Diaz hat endlich einen Vertrag

Es gehören schon eine Portion Mut und Selbstvertrauen dazu, auch wenn ihm letztendlich keine Wahl blieb, auf Versuchsbasis in das Trainingscamps eines NHL-Teams zu gehen und sich dort mit anderen „Praktikanten“ um eine Stelle zu bewerben. Raphael Diaz ist diesen Weg gegangen, nachdem er bei den New York Rangers, mit denen er im Juni noch im Stanley Cup Finale stand, keinen neuen Vertrag erhielt und sich die Nachfrage anderer Klubs anschließend in Grenzen hielt.

Immerhin hatte er ein paar Wahlmöglichkeiten, wo er es versuchen wollte, sich für einen Vertrag zu empfehlen. Seine Wahl fiel auf die Calgary Flames, weil er dort die besten Möglichkeiten für sich sah, obwohl auch andere Verteidiger dort um einen Kontrakt buhlten. Doch Diaz hat den richtigen Ort gewählt und durfte schlussendlich am Montag einen Ein-Jahres-Vertrag unterzeichnen, der ihm Berichten zur Folge ca. 700.000 US-Dollar Jahresgehalt beschert.

Noch am Montagmorgen äußerte er sich im Interview mit FlamesTV „ich muss Geduld haben, das ist das Wichtigste in diesem großen Geschäft“, weil er nicht wusste, dass ihm noch am selben Tag der Vertrag zur Unterschrift vorgelegt werden würde.

Auf die Frage nach seiner Rolle, die er in der Mannschaft einnehmen könnte, antwortete Diaz sehr pragmatisch: „Es ist Aufgabe des Trainerstabes mich so einzusetzen oder die Rolle zu geben, wo ich am effektivsten bin. Fest steht, ich werde alles geben im Training und natürlich im Spiel. Den Rest kann ich weniger beeinflussen.“

Positiv bewertete Diaz die Kameradschaft, die im Team vorherrsche: „Obwohl ich noch keinen festen Vertrag habe, waren die Kollegen von Anfang an sehr gut zu mir und haben mich immer spüren lassen, dass ich ein Teil der Mannschaft wäre. Das war echt super.“

Heute kurz nach dem Morning Skate und ein paar Stunden vor dem Saisonauftakt gegen die Vancouver Canucks stand ein hörbar erleichterter Diaz uns am Telefon Rede und Antwort.

Eishockey.com: „Raphael, Glückwunsch zum neuen Vertrag. Um wie viel schöner war das Training gestern und heute mit einem neuen Vertrag in der Tasche?“

Diaz: „Ja, vor zwei Tagen habe ich unterschrieben. Ich habe mich riesig gefreut, dass es geklappt hat. Es war schließlich nicht einfach ohne Vertrag in das Camp zu gehen, weil ich nicht wusste, ob es hinhauen würde. Aber es war eine gute Herausforderung für mich.“

Eishockey.com: „Noch am Montagmorgen hast du ein Interview beim FlamesTV gegeben und wusstest nicht, dass der Vertrag auf dich wartet. Wie kam es dazu?“

Diaz: „Ich wusste, dass mein Agent mit Calgary am Verhandeln war und es waren noch einige Kleinigkeiten zu klären. Von daher sah es zu dem Zeitpunkt ganz gut aus, aber es war eben noch nichts sicher.“

Eishockey.com: „Du hast bei den Interviews zuvor sehr gelassen gewirkt. Wie sah es denn wirklich in dir aus?“

Diaz: „Es war nicht einfach gelassen zu sein, aber ich habe für mich die Einstellung gefunden, dass ich von Tag zu Tag lebe. Ich habe nicht zu weit nach vorne geschaut und mich auf jedes Training genau fokussiert, um zu zeigen, dass ich alles geben kann und mein Eishockey präsentieren konnte. Ich glaube das war entscheidend. Andererseits gibt es etwas im Inneren, das dich umtreibt, das Sicherheit und einen Vertrag will. Aber das gemeistert zu haben, hat mich stärker gemacht und jetzt bin ich überglücklich.“

Eishockey.com: „Ein Ein-Jahres-Vertrag heißt jetzt aber auch richtig Gas zu geben?“

Diaz: „Ja absolut. Ich glaube in der NHL spielt es keine Rolle einen Ein-, Zwei- oder Drei-Jahres-Vertrag zu haben. Du musst deine Leistung bringen. Das ist das einzige, was zählt. Wer keine Leistung bringt oder nur etwas nachlässt, ist auch mit einem längerfristigen Vertrag schnell weg. Es ist unglaublich, wie viel Konkurrenz hier herrscht. Für mich ist es egal, was für eine Laufzeit mein Vertrag hat, ich will immer Gas geben. Das ist meine Einstellung.“

