Calgarys Spaß am Eishockey

Die Playoffs haben sie längst verpasst, doch die jungen Spieler der Flames begeistern eine ganze Region.

81 Sekunden stehen noch auf dem Videowürfel im Saddledome von Calgary. Die Hausherren liegen mit 2-3 im Rückstand. Ihr finnischer Schlussmann Karri Ramo hat seinen Kasten bereits zugunsten eines weiteren Feldspielers verlassen und sechs Flames setzen sich im Verteidigungsdrittel der Gäste fest. Die Scheibe läuft schnell von Mann zu Mann. Der unbedingte Wille, diese Partie noch in die Verlängerung zu schießen ist bis in die obersten Ränge zu spüren. Das Heimteam wird angefeuert. Dann wird auch noch eine Strafzeit gegen Anaheim angezeigt, doch so stark wie sie auf den Ausgleichstreffer fixiert sind, denkt von Calgarys Spielern keiner daran den Puck an einen Duck zu geben, um die noch verbleibende Zeit mit sechs gegen vier auftrumpfen zu können. Als dies dann doch geschieht sind noch 19 Sekunden zu absolvieren. Jonas Hiller im Kasten der Ducks ist noch einmal gefragt, zum 32 mal in dieser Begegnung, er pariert. Schließlich ertönt die Schlusssirene und der große Favorit kann die zwei Punkte durch viel Geschick, aber auch mit Glück nach Hause nehmen.

Man hatte während der 60 Minuten nur äußerst selten den Eindruck, dass hier mit den Flames der Tabellenvorletzte in der Western Conference, ohne Aussicht noch ein Wörtchen um die Vergabe der Playoffplätze mitspielen zu können, gegen einen Titelaspiranten angetreten war, der sich sogar noch Hoffnungen darauf machen kann, den ersten Platz im Westen belegen zu können.

Das ganze Auftreten, die Körpersprache, der Einsatz der Protagonisten ähnelte schon eher einem alles entscheidenden Spiel 7 in einer Playoffserie.

Die Chemie stimmt in Calgary, das mussten in jüngster Zeit auch schon andere Topteams, die hier angetreten waren, feststellen. Zwei Tage zuvor hatten die San Jose Sharks, aktuell Tabellenerster in der Pacific Division, nach Penaltyschießen 1-2 gegen die sich niemals aufgebenden Hausherren den Kürzeren gezogen.

Stehende Ovationen sind in den letzten Wochen keine Seltenheit im weiten Rund des Saddledome und exemplarisch dafür, dass eine ganze Region hinter ihrem Team steht, das zwar in der Tabelle abgeschlagen ist, deren junge Spieler sich aber gefunden haben, die mit ihrem frischen Eishockey die Fans begeistern können. Der Anhang der Flames erkennt auch nach Niederlagen, dass ihre Youngsters alles gegeben haben und braucht nicht gesenkten Hauptes nach einem tollem Eishockeyspiel Hause gehen.

Das Management der Flames hat in den vergangenen, wenig erfolgreichen Jahren, gute Arbeit geleistet. Eine alternde Mannschaft wurde nach und nach durch junge Spieler ersetzt. Insgesamt zwölf Rookies kamen bei den Flames in dieser Saison schon zu einem Einsatz.

Der erst 19-jährige Sean Monahan, ihr Erstrundendraftpick im vergangenen Frühjahr, hat sich auf Anhieb einen Stammplatz im Kader erkämpft. Drauf und dran sich solch einen in der kommenden Spielzeit zu ergattern, ist auch Verteidiger Tyler Wotherspoon, dem gegen die Ducks, seinem elften Spiel im Flames-Jersey, sogar ein Assist, der vierte in dieser Saison, gelungen ist. Erst Anfang März war der 21-Jährige zum Team gestoßen und fand sich auf Anhieb zurecht. In den vergangenen drei Partien konnte er jeweils punkten.

Wunderschön war seine Aktion vor dem Ausgleichstreffer gegen San Jose. Er hatte freie Schussbahn, sah aber den vor dem Kasten freistehenden Joe Colborne, ein weiterer Center aus Calgarys junger Garde, bediente diesen und dieser ließ sich nicht zweimal Bitten.

Bereits 2008 von den Boston Bruins in der ersten Runde gedraftet wurde Colborne an die Maple Leafs abgegeben, dort schaffte es der Stürmer nicht sich durchzusetzen oder hatten vielleicht die Leafs sein Talent nicht richtig eingeschätzt und dabei verpasst es richtig zu fördern? In Calgary wurde ihm diese Zeit sich zu entwickeln gewährt. Er stand hier nach eigenem Bekunden weniger unter Druck und zahlt das seinem neuen Arbeitgeber mit Toren zurück. Von seinen bisherigen neun Saisontreffern schoss der 24 Jahre alte Colborne fünf in den Partien nach der Olympiapause. Auch am Bullypunkt ist er ungemein stark.

Calgarys Headcoach Bob Hartley hegt große Erwartungen in Colborne, wie er nach der Partie sagte:

„Er weiß noch gar nicht wie gut er ist. Er kann ein kompletter Spieler werden. Über den Sommer hinweg wird er an Kraft zulegen, wird schneller werden. Er hat unheimlich viel Stockgefühl und eine gute Puckbeherrschung, wird auch nicht hektisch wenn er an der Scheibe ist. Er hat alle Voraussetzungen, um ein wirklich guter Spieler zu werden.“

Auch wenn für die Flames diese Saison bald vorüber sein wird, die Zukunft sieht ganz rosig aus für dieses junge aufstrebende Team. Die Art und Weise wie die Flames ihre Mannschaft umgebaut haben, mit welchem Fingerspitzengefühl sie ihre Talente zu fördern wissen in diesem harten Geschäft, das könnten sich andere Teams, die schon lange daran arbeiten, nehmen wir zum Beispiel ihre nördlichen Nachbarn aus Edmonton, zum Vorbild nehmen.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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