Greiss schreibt Geschichte

Als am Samstag das Spiel zwischen der Colorado Avalanche und den San Jose Sharks beendet war, standen eine Szene und das daraus resultierende Ereignis im Fokus des Interesses: Sharks Brad Stuart hatte Avalanche Kapitän Gabriel Landeskog hart gecheckt und Ryan O’Byrne rächte diese Aktion mit einem spontanen Faustkampf, für den er als Anstifter vier Minuten plus Disziplinarstrafe mehr aufgebrummt bekam als sein Kontrahent. Die anschließende zweimalige Überzahl nutzte Patrick Marleau zu zwei Treffern und stellte so den Rekord von vier Zwei-Tore-Spielen zum Auftakt von Cy Denneny aus dem Jahr 1917 ein.

Klar, dass damit ein anderes Vorkommnis in den Hintergrund gedrängt wurde, was aber aus deutscher Sicht mindestens ebenfalls mehr als eine Erwähnung wert ist. Ersatztorhüter Thomas Greiss durfte zum ersten Mal in dieser Saison von Beginn an spielen und hielt sich bei 24 Torschüssen der Gäste schadlos. Er feierte damit in seinem 39. Einsatz in der NHL seinen ersten Shutout. Aber nicht nur für ihn persönlich war es ein Meilenstein, sondern für das deutsche Eishockey an sich. Er ist damit nach Olaf Kölzig erst der zweite Eishockeyspieler mit deutscher Staatsbürgerschaft, dem dieses Kunststück gelang. Weil aber Kölzig in Südafrika geboren ist, wird nun Thomas Greiss als der erste in Deutschland geborene Torhüter gelistet, der in der NHL zu Null spielte. „Das habe ich noch gar nicht gewusst, aber es ist natürlich schön so etwas zu hören“, sagt der gebürtige Straubinger und in Füssen beheimatete Greiss und lacht, als er darauf angesprochen wird.

In der ersten Stellungnahme nach der Partie gab er den amerikanischen Kollegen zu Protokoll, dass es großartig war und hob aber gleichzeitig seine Vorderleute hervor: „Ich musste immer nur den ersten Save machen und die anderen haben den Rest erledigt und haben auch viele Schüsse geblockt. Sie haben es mir heute einfach gemacht. Dass wir mit ein paar Toren in Führung gegangen sind, hat mir außerdem Sicherheit gegeben.“

Solche Auftritte nähren natürlich die Hoffnung auf weitere Einsätze, zumal die Saison in diesem Jahr sehr kompakt ist und daher mehr Abwechslung bei den Schlussmännern Sinn macht. „Ja und Nein“, ist Greiss zwiespältig. „Wir haben natürlich einige Spiele in zwei Tagen, wo ich schon hoffe auch Einsätze zu kriegen. Andererseits obliegt es einzig und alleine dem Trainer, wen er einsetzen will und von daher warte ich das einfach ab.“

Zumindest ist Greiss in der komfortablen Lage, dass er nun wieder die unumstrittene Nummer 2 bei den Sharks ist. Nach einer guten Saison als Backup von Evgeni Nabokov in der Spielzeit 2009-10, fand sich der Bayer plötzlich im Folgejahr als drittes Rad am Wagen wieder, weil das Teammanagement nach dem Abgang von Nabokov erst Antero Niittymaki aus Tampa und schließlich auch noch den frisch gebackenen Stanley Cup Sieger Antti Niemi aus Chicago, die heutige Nummer 1, verpflichtete. Er wurde deswegen kurz nach Saisonbeginn nach Schweden transferiert, was viele schon als Ende seiner Laufbahn in der NHL sahen. Doch der 27-jährige Torwart strafte die Kritiker Lügen. Heute sagt er rückblickend: „Ich konnte dort vielleicht ein paar Spiele mehr absolvieren, wäre aber trotzdem lieber in San Jose oder Nordamerika geblieben.“

In dieser Saison sieht er für seine Mannschaft, die mit fünf Siegen hervorragend aus den Startlöchern gekommen ist, einiges Potenzial: „Es ist zur Zeit zwar noch schwer zu sagen, weil man einige Teams noch nicht so richtig einschätzen kann, aber ich bin schon positiv gestimmt. Ich glaube wir haben dieses Jahr eine gute Chance weit zu kommen.“

Eine Basis hierfür ist die Kollegialität. Einen Beweis hierfür lieferte die gesamte Mannschaft, als sie dem Deutschen nach dem Sieg geschlossen beglückwünschten. Kapitän Joe Thornton bedankte sich sogar ausdrücklich bei ihm, weil Neuzugang Scott Gomez bei einem Sieg in seinem ersten Auftritt für San Jose ein Abendessen für den kompletten Kader auslobte. „Da haben wir ein Späßchen drüber gemacht, dass ich mich heute besonders anstrengen musste“, gibt Greiss auf Nachfrage an.

Glück hat der Backup der Sharks nach eigenen Worten, dass er an seinem heutigen 27. Geburtstag nichts ausgeben muss. Das ist eher unüblich. Und auch der Trainer Todd McLellan hat beim heutigen Spiel gegen die Anaheim Ducks kein Geburtstagsgeschenk parat, weil erneut nur der Platz auf der Bank bleibt: „Es geht ums Geschäft und da interessiert niemand ein Geburtstag“, sagt Greiss zum Abschluss trocken.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de.

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