Rookie mit 30

Anaheims Rookie Viktor Fasth überzeugte bei seinen Auftritten und macht Hiller die Nummer 1 streitig.

Tatort Pepsi Center Denver, eine Spielertraube in weißen Trikots und mit schwarzen Hosen versammelt sich um das, von der Hauptkamera aus gesehen linke Tor, um nacheinander einen Mann, ihren Torwart, zu beglückwünschen. Eben haben die Anaheim Ducks die Colorado Avalanche mit 3-0 Treffern bezwungen und sie wissen ganz genau, wem sie diesen Erfolg auch zu verdanken haben – Viktor Fasth. Der schwedische Schlussmann bestritt am Mittwochabend in Denver erst seine vierte NHL-Partie und hielt bei seinem ersten NHL-Shutout mit 31 Rettungstaten den Kasten sauber. Anschließend, in den Katakomben der Arena, bedankte sich der überglückliche Fasth zunächst einmal bei seinen Teamkollegen:

„Meine Vorderleute haben hochkonzentriert gespielt, so etwas kann man sich als Torwart nur wünschen. Natürlich freue ich mich über den Shutout, doch an allererster Stelle ist es wichtig, dass wir auswärts gewonnen haben.“

Zu Siegen, das haben die Ducks mit ihrem neuen Mann zwischen den Pfosten durchaus gelernt. Zum ersten Mal in ihrer Franchisegeschichte konnte ein Torwart der Ducks seine ersten vier Einsätze gewinnen. Wer ist dieser Mann, der ungedraftet mit schon 30 Jahren seine Rookie-Saison in der NHL absolviert und der Anaheims eigentlicher Nummer 1, dem Schweizer Jonas Hiller, seinen Stammplatz streitig macht?

Fasth hatte im Frühjahr als Free Agent einen Einjahresvertrag bei den Südkaliforniern unterzeichnet. Das kam nicht von ungefähr, denn der erfahrene Schlussmann hatte mit seinen herausragenden Vorstellungen bei den IIHF-Eishockeyweltmeisterschaften 2011 und 2012 für die Tre Kronor international bereits auf sich aufmerksam gemacht. Bei der WM 2011 wurde er als Silbermedaillengewinner in das All Star Team berufen und als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. In den beiden letzten Spielzeiten bei AIK wurde er mit der Honken Trophy als bester Torhüter der schwedischen Elitserien geehrt. Empfehlungen, die dem Management der Ducks nicht entgingen, wenngleich sie doch etwas überrascht sein durften, mit welcher ausgezeichneten Performance der Skandinavier in sein erstes NHL-Jahr startet. Auch Anaheims Trainer Bruce Boudreau will sein Erstaunen nicht verheimlichen, angesichts Fasths Leistung auf dem Eis:

„Ich habe mir nicht vorstellen können, dass er zu uns kommt und auf Anhieb so einschlägt. Das ist eine riesengroße freudige Überraschung.“

Mit seiner sportlichen Biographie und dem späten Wechsel nach Nordamerika in die NHL lässt Fasth Erinnerungen wach werden an einen Tim Thomas, der ebenso wie der Schwede niemals gedraftet wurde, seine Profikarriere in Skandinavien begonnen und sogar eine Saison lang für AIK gespielt hatte. Am Ende stand bekanntermaßen der Stanley Cup Gewinn 2011 mit den Boston Bruins. Bis dahin ist es aber noch ein weiter, steiniger Weg für Anaheims Entdeckung.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge dürfte Jonas Hiller, der als unumstrittene Nummer 1 der Ducks in die Saison gestartet war, die Erfolge seines Mannschaftskollegen, aber auch Kontrahenten, verfolgen. Im Vorjahr war der Schweizer noch sicher gesetzt gewesen, 73 von 82 Saisonspielen durfte er für die Kalifornier bestreiten. Die damaligen Ersatzleute, Dan Ellis und Jeff Deslauriers, standen ganz klar hinter dem Thurgauer an. Während Fasth in seinen vier Einsätzen nur vier Gegentreffer kassiert hat, waren es bei Hiller deren 18 in fünf Spielen.

Doch der sympathische Schweizer weiß genau wie er mit Erfolg und Misserfolg umzugehen hat. Diesen Lernprozess hat er als langjähriger Profisportler längst hinter sich und er wird sich durchkämpfen, in jeder Übungseinheit, bei jeder Gelegenheit, die sich ihm bietet, sein Bestes geben. Er wird die aktuelle Situation auch als Motivation betrachten, wie schon in den Jahren 2007 bis 2010, als er bei den Ducks zusammen mit Jean-Sebastien Giguere ein hervorragendes Duo gebildet hatte. Wegen der auf 48 Spiele verkürzten Saison ist es zwar weniger notwendig auf der Torhüterposition zu wechseln, doch Boudreau wird ihm erneut Chancen geben sich auszuzeichnen:

„Hilly wird bald wieder spielen und dann wird er hoffentlich ebenso gut sein wie Fasth.“

Auf jeden Fall befinden sich die Anaheim Ducks in einer sehr komfortablen Situation. Was kann sich eine Franchise mehr wünschen, als auf zwei Torhüter zurückgreifen zu können, mit denen es möglich ist Spiele zu gewinnen. Bereits sieben Siege in neun Partien und stolze 15 Punkte stehen aktuell ebenso auf der Habenseite der Kalifornier wie die Tabellenführung in der Pacific Division und ihr bester Saisonstart seit der Spielzeit 2006/07.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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