Eishockey.com: „Hätte es einen Plan B gegeben, wenn es mit dem Vertrag nicht geklappt hätte?“

Diaz: „Nein. Ich habe mich wirklich auf mein Ziel NHL konzentriert und hätte dann erst einmal nicht gewusst, was ich gemacht hätte. Aber ich habe mein kurzfristiges Ziel einen Vertrag zu bekommen erreicht und jetzt heißt es erst einmal alles zu geben und zu zeigen, was ich drauf habe, wenn ich spiele.“

Eishockey.com: „Inwiefern kommt dir entgegen, dass bei den Flames mit Bob Hartley ein Trainer arbeitet, der auch schon in der Schweiz tätig war?“

Diaz: „Ich glaube, er kennt das Schweizer Eishockey sehr gut. Das ist sicherlich positiv, aber das Eishockey in der Schweiz und in Nordamerika sind zwei Paar Schuhe. Wir wissen alle, dass die Eisfläche hier kleiner ist und es geht viel schneller. Die besten Spieler der Welt spielen hier. Das merkt man einfach. Das ist in der Schweiz und Europa ganz anders. Dort hast du auch einen Kader von 23 Mann, mit dem du fest arbeitest. Hier kannst du ins Farmteam kommen oder getradet werden. Es kann alles so schnell gehen. Aber ich danke Bob dafür, dass er in der Schweiz war. Er hat dort sicher viel bewirkt und gleich den Meistertitel geholt.“

Eishockey.com: „Und mit Jonas Hiller hast du wieder einen Landsmann in der Mannschaft …“

Diaz: „… ja das ist schon eine schöne Sache. Ich habe auch David Wolf kennengelernt. Ein Super-Typ mit dem ich im Trainingslager auch viel zu tun gehabt habe. Es war gut für mich etwas hochdeutsch von ihm zu lernen (lacht)…

Eishockey.com: „… das kommt dir jetzt zu Gute…“

Diaz: „Genau.“

Eishockey.com: „Und mit Sven Baertschi war noch ein Schweizer da, der leider wieder in die AHL musste, obwohl ihm sehr viel Potenzial nachgesagt wird. Du hast seine Entwicklung nun hautnah miterlebt. Was denkst du darüber?“

Diaz: „Er ist natürlich noch sehr jung, aber ich halte ihn für einen hervorragenden Spieler. Ich kannte ihn vorher nicht, weil er in der West Coast gespielt hat und ich in der East Coast. Von daher habe ich nicht viele Spiele von ihm gesehen, aber man hat erkannt, dass er sehr begabt ist und er wird sich sicher irgendwann in der NHL durchsetzen. Aber ich selbst habe es an meinem eigenen Leib erfahren, dass man sehr viel Ausdauer braucht und sich immer wieder selbst bestätigen muss, ehe man es schafft. Man muss immer etwas ins Team bringen, wo die Trainer gebrauchen können, aber einfach ist das nicht. Aber das ist die NHL.“

Eishockey.com: „Siehst du Chancen für Euch die Playoffs zu erreichen, denn Ihr geht als klarer Außenseiter in die Saison?“

Diaz: „Ja absolut. Wir müssen uns von Spiel zu Spiel heranarbeiten und nicht zu weit nach vorne schauen. Weiterhin müssen wir vor allem auf uns schauen und es ist ganz wichtig, dass wir geschlossen als Mannschaft auftreten. Aber natürlich muss unser Ziel sein, die Playoffs zu erreichen. Wir wollen gewinnen und die Mannschaft freut sich sehr auf die Saison, sich beweisen zu können.“

Eishockey.com: „Es geht gleich heftig los mit drei Spielen in vier Tagen und einem Auswärtstrip. Wie siehst du das Auftaktprogramm?“

Diaz: „Wir fliegen heute nach dem Heimspiel gleich für elf oder zwölf Tage weg und sind auswärts unterwegs. Aber ich glaube, dass das ganz gut für uns als Mannschaft ist. Wir haben so Zeit uns zu finden und zusammen zu wachsen. Das sollte uns zusammenschweißen, was gut für die weitere Entwicklung sein sollte. Und die Auswärtsspiele werden nicht einfach und sind bereits eine gute Herausforderung, dass wir wissen, wo wir stehen.“

Eishockey.com: „Raphael, vielen Dank für das Interview. Wir wünschen dir alles Gute für die Saison und einen guten Start.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de.

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