Ralph Krueger kämpft um seine Chance

„Im Februar 2010, angeführt von Steve Tambellini, begannen wir einen kompletten Neuaufbau mit der Vorstellung herausragende Spielertalente zu verpflichten“, sagte Kevin Lowe als zuständiger Präsident für dem Spielbetrieb bei den Edmonton Oilers auf einer Pressekonferenz am letzten Montag und zog gleich darauf eine ernüchternde Bilanz: „Aber anstatt wenigstens in Teilen einen Fortschritt aufzuzeigen, ist die Angelegenheit die, dass wir weder dort sind, wo wir sein wollen, noch dort, wo wir sein sollten.“

Klare Worte, mit denen Lowe die Entscheidung begründete, warum er kurz zuvor Tambellini von dessen Verpflichtungen entbunden und seinen Stellvertreter Craig MacTavish zum neuen General Manager ernannt hatte. Lowe wurde noch deutlicher: „Lassen Sie es mich klar ausdrücken“, fuhr er fort.

„Wir sind nicht dort, wo wir jetzt sein sollten und das ist inakzeptabel. Und wir müssen besser werden, sofort. Das beginnt heute. Fünf in Folge zu verlieren, wie wir verloren haben, wo wir (in der Tabelle) stehen, alle diese Dinge flossen in die Entscheidung ein. Wenn wir etwas tun können, warum sollten wir warten?“

Ein General Manager als Opfer nicht erreichter Erwartungen? Alle Aussagen vor und während der Saison waren in Edmonton darauf ausgerichtet, dass dieses Jahr endlich nach sechs Jahren Abwesenheit (2006 standen die Oilers sogar im Stanley Cup Finale) mit stets dem letzten oder vorletzten Platz in der Liga die Playoffqualifikation geschafft werden sollte. Die schlechten Platzierungen sorgten indes dafür, dass die Oilers sich bei den Drafts mit Taylor Hall, Ryan Nugent-Hopkins und Nail Yakupov drei Toptalente sichern konnten.

Zu Beginn der Saison wurde der deutsche und ehemalige Schweizer Nationalcoach Ralph Krueger zum Cheftrainer befördert. Er hatte die beiden Jahre zuvor als Assistent für den Club gearbeitet und dem in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Überzahl- und Unterzahlspiel zur neuen Blüte verholfen. Es wurden ideale Voraussetzungen geschaffen, um die Miserie endlich zu beenden und bis Anfang April sah es auch noch gut aus. Dann folgten jedoch fünf Niederlagen in Folge, die den Abstand bei immer weniger zu absolvierenden Spielen zu groß werden ließen.

Zwangsläufig kam bei der Pressekonferenz das Thema Krueger ebenfalls zur Sprache, weil diese Position sonst bei fehlenden Siegen stets prädestiniert für Entlassungen ist. Der neue GM MacTavish, der selbst bei den Kanadiern von 2000 bis 2009 hauptverantwortlich hinter der Bande stand, machte deutlich, dass das Abschneiden der Mannschaft seiner Meinung nach wenig mit den Trainern zu tun habe. Er sei zufrieden mit der Arbeit von Krueger und seinen Assistenten Steve Smith und Kelly Buchberger.

„Wir müssen unseren Trainern bessere Werkzeuge an die Hand geben, um auf dem NHL Niveau zu bestehen“,

legte er die Verantwortung eher in den Bereich des Managements.

Doch die Realität dürfte anders aussehen. Der Wechsel des General Managers zeigt, dass die Verantwortlichen nicht mehr so viel Geduld für einen Neuaufbau aufbringen, wie es vielleicht nötige wäre. Es müssen positive Ergebnisse her und deswegen dürfte der Druck auf Krueger und seine Kollegen spätestens zu Beginn der neuen Saison immens steigen. Noch vor ein paar Wochen lobte er die Rahmenbedingungen bei seinem Arbeitgeber:

„Es sind ausgezeichnete Voraussetzungen hier in Edmonton von der Führung her. Durch die jungen Spieler arbeiten wir an einem langfristigen Konzept den Stanley Cup wieder zurück nach Edmonton zu holen.“

Anscheinend breitet sich im Umfeld Nervosität aus.

Die letzten Tage angesprochen auf den Personalwechsel und die Auswirkungen auf seine Situation äußerte sich Krueger diplomatisch:

„Ich bin seit 24 Jahren in diesem Job und ich denke über solche Sachen nicht nach. Ich glaube, dass alles in deinem Leben aus einem bestimmten Grund passiert und deine Aufgabe ist das beste daraus zu machen, egal unter welchen Umständen.“

Gleichzeitig betonte er, dass sich wenig für ihn ändere, weil er die Beteiligten aus ihren bisherigen Tätigkeiten für die Franchise gut kenne und hielt ein Plädoyer für sich und seine Arbeit:

„Ich denke wir sind trotz der letzten Rückschläge auf einen guten Weg und es ist meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Spieler selbst in solchen Situationen das Positive mitnehmen und lernen damit umzugehen. Dann werden wir für die Zukunft stärker. Ich fühle immer noch die gleiche Leidenschaft für meine Arbeit wie am Anfang.“

Krueger ist ein akribischer Arbeiter und spricht bei seiner Aufgabe stets von 24/7 Eishockey, also Arbeit rund um die Uhr und jeden Tag. Der 53-jährige gebürtige Kanadier als Sohn ausgewanderter deutscher Eltern ist zweifelsohne ein Aushängeschild des deutschen und des schweizer Eishockeys, nachdem er dort über 12 Jahre von 1998 bis 2010 für den Verband äußerst erfolgreich wirkte. Er möchte in Edmonton etwas aufbauen und unterstreicht dies mit seiner Philosophie:

„Es geht mir nie um das einzelne Ergebnis. Wir müssen das umsetzen, was wir lernen, dann sind Erfolge das logische Nebenprodukt.“

Der 45-fache deutsche Nationalspieler weiß genau, dass bereits in den letzten sechs Spielen die nun schon sechs Partien dauernde Niederlagenserie gestoppt werden muss und weitere Siege erwartet werden, wenngleich der Playoffzug dieses Jahr bereits ohne die Oilers abgefahren ist. Die Zeiten, in denen man sich in Edmonton mit letzten und vorletzten Plätzen begnügt hat sind offensichtlich vorbei. Erfolge müssen sich also bald einstellen, sonst könnte die Luft für Krueger selbst dünn werden und der zweite Schuss des Managements kein Warnschuss mehr sein, sondern ihn treffen.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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