Entscheidung vertagt. Rangers Eishockeygötter hatten in Spiel 4 auch Namen.
Nach der dritten Niederlage im dritten Finalspiel hatte sich New York Rangers Torwart Henrik Lundqvist noch über mangelndes Scheibenglück beklagt. Sieht man sich den Verlauf der vierten Partie an, welche die Rangers mit 2-1 für sich entschieden haben, dann muss man es wie Alain Vigneault sehen, der davon sprach, dass heute Nacht die Eishockeygötter auf ihrer Seite waren. Allein auf weitere Hilfe von oben möchte sich ihr Cheftrainer jedoch nicht verlassen und fügte auch postwendend hinzu: „Wir müssen weiterhin hart kämpfen und arbeiten. Wir haben die Chance bekommen im Rennen zu bleiben und wir werden dazu bereit sein.“
Was war geschehen in Spiel 4? Die Los Angeles Kings legten einen furiosen Auftritt im Madison Square Garden hin, ließen ihre Gastgeber kaum noch zur Entfaltung kommen. Allein im dritten Drittel, in das die Kalifornier mit einem 1-2 Rückstand gingen, lautete am Ende das Torschussverhältnis 15-1 zu ihren Gunsten, doch Zählbares sprang dabei nicht für sie heraus, denn die Eishockeygötter der Rangers hatten auch ganz reale Namen, wie Lundqvist, St. Louis, Stralman und Stepan.
New Yorks schwedischer Schlussmann wehrte in den 60 Minuten 40 Torschüsse ab, musste sich nur einmal bei einem Konter von Kings Kapitän Dustin Brown geschlagen geben und avancierte damit zum Matchwinner seines Teams. „Nur gut zu sein, das ist in unserer Situation zu wenig, man muss besser als gut sein“, gab sich der Schwede kämpferisch und fügte hinzu: „Wir wollten nicht, dass der Cup aus unserem Stadion herausgetragen wird. Schon allein der Gedanke daran macht mich krank.“ Vielleicht war auch das ein Grund, warum Lundqvist in Entscheidungsspielen auf heimischen Eis über sich hinauswächst, so wie eben gestern Nacht. Der Weltklassetorwart hat mit seinen Rangers die letzten acht Playoffheimpartien, in denen es um alles oder nichts ging, gewonnen und dabei eine herausragende Rettungsquote von 96,8 Prozent erreicht. Zweimal hatte er aber auch das Glück und zwei schnell reagierende Teamkollegen auf seiner Seite, als er bereits geschlagen und die schwarze Hartgummischeibe auf der Torlinie zum Liegen gekommen war. Verteidiger Anton Stralman kratzte im ersten Drittel mit seinem Schläger den Puck aus der Gefahrenzone. „Wir hatten riesiges Glück“, beschrieb der Retter in der Not diese Situation. Noch heikler gestaltete sich die Rettungsaktion von Derek Stepan, als noch 71 Sekunden auf der Uhr gestanden waren. Tumultartige Szenen spielten sich im Torraum der Rangers ab, Lundqvist, der der Meinung gewesen war, die Scheibe befindet sich zwischen seinen Schonern, schrie Schiedsrichter Wes McCauley an, endlich die Aktion abzupfeifen, ehe er realisierte, dass sie Millimeter vor der Torlinie hinter ihm lag. Anze Kopitar versuchte seitlich nachzustochern, wurde aber abgedrängt. Schließlich erkannte Derek Stepan die brenzlige Lage und entschärfte sie, indem er mit seinem Handschuh den Puck unter Lundqvists Schoner beförderte. Stepan erinnert sich daran so: „Ganz klar, ich wollte nicht, dass sie reingeht. Ich habe alles versucht dies zu verhindern. Selbst nachdem ich sie unter ihn [Lundqvist] geschoben hatte, wusste ich nicht wo sie war oder was passieren würde.“ Hätte Stepan bei der Rettungsaktion den Puck mit dem Handschuh von oben abgedeckt, so wäre McCauley nichts anderes übrig geblieben, als auf Penalty zu entscheiden. Rangers Center nutzte jedoch instinktiv die Seite seines Handschuhs und die Blueshirts retteten ihren Vorsprung über die Zeit.
Ein Vorsprung den Martin St. Louis in der 27. Spielminute mit dem Treffer zum 2-0 herausgeschossen hatte. Der 38-jährige Flügelstürmer war wieder einmal zur rechten Zeit an der richtigen Stelle, als die abgefälschte Scheibe zu ihm sprang und er sie nur noch reinstochern musste. Es war sein bereits achtes Playofftor in diesem Jahr und der elfte Game Winner in seiner NHL Playoff-Karriere. Er selbst sah den Sieg als Verdienst der gesamten Mannschaft an: „Die Jungs hatten verstanden, dass es um alles geht. Wir sind eine zuversichtliche Gruppe, ein selbstbewusster Haufen, der einiges gut gemacht hat. Klar ist die Serie bisher nicht so verlaufen, wie wir es uns vorgestellt haben, aber wir haben nun unseren ersten Sieg. Ich bin mir sicher, das wird unsere Gemütsverfassung verbessern.
Den Los Angeles Kings bleibt nach der Niederlage in ihrem zweifelsfrei besten Finalspiel der Trost, die Chance zu haben wiederum vor den eigenen Fans im Staples Center die begehrteste Eishockeytrophäe in Empfang zu nehmen. Wie das gelingen könnte, darüber hat sich auch schon Kings Stürmer Tanner Pearson, mit acht Torschüssen war er gestern ihr aktivster Mann, Gedanken gemacht: „Es war so knapp. Das müssen wir hinter uns lassen, an die nächste Aufgabe herangehen und eben dann den Sack zumachen.“
Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de