Zepp lebt seinen Traum

„Ich werde nicht lügen. Die ersten zehn Minuten oder so habe ich mich definitiv so gefühlt, als wäre ich nicht ich selbst“, sagte Rob Zepp nach seinem ersten NHL-Spiel am 21. Dezember bei den Winnipeg Jets.

Der in Kanada geborene und seit dem Jahr 2008 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzende Torhüter hatte sich im vergangenen Sommer im eigentlich hohen Alter von 32 Jahren dazu entschieden, seinem Verein Eisbären Berlin, bei denen er sieben Jahre aktiv war und in dieser Zeit fünf Mal die Deutsche Meisterschaft gewann, den Rücken zu kehren und das Wagnis NHL anzugehen. Er unterschrieb bei den Philadelphia Flyers einen Zwei-Wege-Vertrag mit einjähriger Laufzeit.

Es war abzusehen, dass Zepp hinter Ray Emery und Steve Mason nur die Nummer 3 im Kader sein würde, doch Verletzungen liegen immer im Bereich des Möglichen. Eben eine solche Einschränkung bei Mason sorgte für die erste Berufung aus der AHL vom Farmteam der Lehigh Valley Phantoms in die NHL am 19. Dezember. Zwei Tage später stand er beim Auswärtsspiel im Winnipeg auf dem Eis.

Zepp hielt 25 von 28 der auf ihn abgegenen Schüsse und der Zwischenstand von 1-3 deutete nicht darauf hin, dass es ein besonders erfolgreicher Abend für ihn werden sollte. Doch mit zwei Treffern im Schlussabschnitt und einem weiteren nach 10 Sekunden in der Verlängerung konnte er einen Sieg für sich verbuchen, der in die Historie einging.

Er war mit seinen 33 Jahren, drei Monaten und 14 Tagen so oder so der zwölftälteste Torhüter, der sein Debüt in der NHL feiern konnte, aber nur einer derjenigen, die vor ihm stehen, konnte dabei einen Sieg verbuchen. Hugh Lehman schaffte das Kunststück mit 41 Jahren. Da diese Marke 88 Jahre zurückliegt, schrieb Zepp besondere Geschichte.

Dass überhaupt wieder ein so alter Torhüter erstmals in der NHL eingesetzt wurde, kam das letzte Mal 1972-73 vor, als Ross Brooks für die Boston Bruins im Alter von 34 Jahren auflief.

„Das ist fantastisch und warum eigentlich nicht großartig“, äußerte sich Zepp auf die Tatsache angesprochen mit einem breiten Lachen.

Zuvor gab er Details seines Innenlebens preis: „Ich habe wirklich über meine bisherige Reise nachgedacht, nachdem ich berufen wurde. Da gab es so viele verschiedene Dinge auf dem Weg, die zusammen kommen mussten, dass dies passieren konnte. Es gab natürlich einige Zweifel auf dem Weg, aber ich habe immer an meine Fähigkeiten geglaubt und ich war glücklich hier bei den Flyers eine Möglichkeit zu bekommen.“

Dabei erinnerte er auch an Torhüter wie Tim Thomas und Viktor Fasth, die sich auch mit über 30 Jahren an das Abenteuer NHL wagten. „Sie haben den Weg für Jungs wie mir geebnet“, verdeutlichte Zepp und hob deren Vorbildfunktion hervor: „Das hat mich in gewisser Weise inspiriert und mir die Hoffnung gegeben, dass etwas in dieser Richtung gehen könnte.“

Lob bekam Zepp von seinem Teamkameraden Claude Giroux, der ihn aus dem kurzen Intermezzo bei den Eisbären zu Beginn der Saison 2012-13 näher kennt. „Er hat so hart dafür gearbeitet hier zu sein“, sagte der Flyers Torjäger. „Seine Arbeitsauffassung ist unglaublich. Es gibt niemanden, der es mehr verdient hätte.“

Allerdings blieb es in dieser Spanne bei seinem einzigen Einsatz. Am 29. Dezember musste Zepp, dessen Großvater Deutscher war und er so zu seinem deutschen Pass kam, zurück in die AHL.

Als sich jedoch Mason am vergangenen Wochenende erneut verletzte, durfte Zepp zurückkehren. Im Heimspiel am Montag gegen die Tampy Bay Lightning vertraute Trainer Craig Berube wieder dem Ex-Berliner die Starterposition an.

Zepp kam mit der Empfehlung von zuletzt drei Siegen und 94,2 Prozent Fangquote von den Phantoms zurück und rechtfertigte so seinen Einsatz gegen die offensivstarken Steven Stamkos & Co.

Doch wie hat er sich auf diese gegnerische Sturmkraft eingestellt? „Einfach bereit zu sein“, erläuterte Zepp im Anschluss der Partie, die mit 7-3 deutlich gewonnen wurde. „Wir haben sehr viel Videostudium gemacht, um mich optimal vorzubereiten und zu analysieren, was sie gerne machen. Aber sicher sind sie ein sehr offensivstarkes Team, das sehr viel Druck entfacht und wir mussten einfach versuchen, ihren Lauf zu stoppen und dagegen zu halten.“

Sein erster Auftritt vor heimischen Publikum in Philadelphia war für den Mann mit der 72 auf dem Rücken, der für Deutschland bei drei Weltmeisterschaften gespielt hat, etwas Besonderes. Auch seine Nervosität hatte Zepp besser im Griff, wenn gleich in der NHL aufzulaufen ein ganz anderes Gewicht hat als dies in der AHL der Fall ist.

„Es ist ein vollkommen anderes Gefühl und es ist viel mehr Vorbereitung auf die kommende Aufgabe notwendig“, betont Zepp und gibt Schwierigkeiten zu, sich zu fokussieren: „Ich habe so lange um diese Chance gekämpft und dann ist es schwierig seine Gefühle im Griff zu haben und auf den Punkt eine Topleistung abzuliefern.“

In der Tat hat es lange gedauert. Zepp wurde 1999 von den Atlanta Thrashers an der 99. Stelle in der vierten Runde gedraftet und nach Freigabe 2001 von den Carolina Hurricanes an 110. Stelle erneut in der vierten Runde gezogen. Zu einem Engagement in der NHL hat es jedoch nach etlichen Jahren Junioren-Eishockey und zwei Jahren AHL nicht gereicht, so dass er 2005 nach Europa, erst Finnland und später Deutschland, ging.

Mason wird vorerst nur zwei Wochen ausfallen. Möglich, dass Zepp in dieser Zeit den ein oder anderen weiteren Einsatz bekommt. Ob er allerdings länger bleiben darf, steht wohl in den Sternen. Das Erlebnis seiner zwei Spiele und der Eintrag in die Geschichtsbücher der NHL kann ihn indes keiner mehr nehmen.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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