Niederreiter: Die Nummer 22 der Wild

Im NHL Entry Draft 2010 schlug seine große Stunde. Nino Niederreiter wurde bereits an fünfter Stelle von den New York Islanders gedraftet, so hoch wie noch nie zuvor ein Schweizer. Er löste Michel Riesen als Besten mit dem 14. Rang in 1997 ab. Der steile Aufstieg des Jungen aus Chur schrieb ein weiteres Kapitel. Bereits 2009 kam Niederreiter aufgrund seiner außerordentlichen Fähigkeiten als 16-jähriger für den späteren Meister HC Davos in den Playoffs zu drei Einsätzen.

Im folgenden Herbst wechselte er nach Nordamerika zu den Portland Winterhawks in die Western Hockey League. Nach 60 Scorerpunkten in 65 Spielen und dem folgenden Draft erhielt er bei den Islanders einen Drei-Jahres-Vertrag. Mit 18 Jahren und 35 Tagen konnte Niederreiter am 13. Oktober 2010 gegen die Washington Capitals sein erstes NHL-Tor erzielen, was ihn zugleich zum jüngsten Torschützen der Franchise aller Zeiten machte.

Dann der erste Dämpfer, als er bereits nach neun Auftritten zurück nach Portland geschickt wurde und in der Spielzeit nicht mehr zurückkehrte. Da er in der WHL mit 70 Punkten in 55 Spielen erneut überzeugte, war er für die Saison 2011/12 in Long Island eigentlich für den Kader gesetzt.

„Es war eine schwierige Zeit für mich“, erzählt Niederreiter in einem geführten Telefonat. „Ich kann mich noch erinnern, dass ich mich im Trainingscamp verletzt habe und sechs Wochen ausfiel. Als ich zurückkam, machte ich vier oder fünf Spiele und hatte eine Gehirnerschütterung, mit der ich wieder zwei Wochen ausfiel. Es war ein ewiger Kampf und da ich dann in der Vierten Reihe gespielt habe, hatte ich nicht viel Zeit, mich zu zeigen.“

Die nüchterne Bilanz, die am Ende stand, waren ein Tor in 55 Spielen und eine Minus 29. Das darauf folgende, durch Lockout verkürzte Jahr musste Niederreiter wieder komplett in der AHL bei den Bridgeport Sound Tigers absolvieren. „Ich habe dabei viel gelernt“, zieht der 21-jährige Flügelspieler das Positive heraus und kommt auf seinen dann folgenden Wechsel zu den Minnesota Wild im vergangenen Sommer zu sprechen: „Ich wäre genauso zufrieden, wenn es dort geklappt hätte, aber jetzt gefällt es mir so auch gut.“

Von seinem neuen Arbeitgeber schwärmt Niederreiter förmlich: „Es macht mir Spaß hier zu spielen, denn es ist eine sehr gute Organisation mit tollen Fans.“ Nach 26 Scorerpunkten mit neun Toren und 17 Assists in 54 Partien zieht er sein erstes Fazit: „Bis jetzt läuft es gut und ich bin sehr zufrieden, wo ich stehe, aber ich weiß auch, wo ich mich noch verbessern kann, weil ich zum Beispiel schon einige Chancen ausgelassen habe. Aber das kommt mit der Zeit.“

Zum Abschneiden der Mannschaft, die derzeit mit 62 Punkten den achten und letzten Playoffplatz im Westen inne hat, äußert sich Niederreiter optimistisch, denn sie hätten einige Verletzte zu beklagen, die nach ihrer Rückkehr die Wild noch stärker machen würden. „Der Vorteil ist wiederum, dass wir Jungen jetzt gefordert sind und uns zeigen können“, sagt er überzeugend und schließt sich natürlich mit ein.

„Unser Ziel ist zunächst erst einmal die Playoff-Qualifikation zu schaffen, da sind wir sicher auf einem guten Weg“, formuliert er die kurzfristigen Ziele und sieht aber in der Zukunft weiteres Potenzial: „Darauf sollten wir dann für die mittelfristige Perspektive aufbauen.“

Niederreiter spielt eine gute Rolle in der Taktik von Trainer Mike Yeo und hat mit die beste Plus-/Minus vorzuweisen. Eine gute Ausgangsbasis, um sich weiter in der Liga zu etablieren und wichtiger Bestandteil der Entwicklung der Franchise zu sein.

Auf die Frage, wann es nach den Torhütern David Aebischer 2001 mit der Colorado Avalanche und Martin Gerber 2006 mit den Carolina Hurricanes wieder einen Schweizer Stanley Cup Sieger geben wird, nennt er zunächst artig andere Namen, ehe er doch ein Fünkchen Hoffnung für sich selbst sieht: „Ich hoffe bald und Anaheim hat mit Jonas Hiller und Luca Sbisa in ihren Reihen in diesem Jahr eine große Chance. Aber es ist so schwer diesen Cup zu gewinnen. Und nicht zuletzt hoffe ich, dass wir in Zukunft ein Anwärter werden.“

Liegt es möglicherweise an seiner Rückennummer 22, die Niederreiter bei den Islanders wegen Mike Bossy nicht tragen durfte, dass es in Minnesota wieder besser läuft und hat es einen Grund, warum diese Zahl für ihn wichtig ist? „Eigentlich nicht wirklich“, erklärt er. „Der Hintergrund ist der, dass ich zufällig die 22 bekam, als ich mein erstes Trikot mit Namen erhalten habe. Seitdem ist es meine Lieblingsnummer, die ich versuche zu bekommen.“

Natürlich stand als Thema noch Olympia aus, an dem Niederreiter erstmalig teilnehmen wird, nachdem er im vergangenen Jahr an der überraschenden Vize-Weltmeisterschaft der Eidgenossen mit fünf Treffern und drei Vorlagen maßgeblich beteiligt war. „Mit der letzten Weltmeisterschaft haben wir ein Zeichen gesetzt, dass wir nicht mehr die kleine Schweiz sind“, betont er selbstbewusst. „Das hebt das Selbstvertrauen. Wir haben die letzten Jahre schon immer gute internationale Wettbewerbe gespielt, sind aber nie über das Viertelfinale hinausgekommen. Aber jetzt brauchen wir uns nicht mehr verstecken.“

Trotzdem will Niederreiter eine genaue Prognose nicht abgeben. „Wir haben eine sehr gute Mannschaft mit zwei Top-Torhüter und einer starken Verteidigung“, gibt er zu Protokoll. „In der Offensive müssen wir halt schnell unsere Abstimmung in den Reihen finden, damit wir gute Olympische Spiele spielen können.“ Unterschätzen werden sie die großen Nationen sicher nicht mehr, ein bißchen Glück benötigen sie daher wohl auch.

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