Wird Draisaitl ein Top Draft Pick?

Normalerweise müssen Eishockeyfans aus Deutschland lange warten, bis und wenn überhaupt ein Talent aus dem eigenen Land beim NHL Draft genannt wird. Das dürfte in diesem Jahr am 27. Juni im Wells Fargo Center zu Philadelphia beim NHL Entry Draft 2014 anders sein und es wird wohl einen historischen Moment geben.

Auch wenn sich die Experten bislang uneinig sind, zeichnet sich ab, dass es keinen Topfavoriten auf den ersten Zug gibt und geben wird. Das NHL Central Scouting ist derzeit dabei, seine endgültige Empfehlungsliste für die 30 NHL Mannschaften zusammen zu stellen. Diese wird 210 in Nordamerika tätige Feldspieler, 140 aus Europa, sowie 30 in Nordamerika tätige Torhüter und 15 aus Europa enthalten und im Laufe des April veröffentlicht werden.

Was nun diesen Draft für Deutschland besonders macht, ist die Tatsache, dass mit Stürmer Leon Draisaitl, der in Übersee für die Prince Albert Raiders in der WHL spielt, ein deutsches Talent unter den besten Fünf gehandelt wird. Der Sohn vom ehemaligen Nationalspieler Peter Draisaitl dürfte damit der am höchsten gedraftete Deutsche aller Zeiten werden und die bisherigen Topleute Olaf Kölzig (19. Stelle), Marcel Goc (20. Stelle) und Marco Sturm (21. Stelle) toppen.

Erst der Draft wird zeigen, ob es auch für die beste Platzierung eines Mitteleuropäers reicht, denn der Österreicher Thomas Vanek (Montreal Canadiens) und der Schweizer Nino Niederreiter (Minnesota Wild) wurden jeweils auf dem 5. Platz gezogen.

Bei der Rangliste zur Saisonmitte war Draisaitl hinter Stürmer Samuel Bennett auf Platz 2 der nordamerikanischen Feldspieler gesetzt und es wird erwartet, dass er aufgrund seiner gezeigten Leistungen in Price Albert, wo er in 64 Spielen 38 Tore erzielen und 67 weitere vorbereiten konnte, unter den ersten Fünf gelistet wird. Nachdem allerdings in der ersten Runde der Playoffs für ihn und sein Team bereits Schluss war und sich andere wie Konkurrent Sam Reinhart von den Kootenay Ice hier hervortun können, dürfte es für die Topplatzierung in der abschließenden Liste wohl nicht mehr reichen.

Außerdem wurde negativ diskutiert, dass Draisaitl bei der Junioren-Weltmeisterschaft Ende Dezember dem deutschen Team nicht wie erwartet den Stempel aufdrücken konnte. Zwar gehörte er zu den Leistungsträgern von Trainer Ernst Höfner und hatte seinen Anteil am letztendlich geschafften Klassenerhalt, aber herausragend war er eben nicht. Bis zum Draft wird sich allerdings noch einiges tun und es könnte gut möglich sein, dass Draisaitl bei der Weltmeisterschaft im Mai erstmals für das Herrenteam von Trainer Pat Cortina aufläuft und sich dort den Scouts vor dem Draft abschließend präsentieren kann. Für die Testspiele gegen Frankreich Ende nächster Woche wurde er zumindest nommiert.

Neben den bereits erwähnten Draisaitl, Bennett und Reinhart, werden Verteidiger Aaron Ekblad von den Barrie Colts (OHL) und Stürmer Michael Dal Colle von den Oshawa Generals (OHL) unter den besten Fünf erwartet, wie es die letzte Liste schon auswies.

NHL Director of Central Scouting Dan Marr deutete dies auch klar in einer Stellungnahme an: „Die Meinungen werden sich möglicherweise etwas geändert haben, weil wir jetzt mehr Beobachtungen von den Spielern haben, aber wenn man die Geschichte der Top 5 betrachtet, dann würde ich nicht erwarten, dass sich die Meinungen über diese Spieler (im Vergleich zu der Rangliste zur Saisonmitte) stark geändert haben. Wir werden mehr Diskussionen über die Rangfolge der Top 5 seit der Saisonmitte bis jetzt haben.“

Bei der Reihenfolge, die festgelegt wird, geht es aber nicht nur um die harten Faktoren, wie die Statistiken, sondern die Experten sitzen zusammen und versuchen objektiv zu diskutieren, ob derjenige Spieler für die NHL geeignet sein wird. „Der Faktor Projektion auf die NHL ist immer eine Schlüsselkomponente, besonders bei den Spieler, die für die erste Runde gelistet werden“, sagt Marr und wirft die letztendlich entscheidende Frage in den Raum: „Hat der Spieler die Fähigkeiten, Möglichkeiten und entsprechenden Werte sein Spiel, die Produktivität und seinen Spielstil in die NHL zu übertragen?“

Allgemein wird erwartet, dass es dieses Jahr besonders interessant wird, weil es keine großen Favoriten gibt. David Gregory als Mitarbeiter des Central Scouting prognostizert zumindest, dass dieser Draft am 27./28. Juni der am wenigsten voraussagbare in den 12 Jahren seiner Tätigkeit sein wird.

„Es ist wirklich ein interessantes Jahr“, betont Gregory. „Es wird aus zwei Gründen als das offenste Rennen angenommen, an dem ich jemals beteiligt war. Erstens könnte es sehr viele Änderungen bis hoch zur Nummer 1 geben. Zweitens ist es so eng und ausgeglichen, dass nach 20 bis 25 Spielern Züge querbeet durch die Auflistung gemacht werden könnten.“

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert