Der SC Bern wäre wahrscheinlich sehr froh sein Eigengewächs in den derzeitigen Playoffs der Nationalliga A in den Reihen zu haben. 18 Tore haben sie in vier Spielen der Halbfinalserie gegen den EV Zug bereits kassiert. Da könnten sie einen Verteidiger wie Roman Josi gut gebrauchen. Doch der erst 22-jährige Schweizer hat sich im Sommer 2010 nach USA verabschiedet und versucht dort, abgesehen von seinem Intermezzo in der Heimat im Herbst letzten Jahres, sein Glück.
So wie es aussieht, ist die gerade getroffene Feststellung aber reines Understatement, denn schon im letzten Jahr zeigte Josi, dass mit ihm zu rechnen sei. Nach einer erfolgreichen Saison 2010-11 bei den Milwaukee Admirals in der AHL mit 40 Scorerpunkten, bekam er in der letzten Spielzeit die Chance in der NHL aufzulaufen. 52 Spiele durfte er absolvieren und erzielte dabei fünf Treffer und bereitete elf weitere vor. Hinzu kam die erste Playofferfahrung mit dem Einzug in die zweite Runde.
Im Sommer tat sich in der „Music City“, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Tennessee, einiges. Starverteidiger Ryan Suter erlag dem Ruf des großen Geldes und zog gen Norden zu den Minnesota Wild. Sein Kompagnon Shea Weber beschäftigte sich ebenfalls mit anderen Angeboten und das Defensivgefüge der Predators schien komplett auseinander zu brechen. Das Management konnte schließlich den 27-jährigen Kanadier mit einem 14-Jahres-Vertrag an das Team binden. Ein Glücksfall für Josi, der seitdem mit Weber zusammen in erster Reihe verteidigen darf. „Für mich als junger Spieler ist das natürlich super, neben einem Weltklasse-Verteidiger wie ihm spielen zu können“, sagt Josi über seinen Partner. Weber nahm ihn sogar kurzfristig in seinem Haus auf, als Josi nach Ende des Lockouts nach USA zurückkehrte und eine neue Unterkunft suchte.
Der von Nashville 2008 in der zweiten Runde an der 38. Stelle gedraftete Spieler fühlt sich in seiner neuen Rolle sichtlich wohl. Er bekommt von Trainer Barry Trotz kontinuierlich um die 23 Minuten Eiszeit pro Partie und seine bisherigen fünf Tore und 10 Assists in 33 Auftritten können sich durchaus sehen lassen. Josi gibt aber durchaus zu, dass durch die neue Stituation etwas mehr Druck auf ihm lastet. „Fehler werden dir nicht mehr so schnell verziehen wie früher“, bemerkt Josi trocken, aber auch bewusst, dass er diese Erwartungshaltung akzeptiert und als Herausforderung sieht.
Um zukünftig noch besser auf dem Eis zu agieren, hat Josi extra seine Ernährung umgestellt, wo er die Einnahme von Kohlenhydraten deutlich reduziert hat. Ergebnisse sind, dass sein Fettgehalt im Körper gesunken ist und er dadurch an Gewicht verloren hat. Außerdem regeneriert er schneller, was ihm in dieser verkürzten und dadurch, mit Begegnungen fast jeden zweiten Tag, sehr intensiven Saison zu Gute kommt.
Roman Josi ist mit seinen Leistungen durchaus in den Fokus gerückt. Nach dem Spiel gegen die Dallas Stars am 25. Februar, wo er zwei Tore inklusive des Siegtreffers in der Verlängerung und zwei weitere Vorlagen verbuchte, wurde er von Moderator EJ Hradek in der Sendung NHL Live als einer der fünf unterbewerteten Verteidiger der Liga eingestuft. „Als wir vor der Saison Manager David Poile fragten, wer den Abgang von Suter kompensieren solle, erwähnte dieser Josi und er behält Recht“, führte Hradek seine Argumentation aus.
Fakten, die natürlich zählen werden, wenn Josi um einen neuen Vertrag verhandelt, weil sein derzeitiger Kontrakt im Sommer ausläuft. „Ich hoffe, dass ich bleiben kann“, bemerkt Josi, der im Fall einer fehlenden Unterschrift bis Ende Juni ohnehin nur restricted Free Agent wird, das heißt seine Transferrechte bei Nashville bleiben werden. Der Eidgenosse betreibt aber auf jeden Fall gute Werbung in eigener Sache.
Das Potenzial der Mannschaft ist indes noch steigerungsfähig. Derzeit stehen die Predators nur auf dem 9. Platz, also eine Position hinter den Playoffrängen. Sie sind jedoch punktgleich mit den vor ihnen liegenden San Jose Sharks, die allerdings zwei Spiele weniger absolviert haben. Punkte müssen also geholt werden und die zuletzt drei Siege in Serie gegen Calgary, Columbus und Edmonton bilden eine wichtige ausbaufähige Grundlage. Genau einen Monat geht die reguläre Saison noch und nicht nur Josi selbst hofft, dass dann für ihn nicht schon die Sommerpause beginnt und er weitere Playofferfahrung sammeln kann.