Neue Motivation für neuen Angriff

Den 15. Juni 2011 würde Christian Ehrhoff am liebsten aus seinem Lebenslauf streichen, dabei sollte es einer der schönsten Tage seines Lebens werden. Nach einer wie immer endlos langen Saison stand am Abend das letzte und entscheidende Spiel zwischen den Boston Bruins und seinen Vancouver Canucks um den Gewinn des begehrten Stanley Cups auf dem Programm. Jeder Eishockeyfan weiß, wie es endete: 4-0 unterlagen die heimischen Kanadier und mussten die größte Enttäuschung ihrer Karriere hinnehmen. Nichts blieb mehr übrig von den zuvor errungenen Erfolgen und dem Triumph überhaupt soweit gekommen zu sein. Wie ein schwerer Hinkelstein lag die Last des Scheiterns kurz vor der Ziellinie im Moment der Niederlage auf den Schultern.

Trotz dieses drückenden Gefühls des Versagens, das Monate andauerte, ist die Sucht groß zurückzukehren und das ultimative Ziel doch noch zu erreichen. Schließlich steht der Stanley Cup im Fokus eines jeden Eishockeyspielers und gilt aufgrund des zu absolvierenden Programms als die am schwersten zu gewinnende Trophäe des Sports.

Ehrhoff entschied sich nach diesem negativen Erlebnis gegen eine Vertragsverlängerung in der westkanadischen Metropole und setzte wohl zumindest aus sportlicher Sicht auf das falsche Pferd, als er bei den Buffalo Sabres einen Vertrag über zehn Jahre abschloss. Finanziell hätte er es lukrativer nicht erwischen können, doch dachte er, dass er mit dieser Mannschaft ebenso Möglichkeiten hätte, eine weitere Chance zu bekommen, nach dem Stanley Cup zu greifen.

Es kam anders: Teilweise bedingt durch Verletzungspech blieben Siege und damit die Qualifikation zu den Playoffs aus und das Management und die Eigentümer der Sabres entschieden sich plötzlich die Strategie zu ändern. Die Stars wurden reihenweise abgegeben und das spielerische Potenzial schwand dahin. Nur einer war immer noch da: Ehrhoff mit der Nummer 10. Vergeblich versuchten die Sabres hinter den Kulissen den mittlerweile 32-jährigen Verteidiger zu traden, doch kein anderer Klub war bereit, den langjährigen Vertrag zu übernehmen.

So war Ehrhoff am Sonntag, den 29. Juni sichtlich überrascht, als während seines Sommerurlaubs in Deutschland am Morgen um 7 Uhr sein Smartphone läutete und die Anruferkennung seinen Manager Rick Curran auswies. „Mein erster Gedanke war, dass ich getradet worden bin“, sagte er rückblickend gegenüber NHL.com. „Doch es gab andere Neuigkeiten.“ Die Sabres hatten ihren zweiten sogenannten Buyout verwendet, um den Vertrag über zehn Jahre bis zum Ende der Saison 2021 mit insgesamt 40 Millionen US-Dollar Verdienst aufzulösen. „Natürlich haben die neuen CBA Regeln mit der Strafe, die man erhält, wenn ein Spieler vor Ende seines Vertrages die Karriere beendet, Buffalo verschreckt und sie haben sich entschieden, den Vertrag aufzulösen“, erklärte Ehrhoff. „Es war wirklich eine Riesenüberraschung für mich.“

Für den Moers geborenen Defensivmann vor allem eine positive Überraschung und nicht die schlechteste Lösung. Er erhielt eine Ablösesumme und konnte sich am Free Agent Markt neu orientieren, um sich ein neues wettbewerbsfähiges Team, was Buffalo zum Ende nicht mehr war und auch die kommenden Jahre nicht sein wird, zu suchen. Ehrhoff stellte deshalb klar: „Nach der letzten enttäuschenden Saison, bin ich glücklich über den neuen Start.“

„Ich hatte ein paar andere Angebote über die ich nachgedacht habe“, erzählte Ehrhoff. „Aber als Pittsburgh sich meldete war das wirklich meine Präferenz.“ Natürlich erhofft er sich in der Mannschaft um die Stürmerstars Sidney Crosby und Evgeni Malkin, die 2009 den Stanley Cup gewannen und seitdem stets zu den Favoriten gehörten, eine neue Chance den Cup zu gewinnen. Doch er kommt auch in einer Phase des Neuaufbaus, nachdem mit der Niederlage im Conference Halbfinale gegen die New York Rangers nach einer 3-1 Führung in der Serie ein Schnitt gemacht wurde.

„Es ist natürlich ein frischer Start für jeden, neuer GM, neuer Trainer, einige neue Gesichter im Kader, so bin ich sicher jeder ist wirklich richtig erfreut über den frischen Start“, betonte er. Neben General Manager Jim Rutherford, der den bisherigen Mann Ray Shero ersetzte und Trainer Mike Johnston, der Dan Bylsma beerbt, trifft Ehrhoff bei den Penguins auch auf zwei deutsche Landsleute. Der zur Trading Deadline im März von den Florida Panthers geholte Marcel Goc verlängerte seinen Kontrakt um ein weiteres Jahr und mit derselben Laufzeit kommt Torhüter Thomas Greiss von den Phoenix Coyotes, der sich die Nummer 2 hinter Marc-Andre Fleury erkämpfen soll. Der Vertrag von Ehrhoff, der ihn weitere vier Millionen US-Dollar sichert, endet ebenfalls im Sommer 2015.

Die drei kennen sich von Auftritten im Nationalteam und alle kamen über die Station San Jose Sharks in die NHL, Ehrhoff in 2003-04 zusammen mit Goc und Greiss etwas später in 2007, als beide noch da waren. „Es hilft definitiv, wenn du jemanden in der Mannschaft kennst“, sagte Ehrhoff. „Auf der anderen Seite war es für mich nicht der entscheidende Punkt, dass andere Deutsche im Team sein werden. Jedoch ist es definitiv schön, sie dabei zu haben.“

Viel Zeit bleibt zunächst aufgrund der Konstellation nicht, um mit Pittsburgh gemeinsam erfolgreich zu sein, doch eine Verlängerung der Verträge ist nicht ausgeschlossen. Vielleicht hat dann Ehrhoff noch einmal die Chance in einem Stanley Cup Finale anzutreten und dieses Mal das bessere Ende für sich zu haben. Die plötzliche Veränderung, die ihn vor zwei Wochen wie ein Blitz traf, eröffnet ihn zumindest die Möglichkeit dazu. Schwer ist und bleibt der Weg zurück zu einem möglicherweise erneuten Griff nach dem Pokal, der ihm schon so kurz vor der Nase weggeschnappt wurde.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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