Ein besonderer Tag für Draisaitl

Das dritte Spiel des Stanley Cup Finale 2014 am heutigen 9. Juni zwischen den New York Rangers und den Los Angeles Kings in Manhattan ist nicht nur für die Spieler und Fans ein besonderer Tag. Die fünf besten Nachwuchsspieler der Scouting Liste für den kommenden NHL Draft in Philadelphia Ende Juni sind auf Einladung der NHL gekommen, um erstmals hautnah NHL-Luft zu schnuppern.

Erfreulich aus deutscher Sicht, dass neben Samuel Bennett, Aaron Ekblad, Sam Reinhart, und Michael Dal Colle der 18-jährige Leon Draisaitl mit von der Partie ist. Er wurde in der Setzliste an Position Vier für die Vergabe der Rechte an den Junioren gelistet und ist deshalb Bestandteil des erlesenen Kreises. Ziemlich sicher scheint zu sein, dass er als bester Deutscher jemals den Draft am 27. Juni verlassen wird. Die bisherigen Bestmarken von Olaf Kölzig (19. Stelle) als deutscher Staatsbürger und Marcel Goc (20.) als in Deutschland geborener Spieler dürften danach auf jeden Fall Geschichte sein.

Seit seiner Nominierung für die Nationalmannschaft der Herren und die Teilnahme an der Weltmeisterschaft im Mai, wurden die deutschen Medien zunehmend auf Draisaitl aufmerksam, der sich mit 105 Scorerpunkten in 64 Spielen für Kanadas Juniorenteam Prince Albert in der letzten Western Hockey Liga Saison in die Notizbücher der NHL-Klubs gespielt hat. Seitdem sind Schlagzeilen wie „der deutsche Gretzky“ oder „der Nowitzky der NHL“ zu lesen. Große Vorschusslorbeeren also, dem der gebürtige Kölner erst auf dem Eis gerecht werden muss.

„Klar ist es etwas besonderes so viel Aufmerksamkeit zu bekommen“, sagt Draisaitl, der am Rande des Morning Skates im Madison Square Garden den Medien Rede und Antwort steht. „Aber ich bin es mittlerweile gewohnt sehr viele Interviews zu geben und dass Medien mit mir sprechen wollen. Von daher war das überhaupt kein Problem.“

Unabhängig von den Fragen der amerikanischen Kollegen und obwohl er diese souverän in perfektem Englisch meistert, freut er sich über das Interview in seiner Muttersprache. Auf den NHL Combine (Fitnesstest der Nachwuchsleute vor dem Draft) angesprochen, der letzte Woche in Toronto stattfand, gibt er zu, dass es sehr anstrengend gewesen sei und insbesondere das Radfahren viel Kraft gekostet hätte. „Ich denke aber, dass ich es ganz gut gemeistert habe“, ergänzt er etwas stolz.

Es fällt auf, wie ruhig und sachlich Draisaitl trotz seiner jungen Jahre alle Anfragen meistert und auch auf die Frage, woher diese Abgeklärtheit komme, grinst er kurz, um dann nüchtern zu antworten: „Schwer zu sagen. Das ist einfach meine Art wie ich bin. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen.“

Kommt diese Eigenschaft ihm genauso auf dem Eis entgegen? „Eine Stärke von mir ist sicher, dass ich ruhig bin und nicht hektisch agiere“, betont er. „Das kommt einem zu Gute, wenn man das Spiel gestalten will.“ Im NHL Scouting Report für die Mannschaften wird seine Spielweise damit charakterisiert, dass er in der Lage sei, den Puck in der gegnerischen Zone zu behaupten und selbst in Bedrängnis die Übersicht zu bewahren. Weiterhin hätte er die Fähigkeit, durch überraschende Aktionen Akzente zu setzen. Nicht umsonst hat Draisaitl Pavel Datsyuk von den Detroit Red Wings als seinen Lieblingsspieler auserkoren, den ähnliche Attribute auszeichnen.

Es handelt sich um Eigenschaften, die gesucht sind, aber was im Juniorenbereich funktioniert hat, wird in der NHL, wo das Spiel um einiges schneller ist, schwieriger umzusetzen. Aufmerksam verfolgt Draisaitl deswegen den gerade laufenden Skate der Kings. „Respekt habe ich auf jeden Fall, aber ich glaube nicht, dass ich Angst davor haben muss“, beantwortet er die Frage, was er denkt, wenn er den Stars jetzt so beim Training zuschaut und eventuell ab Herbst dort selbst mitmischen will. „Ich will es ja, dass es so kommt und dann wäre es eine Ehre für mich.“

Trotzdem ist ihm klar, was für eine Herausforderung auf ihn zukommt, den Schritt letztendlich zu schaffen und er hat sich deswegen für die kommenden Monate einiges vorgenommen. „Mein Sommertraining wird ein wichtiger Grundstein sein, denn ich muss noch stärker und schneller werden“, erklärt er. „Aber auch mental muss man sich richtig darauf vorbereiten und im Kopf bereit sein für diese schwere Aufgabe.“

Weiteren Anschauungsunterricht auf hohem Niveau wird Draisaitl am Abend bekommen, wenn er mit den anderen die dritte Auflage des Finales live verfolgen darf. „Es gibt nichts Besseres. Hier beim Stanley Cup Finale zu sein, in New York auch noch dazu“, schwärmt er in vollen Zügen und verdeutlich, dass es für ihn noch aus einem anderen Grund etwas Besonderes sein wird: „Es gibt kaum eine Steigerung, zumal es mein erstes NHL-Spiel sein wird, das ich live sehe.“

Also wahrlich ein besonderer Tag für ihn, an den er sich ewig erinnern wird. Viele NHL-Spiele sollen für Draisaitl folgen, aber nicht von der Tribüne aus, sondern mittendrin auf dem Eis und vielleicht wird dann in ein paar Jahren zu Recht vom „deutschen Gretzky“ geschrieben.

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