Genugtuung für Canucks

Canucks lechzten um Revanche und Genugtuung für eine Niederlage, die eine ganz tiefe Narbe hinterlassen hatte.

Niemand in der Pazifikmetropole möchte sich an den Ausgang des letzten Gastspiels der Boston Bruins in der Rogers Arena vor ziemlich genau zweieinhalb Jahren erinnern. Die Canucks spielten eine Fabelsaison, die erfolgreichste ihrer gesamten Franchisegeschichte. Sie sammelten in der regulären Saison 117 Punkte – Franchise Bestwert – und spielten sich mit Siegen gegen die Chicago Blackhawks, die Nashville Predators und die San Jose Sharks in einen Playoffrausch. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte gingen die Blaugrünen favorisiert in ein Stanley Cup Finale.

Im Conference Finale zu Hause ungeschlagen – die Sharks mussten sich in allen drei Auswärtsspielen geschlagen geben – machten die Canucks den Finaleinzug perfekt.

In den ersten beiden Partien empfingen sie dort die Boston Bruins und erwischten einen Start nach Maß in die Serie. Beide Male gingen die Canucks als Sieger vom Eis und auch als sie ein drittes Mal die Braunbären empfingen, behielten sie die Oberhand.

Die heimische Rogers Arena ist nun zur uneinnehmbaren Festung geworden. Keiner konnte, als es am 15. Juni 2011 zum entscheidenden Showdown in der kanadischen Hafenstadt kam, so recht an einen Sieg der Bruins glauben. Immerhin vermochten die Canucks ihre letzten sechs Playoffheimspiele siegreich zu gestalten. Eine ganze Stadt war sich sicher. Niemand wird es wagen, ihren Playoffhelden mit dem Meeressäuger auf dem Bauch, die Butter vom Brot zu nehmen.

Doch die als versierte Lachsfischer bekannten Bären aus Boston wussten sich auch in der Jagd auf größere Wasserbewohner zu verstehen. Und bewiesen dies an dem besagten Tag eindrucksvoll. Mit 4-0 holten sie den seit knapp 40 Jahren sehnsüchtig erwarteten Cup zurück nach Neuengland. Während es in Beantown zu Feierlichkeiten kam, brannte in Vancouver wortwörtlich die Luft. Frustrierte Fans ließen ihrem Unmut lauf und es kam zu Ausschreitungen und Randalen. Die Bilder von fackelnden Autos und randalierenden Canucks Anhängern gingen um die Welt.

Im Vorfeld der Partie am Samstag versuchten sich beide Trainer darin, die Brisanz der Begegnung herunterzuspielen. Joe Tortorella, der am besagten Datum noch Coach bei den New York Rangers war, sprach von „Respekt vor den Boston Bruins, aber es ist einfach ein weiteres Spiel in unserem Plan.“

Bruins‘ Übungsleiter Claude Julien wies zusätzlich auf die Verletzungsmisere und Grippewelle, von der sein Team heimgesucht wird, hin. Mit Loui Eriksson, Chris Kelly, Marc Savard und Adam McQuaid fehlten ihm vier Stammspieler in der Aufstellung. Reilly Smith und Tuukka Rask gingen angeschlagen in die Party.

Dennoch, die lange Verletztenliste schien die Gelbschwarzen nicht aufzuhalten. Das Spiel an der nordpazifischen Küste sollte der Abschluss einer erfolgreichen Kanadareise werden. Mit neun Punkten im Gepäck aus den Begegnungen in Toronto, Calgary und zuletzt Edmonton kamen sie in Vancouver an – und verließen die Stadt mit selbiger Ausbeute.

Der grippegeplagte finnische Hüter im Bruinskasten erwischte einen rabenschwarzen Tag. Es war Jannik Hansens abgefälschter Schlagschuss von der Mittellinie, der ihm in der siebzehnten Spielminute in Slapstickmanier durch die Schoner sprang und den Torreigen der Gastgeber eröffnete. Fünf weitere Treffer, allesamt von einem anderen Schützen, sollten folgen. Vier davon ließ Rask passieren, die letzten beiden sein Ersatzmann Chad Johnson.

Kurioserweise war es der ebenso von der Grippe befallene Stürmer Reilly Smith, welcher noch am Vormittag beim Morningskate pausieren musste, der die beiden Bruinstreffer erzielte.

Die Westkanadier sind nun endgültig in der Saison angekommen. Im Dezember ungeschlagen, weisen sie nun eine Bilanz von sieben gewonnenen Spielen in Folge auf und haben damit den Anschluss an die Spitzengruppe in der Pacific Division gefunden. Sie stehen nun mit lediglich einem Punkt hinter den San Jose Sharks auf dem vierten Rang im Tableau.

Mit unterschiedlichen Gefühlen verließen die Canucks das Eis nach dem Spiel. Roberto Luongo sprach von „Genugtuung für die Finalniederlage“, Kapitän Henrik Sedin gab sich verhaltener: „Es ist zwar toll gewonnen zu haben, aber die haben immer noch den Cup.“

Sinnbildlich hierfür war eine Szene zu Beginn des dritten Drittels, als Brad Marchand nach einem Handgemenge mit Ryan Kesler diesen mit einer Geste aufzog. Er küsste seinen Stanley-Cup-Ringfinger und hob den imaginären Pokal empor. (Marc Rösch)

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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