Wenn es in der NHL zum Duell der Philadelphia Flyers und den New York Rangers kommt, dann wird in aller Regel ein umkämpftes Divisionsspitzenspiel mit Derbycharakter erwartet, in dem sich beide Mannschaften auf Augenhöhe begegnen. Beim Aufeinandertreffen in der Nacht zum Freitag ist diese Augenhöhe wieder gegeben, allerdings nicht am Tabellenanfang, sondern am Tabellenende der Metropolitan Division. Nur das ebenfalls schlechte Abschneiden der Buffalo Sabres in der Atlantic Division verhindert ein Kellerduell in der gesamten Eastern Conference.
Auch wenn erst knapp ein Zehntel der gesamten Spiele in dieser Saison absolviert sind, dürfte es einen interessanten Schlagabtausch geben, denn die Rangers mit nur zwei Siegen aus den bisherigen sieben Partien stehen ebenso schon unter Druck wie die Flyers mit nur einem Erfolgserlebnis in acht Begegnungen. Das Team aus der Stadt der brüderlichen Liebe, wie es so schön heißt, hat sogar schon einen Trainerwechsel hinter sich, der noch nicht viel gefruchtet hat. Craig Berube hat Peter Laviolette bereits nach drei Spielen – allesamt Niederlagen – beerbt und seitdem lediglich einen Sieg bei fünf Möglichkeiten geholt.
Ursachenforschung steht deswegen auf dem Tagesplan des Trainerteams und Managements in Philadelphia, aber die Spieler sind von der Situation nicht ausgenommen. Bohrende Fragen von Journalisten müssen beantwortet werden. „Wenn alles läuft, dann denkst du nicht nach“, sagt der erfahrene Kimmo Timonen, der schon 15 Jahre in der NHL aktiv ist. „Du gehst nur raus, spielst das Spiel und verlässt dich auf deine Instinkte. Manchmal wenn Dinge nicht so gut laufen, dann gehst du auf das Eis und denkst zuviel darüber nach. Und du sagst: ‚Ok, was kann ich besser machen?‘ So machst du mehr als notwendig und spielst nicht mehr das gewohnte System und so kommt eines ins andere.“
Groß war die Euphorie am Saisonanfang, wo mit den Abgängen von Ilya Bryzgalov und Daniel Briere, sowie den Zugängen Vincent Lecavalier, Mark Streit und Ray Emery ein Neuanfang gewagt wurde, der sofortigen Erfolg versprechen sollte. Doch so ist nun nach drei Wochen Ernüchterung und Verunsicherung rund um das Well Fargo Center eingekehrt. Das Spielen mit taktischen Varianten und der Zusammenstellung der Reihen ist ein Rettungsanker, den Berube nun ausgeworfen hat.
Sehen wir uns zunächst die Fakten an: Nur elf erzielte Tore in acht Spielen entspricht einem Durchschnitt von gerade einmal 1,4. Auf der anderen Seite haben die Flyers immerhin im Schnitt 27,6 Torschüsse auf das gegnerische Gehäuse abgegeben, was bedeutet, dass es besonders an der Verwertung der Schüsse liegt, weswegen es nicht zu mehr Effizienz reicht. In Überzahl war nur eine Situation von den letzten 21 erfolgreich.
Ein erstes Opfer der Gegebenheiten ist der bereits erwähnte Timonen. Der 38-jährige finnische Verteidiger konnte diese Spielzeit noch keinen Scorerpunkt erzielen. Letztes Jahr war er mit 17 Punkten im Powerplay der drittbeste Defensivmann der gesamten NHL in dieser Kategorie. Coach Berube wird daher im kommenden Spiel zum ersten Mal seit Timonen 2007 ein Flyer wurde auf seine Dienste in Überzahl verzichten und den Schweizer Mark Streit an seiner Stelle auflaufen lassen.
Er ist für den Trainer jedoch nicht der alleinige Sündenbock. „Er weiß, dass er besser spielen kann“, betont Berube.“ Es gibt einige Jungs, die wissen, dass sie besser spielen können. Ich bin nicht hier, um irgend jemand hervor zu heben.“
Schmerzlich vermisst wurde die letzten Spiele Lecavalier, der verletzt war und wohl gegen die Rangers wieder auflaufen wird. Er soll der Offensive einen neuen Schub geben. Doch seine angestammte und aus 15-jähriger NHL-Karriere gewohnten Position als Center darf der 33-jährige Kanadier nicht mehr besetzen. Berube spielt mit den Reihen und wird Lecavalier wohl erstmals auf der rechten Seite neben Center Claude Giroux und dem Youngster Mike Raffl aus Österreich auf der linken Seite einsetzen. Der 24-jährige Villacher könnte der große Gewinner der aktuellen Situation in Philadelphia werden. Er wurde nach der Verletzung von Lecavalier am 12. Oktober aus der AHL geholt und rückt nun gleich in die erste Reihe auf.
„Er hat Fähigkeiten, er ist groß und er kann sich bewegen“, äußert sich der Trainer positiv über Raffl. „Er sieht für mich sehr sicher auf dem Eis aus. Seine Größe und seine Fähigkeiten verleiten einem dazu.“ Raffl weiß, dass das Geschäft schnelllebig ist und es keine Garantie gebe, dass es denn auch klappt mit seiner Nominierung in die Topreihe.
Ob in der erwarteten Konstellation oder nicht, die Partie in der kommenden Nacht verspricht Spannung, denn um nicht am Tabellenende fest zu sitzen, müssen sowohl für die Flyers, als auch für die Rangers Erfolge her.