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KOMMENTAR

Fortschritt und/oder Abzockerei ?
von Markus Schäffler

D er sogenannte Fortschritt im Fernsehen ist vollstens im Gange. Die neuen Zauberworte lauten 'Pay-per-view' und 'digitales Fernsehen'.

Die Medienkonzerne versprechen den Zuschauern nicht nur Liveübertragungen von sportlichen Veranstaltungen, sondern auch die Möglichkeit zwischen verschiedenen Begegnungen oder Kameraperspektiven frei wählen zu können.
Eigentlich eine sehr gute Sache, wäre da nicht ein gewisser Kostenfaktor. Sowohl die Anschaffung eines Decoders als auch ein monatlicher Grundpreis ist zu berappen, um das Topspiel der Bundesliga oder, für uns natürlich wichtiger, das Stanley-Cup-Finale live im TV betrachten zu können.

In den USA müssen die TV-Zuschauer von Top-Sportereignissen teilweise bis zu $50 bezahlen, dabei gibt es selbstverständlich keine Garantie auf Spitzenleistung.
Wie lange wird es noch dauern bis Sportveranstaltungen manipuliert werden - der Zuschauer möchte für sein Geld schließlich gut unterhalten werden?

Fünfzig Dollar, für europäische Verhältnisse ein (noch) undenkbarer Betrag, wäre da nicht eine Sportvermarktung in Sicht, die allen Fans das Blut in den Adern gefrieren liese.

Man stelle sich vor, um ein Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft (Eishockey spielt in Deutschland leider noch eine untergeordnete Rolle) bei einer Weltmeisterschaft im TV zu sehen, muß jeder Zuschauer einen zusätzlichen Betrag entrichten. Für viele nicht vorstellbar. Fußball ist hierzulande nicht nur Sport, sondern ein 'Kulturgut' mit langer Tradition. Er hat Einfluß, sowohl auf das Leben einer Vielzahl von Menschen, als auch auf die Wirtschaft ganzer Regionen.

In Kanada ist der Volkssport Nummer Eins Eishockey. Täglich werden dort Live-Übertragungen von NHL-Spielen im Fernsehen gezeigt, ohne daß die Zuschauer dafür bezahlen müssen oder ein Abonnement bei einem Sender besitzen. Die Zuschauer haben lediglich kurze Werbeunterbrechungen, sogenannte 'commercial brakes', hinzunehmen, welche der Refinanzierung des Rechtekaufs dienen. Eine nationale Gesellschaft hat diese Rechte vom zuständigen Verband erworben und verkauft diese an Fernsehsender, welche Interesse an einer exklusiven Berichterstattung bekundet haben.

Auch in Deutschland werden Rechte zur Erst-, Zweit- und sogar Drittverwertung angeboten. SAT1 läßt es sich immerhin 180 Mio. D-Mark für eine Saison kosten, um als einziger Sender ausführlich über die Bundesliga informieren zu dürfen.

Trotz der staatsvertraglich zugesicherten kostenfreien Berichterstattung darf kein weiterer Anbieter länger als 90 Sekunden über eine Begegnung berichten und muß außerdem Rechte zweiter oder dritter Klasse erworben haben.

Mir stellt sich jetzt die Frage, wie man die, im Grundgesetz verankerte, Pressefreiheit derart beschneiden darf, daß Sportberichte eine Frage des Geldes werden.

Welches Recht nehmen sich zwielichtige Gesellschaften und Sportverbände, darüber zu entscheiden, welchen Informationskanal ich einzuschalten habe, um eine kurze Zusammenfassung einer öffentlichen Sportveranstaltung sehen zu können?

Bei Überspannung des Bogens könnte man auch auf die Idee kommen, daß Länder Rechte verkaufen, damit man über Vorkommnisse in deren Staatsgebiet berichten darf oder das Wetter von gestern zu vermarkten, damit zusätzlich Geld in die Staatskasse fließt.
Dies wäre das Ende der vierten Staatsgewalt - der Presse.

Eins ist sicher, die Entwicklung in der Sportberichterstattung wird auf Kosten der Zuschauer ausgetragen. Wie vor 40 Jahren, als Fernseher noch Mangelware waren, werden sich die Sportfans in Gruppen vor einer Mattscheibe zusammenschließen.
Die Gebühren werden geteilt und somit erschwinglich.

So etwas nennt man dann Fortschritt.(ms)

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