Enge Spiele an der Tagesordnung

Der neue Stil von Colorado Avalanche Trainer Patrick Roy scheint ansteckend zu sein. Schon seit Beginn der regulären Saison ist der ehemalige aktive Torhüter ein Fan davon, seinen Schlussmann zu Gunsten eines weiteren Feldspielers frühzeitig vom Eis zu nehmen. Sechs Minuten vor dem Ende bei drei Toren Rückstand oder auch drei Minuten bei nur einem Treffer sind bei ihm Standard. Er möchte seinem Team ausreichend Zeit geben, den Rückstand wett zu machen. Volles Risiko ist inn! Manchmal geht es auf, manchmal eben nicht.

Roy lässt solche Überzahlsituationen explizit im Training üben. Bereits zwei Mal brachten sie in der ersten Playoffrunde gegen die Minnesota Wild den gewünschten Erfolg, als seine Mannen noch den Ausgleich erzielten, was ihnen wiederum ermöglichte später in der Verlängerung den Siegtreffer zu erzielen. So steht es in der Serie mittlerweile 3-2 für die Avs, die andernfalls schon mit 1-4 negativ gelaufen wäre.

Gestern zeigte schließlich Philadelphia Flyers Coach Craig Berube ebenfalls Mut, als er bereits drei Minuten vor der Sirene den 1-3 Rückstand bei den New York Rangers mit einem weiteren Feldspieler umbiegen wollte. Immerhin der Anschlusstreffer gelang den Flyers noch, zu mehr reichte es aber indes nicht mehr. Auch andere Trainer folgen mittlerweile dem Beispiel zu mehr Risikofreudigkeit unter Anwendung des taktischen Mittels, als lange abzuwarten und unnötige Zeit von der Uhr verrinnen zu lassen.

Philadelphia hat es in Spiel 5 am Sonntag nicht geschafft einen Zwei-Tore-Rückstand aufzuholen. Die Anaheim Ducks indes drehten ihr Spiel 6 bei den Dallas Stars ein paar Stunden später eben trotz dieses Mankos. Nick Bonino und Devante Smith-Pelly trafen nur 74 Sekunden voneinander entfernt spät im dritten Drittel ebenfalls jeweils mit herausgenommenen Torhüter und glichen ein 2-4 aus, ehe erneut Bonino in der 63. Minute den Siegtreffer markieren konnte. Der Gegner war damit in der Serie ausgeschaltet.

In 24,4 Prozent der 41 absolvierten Playoffspiele, also zum zehnten Mal, konnte damit eine Mannschaft, die mit mindestens zwei Toren ins Hintertreffen geraten war, noch siegreich das Eis verlassen. Ein neuer Rekord für die erste Runde in der Geschichte der NHL. Zum Vergleich im letzten Jahr gab es während den gesamten Stanley Cup Playoffs nur acht solcher Comebacks. Bereits 27 Mal wurde der Spielstand nach einem Tor Rückstand gedreht. Das sind nahezu zwei Drittel aller Partien.

Selbst die weiteren Marken sind in diesem Jahr phänomenal. Ginge man die letzten Jahre immer häufig davon aus, dass das Team gewinnt, welches das erste Tor schießt, so hat sich dieser Effekt signifikant gedreht. Lediglich elf Mal konnte die Mannschaft am Ende feiern, welche das erste Tor des Spiels erzielte. Das sind nur etwas mehr als ein Viertel der Begegnungen.

Bei den Entscheidungen nach Verlängerung setzt sich der Trend von 2013 fort. Es wird immer enger und ausgeglichener, so dass häufiger die Zusatzschicht für die Entscheidung herhalten muss. 13 der 41 Spiele gingen in die Overtime (31,7%). Letztes Jahr wurden von insgesamt 86 Playoff-Begegnungen 27 verlängert, was einem Anteil von 31,4% entspricht. Dabei wurde der NHL-Rekord von 17 Verlängerungen bei 47 Erstrundenspielen (36,2%) aufgestellt. Eine Marke, die bereits dieses Jahr noch getoppt oder eingestellt werden könnte.

Es kann nur spekuliert werden, welche Ursachen, diese Entwickluung haben könnte und selbstverständlich spielt in vielen Fällen eben das kleine Quäntchen Glück immer eine Rolle. Die Zahlen sind jedoch schon auffällig und gerade Roy sorgt mit seinen taktischen Varianten und der erhöhten Risikobereitschaft natürlich für Aufmerksamkeit bei Kollegen und den Fans.

Letztere können sich freuen, denn Spannung ist garantiert, selbst wenn die eigene Mannschaft einmal zwei oder drei Tore im Rückstand liegt. Nichts scheint dieser Tage mehr unmöglich. Alle sind besessen möglichst weit zu kommen und alles zu geben für das ultimative Ziel – den Gewinn des Stanley Cups.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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