finanzpolitik vorzuliegen, zumindest konnte der aufsehenerregende Transfer von Mark Messier ohne Probleme bezahlt werden.

Bei den Toronto Maple Leafs versucht man gerade mit einem sehr jungen Kader den Neuanfang zu schaffen. Die Vorstellung, daß es hier in Zukunft kein NHL-Eishockey mehr geben könnte, kommt mir realitätsfremd vor.

Die Montreal Canadiens, als traditionsträchtigste kanadische Mannschaft, bestechen derweil mit sportlichen Höchstleistungen. Sie sind auf den besten Weg sich wieder in einer Spitzenposition im 'Eishockey-Oberhaus' zu etablieren. Angst vor der Zukunft hat man hier kaum.

Dagegen sollten sich die Eishockeyfans in Edmonton schon mal auf eine Zeit ohne ihren Lieblingssport einstellen. Ein us-amerikanischer Industrieller aus Houston versuchte im Oktober dieses Jahres die einstmalige Spitzenmannschaft aus Alberta zu kaufen. Angeblich soll sie noch die nächsten drei Jahre in Edmonton bleiben - falls die Oilers keinen Verlust machen. Aber letzendlich wird es am Ermessen des neuen Besitzers liegen, wie lang oder wie kurz das sympathische, junge Team noch in blau und weiß spielen darf.

Das Team in rot und weiß, die Calgary Flames, sind meiner Meinung nach der nächste Wackelkandidat. Weder sportlich, noch finanziell sorgt man derzeit für positive Schlagzeilen. Vielleicht werden gerade in diesem Moment die ersten Gespräche mit einem us-amerikanischen Konzernchef getätigt, der neben seiner Footballmannschaft noch ein Eishockeyteam, als weiteres Statussymbol, besitzen möchte.

Auf den Konten der Ottawa Senators liegen auch nicht gerade viele Dollars, trotzdem schafften die Minimalisten aus der kanadischen Hauptstadt einen sportlichen Aufstieg. Die Gefahr, verkauft zu werden, ist in Ottawa nicht mehr akut. Im Gegenteil, man befindet sich im Aufwind.

In den nächsten Jahren wird sich zeigen wie viele Mannschaften noch Kanada als ihr Zuhause nennen können. Leider ist auch keines der vier neuen Teams, die bis zum Jahr 2000 die NHL vergrößern werden, in dem nordamerikanischem Staat ansässig. Vielleicht haben diese aber eine rosigere Zukunft, wenn auch nicht bei den Zuschauerzahlen, als manch ein kanadischer Verein. (ms)

zurück zur Titelseite des Magazins
zurück zur Archivübersicht
nach oben
(C) NHL - Eishockeymagazin Schäffler & Rösch GbR