Ehrhoff in Wartestellung

Es hat den Anschein, als wenn Christian Ehrhoff die Zeit gerne um über zwei Jahre zurückdrehen würde. Damals im Juni 2011 stand er mit den Vancouver Canucks im Endspiel um den Stanley Cup und das Ziel aller sportlichen Anstrengungen war so nahe. Ein läppischer Heimsieg fehlte zum ganz großen Triumph. Doch am Ende war nur Ernüchterung, denn die Boston Bruins entführten mit einem 4-0 Erfolg im entscheidenden Spiel 7 den Cup an die Ostküste.

Danach musste sich der deutsche Verteidiger, dessen Vertrag auslief, entscheiden. Entweder weiter Vancouver, die ihm aber nur eine Verlängerung um zwei Jahre anboten oder den Markt testen. Er entschied sich für letzteres und wurde mit einem fürstlichen Gehalt entlohnt. Die Buffalo Sabres ließen sich seine Unterschrift 40 Millionen US-Dollar für zehn Jahre kosten, wobei davon wegen der eingebauten Staffelung in den ersten beiden Jahren schon 18 Millionen US-Dollar geflossen sind. Ehrhoff war der Meinung nicht nur ein lukratives Angebot angenommen zu haben, sondern auch bei einem potenziellen Cupanwärter gelandet zu sein. Schließlich war die Franchise ambitioniert in ihrer derzeit 43-jährigen Geschichte erstmals den Stanley Cup gewinnen zu wollen.

„Es ist nicht das, was ich erwartet habe, als ich vor zwei Jahren hier unterschrieben habe“, sagt ein sichtlich angefressener Ehrhoff heute auf die Situation angesprochen, dass die besten Spieler der damaligen Mannschaft seit März dieses Jahres überwiegend gegen Züge beim Draft weggeschickt wurden.

Letztes Opfer war vor zwei Wochen der österreichische Topstürmer Thomas Vanek. „Das Management setzt jetzt auf junge Spieler und möchte es durch Drafts neu aufbauen“, erklärt der ehemalige Krefelder. „Das ist natürlich etwas frustrierend, weil das braucht Zeit und ich hatte mir erhofft, hier kurzfristig um den Cup mitspielen zu können, woran momentan aber nicht zu denken ist.“

Die genauen Hintergründe für den Richtungswechsel der Verantwortlichen in Buffalo sind nicht bekannt und ob es notwendig war, zur Trading Deadline die Reißleine zu ziehen und einen kompletten Neuanfang zu starten, wird erst die Zukunft zeigen. Fakten sind jedoch, dass der hochkarätige Kader zwei Mal in Folge die Playoffs verpasste. Aber dabei spielte mit hinein, dass das Verletzungspech dem Team in beiden Spielzeiten hold war. Außerdem bleibt die berechtigte Frage nach dem Gradmesser der verkürzten letzten Saison.

Tatsache ist jedoch, dass die Sabres der Liga nun hinterher laufen und mit nur vier Siegen aus 20 Spielen die Punktschlechtesten sind. „Die ganze Mannschaft ist enttäuscht vom Saisonverlauf“, betont Ehrhoff und spricht die Realitäten unverblümt an: „Wir sind momentan das schlechteste Team der Liga und das wohl auch verdient.“ Das schlägt sich auf die Stimmung im Team nieder: „Es ist nicht rosig. Wir versuchen das Beste daraus zu machen. Es gilt jetzt den Kopf hoch zu halten und positiv nach vorne zu schauen.“

Ehrhoff weiß, dass er an seiner dritten NHL-Station nach San Jose und Vancouver am Scheidepunkt angelangt ist. Er hat einen sehr gut dotierten Vertrag mit dem er ausgesorgt hat, aber der sportliche Erfolg soll ebenso stimmen. Dieses Ziel ist ihm abhanden gekommen. Mit seinen 31 Jahren ist er im besten Alter, hat jedoch nicht mehr ewig Zeit. Der Zenith ist absehbar.

Wird er nun Bestandteil der neuen Sabres und soll er als Führungsspieler die neue Mannschaft leiten oder stehen auch bei ihm die Zeichen auf Abschied? „Keine Ahnung“, äußert er sich zu der brisanten Frage und wird sogleich diplomatisch: “ Ich habe einen laufenden Vertrag und deswegen keinen Einfluss darauf. Das hängt vom Management ab und das wird man sehen. Gespräche in die eine oder andere Richtung gab es nicht.“

Es deutet daher viel darauf hin, dass General Manager Darcy Regier abwarten möchte, wie er mit seinen Topleuten Ehrhoff und Torhüter Ryan Miller, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft, verfährt.

Es bleibt ihm also nur eine abwartende Haltung einzunehmen. Dem Anschein nach ist aber Ehrhoff ebenfalls eher einer neuen Aufgabe gegenüber aufgeschlossen. Zu indifferent sind die gezeigten Leistungen, denn dem überraschenden Sieg in San Jose folgten eine Niederlage bei den Kings, wo sich die Sabres noch ganz ordentlich präsentierten, aber am folgenden Abend bei den Anaheim Ducks mit 6-2 untergingen. Bitter für Ehrhoff, dass er diese Leistung nach einer Verletzung am Vortag nur von der Pressetribüne aus verfolgen konnte. Immerhin war das Problem nicht so schlimm und er wirkte gestern wieder mit, als beim 3-2 im Penalty schießen gegen die Kings der erste Heimerfolg gelang.

Ein weiterer Deutscher ist ebenfalls von den Vorgängen in Buffalo betroffen. Alexander Sulzer befindet sich seit Saisonbeginn im Farmteam und durfte bisher nur eine Partie in der NHL absolvieren. Problem des 29-jährigen Allgäuers ist laut Ehrhoff, dass ihm derzeit die jungen Verteidiger vorgezogen werden, um sie zu testen. Die Nummer 10 der Sabres gibt aber auch in dieser Frage ein klares Statement ab:

„Alexander gehört einfach in die NHL.“ Spannung ist daher angesagt, wie es mit beiden weitergeht.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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