Kleine große Momente

Es sind nicht immer nur die ganz großen Ereignisse, die außerordentliche Emotionen hervorrufen.

Es gibt sie, diese Zeitpunkte im Leben eines Sportlers, die er nie vergessen wird, ob als Junior, als Amateur oder als Profi. Momente, die ein unbändiges Glücksgefühl hervorrufen, dem das Adrenalin im Körper weichen muss, und an die man gerne zurückdenkt. Dabei müssen es gar nicht immer die ganz großen Ereignisse sein, die einem im Gedächtnis haften bleiben. Es muss kein entscheidendes Tor in einem Spiel 7 des Stanley Cup Finales sein, kein Treffer mit dem man sich und seinem Team eine olympische Goldmedaille beschert hat oder eine Rettungstat im Penaltyschießen, durch die der WM-Titel gesichert wurde.

Für die meisten jungen Eishockeyprofis ist ein solcher Augenblick das erste NHL-Spiel oder auch das erste NHL-Tor. Im Laufe einer langen Eishockeykarriere mit Höhen und Tiefen werden diese Momente immer seltener. Selbstverständlich freut man sich auch über das Erreichen eines neuen Meilensteins, den 100. Treffer oder den 200. Scorerpunkt. Daniel Briere kennt das Gefühl zur Genüge. Seit mittlerweile 17 Jahren spielt der 37-Jährige in der NHL. Die Colorado Avalanche sind nach Phoenix/Arizona, Buffalo, Philadelphia und Montreal seine fünfte NHL-Station. Seinen 100. NHL-Treffer markierte er 2003/04 für die Sabres, seinen 200. vier Jahre danach für die Flyers. Durch Aufenthalte in der Schweizer Liga beim HC Bern (2004/05) und in der DEL bei den Eisbären Berlin in 2012/13 machte sich Briere auch bei jenen europäischen Eishockeyfans einen Namen, die sich nicht so sehr mit der NHL beschäftigen. Durch seine stets sympathische Art, dem niemals überheblichen Umgang mit seinen Anhängern, zählte Briere immer zu den Zuschauerlieblingen seiner Teams. Noch immer sind viele Anhänger der Eisbären schwärmerisch, sobald man sie auf den frankokanadischen Stürmer anspricht.

In der Partie am Montagnachmittag des Columbus Day, als sich die Colorado Avalanche im TD Garden von Boston die Ehre gab, ging es um zwei Pünktchen in einem frühen Stadium der Saison. Das sind nicht gerade gute Voraussetzungen für ein denkwürdiges Ereignis. Klar standen beide Teams schon etwas unter Druck: Die Gäste aus Denver warteten noch auf ihr erstes Saisontor, die gastgebenden Bruins waren mit nur einem Sieg aus drei Partien eher mäßig – angesichts ihrer Ansprüche – in die Saison gestartet. Was sollte da schon passieren, an das sich ein Spieler für immer daran erinnern möge? Was veranlasste Daniel Briere nach einem solchen regulären Saisonspiel gegenüber NHL Live zu dieser Aussage: „Wenn meine Karriere schon lange vorüber sein wird, dann werde ich diese Szene noch mehr zu schätzen wissen.“ Briere hatte vor der Partie 299 Tore auf seinem Konto. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er die 300er Marke knackt. Die Art und Weise, wie es ihm gelingen sollte, war doch sehr außergewöhnlich. Es standen nur noch wenige Sekunden auf der Uhr, alle Zuschauer im weiten Rund hatten sich schon damit abgefunden, dass die Begegnung beim Stande von 1-1 in die Verlängerung gehen würde. Die Uhr tickte herunter, die Avalanche setzten sich im Drittel der Hausherren fest, Jan Hejda schoss die Scheibe in Richtung Tor, Briere hatte sich frei vor dem Kasten von Niklas Svedberg positioniert, holte den Puck geschickt aus der Luft herunter und schloss mit einem Handgelenkschuss ab. Kurz darauf stand die Zeitmessung auf null. 0,4 Sekunden bevor die Schlusssirene ertönte, hatte Briere seinen 300. NHL-Treffer markiert und der Jubel in den Reihen der Avalanche war riesengroß. Erik Johnson war der erste Gratulant des in Gatineau, Quebec geborenen Torschützen. „Ich habe zunächst gar nicht daran gedacht, dass es ein weiterer Meilenstein in meiner Karriere ist. Unser Sieg stand bei meinem Jubel im Vordergrund. Ich wusste, dass nicht mehr lange zu spielen ist und wir brauchten den Erfolg“, gab sich Briere direkt im Anschluss nach der Begegnung bescheiden und stellte den Mannschaftserfolg vor seinem persönlichen.

Daniel Briere hat schon einige Höhepunkte in seinem Leben als Spitzensportler gehabt: Zweimal, in den Jahren 2003 und 2004, wurde er mit der kanadischen Eishockeynationalmannschaft Weltmeister und zweimal stand er im NHL All Star Game (2007, 2011). Einen ganz großen Traum hegt Daniel Briere nach eigenem Bekunden immer noch, er möchte einmal den Stanley Cup gewinnen.

Die Erfüllung dieses Traums scheint weit entfernt, doch viele kleine große Momente wird Daniel Briere sicherlich noch in dieser Saison mit seinen Avalanche erleben und deren Fans werden es ihm danken.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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