Die ersten Europäer

Von Spielern die auszogen um Neuland zu betreten oder wie die NHL Europa entdeckte.

In der vergangenen Saison 2011/12 stammten fast 23 Prozent aller NHL-Spieler aus Europa und somit ähnlich viele wie aus den Vereinigten Staaten.

Obwohl der prozentuale Anteil der aus Europa stammenden Spieler in der NHL im vergangenen Jahrzehnt zurückging, kann sich kaum eine andere Liga damit rühmen über ein solches internationales Spielerpotenzial zu verfügen, so stark global ausgerichtet und besetzt zu sein, wie im letzten Jahr die National Hockey League. Die stärkste Fraktion unter den Europäern stellten mit 68 Aktiven die Schweden dar.

Dabei hatte es Jahrzehnte gedauert, ehe die nordamerikanische Eishockeyliga die europäischen Topspieler für sich entdeckt hatte.

Der erste Draft Pick

Bei den ersten fünf NHL Drafts bis 1973, wurde gerade einmal ein einziger Europäer gezogen, der auch auf dem alten Kontinent ausgebildet wurde. Es war der Finne Tommi Salmelainen, den 1969 die St. Louis Blues in der sechsten Runde an Nummer 66 ausgewählt hatten. Der Weg ins Team der damals noch jungen Franchise blieb dem Flügelstürmer aber verwehrt und er schnürte bis zum Ende seiner Eishockeykarriere die Schlittschuhe für seinen Heimatverein HIFK Helsinki.

Der erste NHLer

Auch der erste in Europa aufgewachsene Spieler, der im Kader eines NHL-Teams stand, war ein Skandinavier. Der Schwede Ulf Sterner, eingefleischte deutsche Eishockeyfans kennen ihn eventuell noch aus seiner Zeit als Trainer in Bayreuth, bei Hedos München oder beim EV Landshut in den 80er Jahren. Er bestritt am 27. Januar 1965 für die New York Rangers eine Partie gegen die Boston Bruins.

Bereits zwei Jahre zuvor waren die Rangers auf den Center aufmerksam geworden, der 1962 mit seinem Nationalteam die Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft gewonnen hatte. Es folgte die Einladung zum Trainingscamp. Durch überzeugende Vorstellungen in der CHL bei St. Paul und in der AHL für Baltimore bekam Sterner die Chance sich bei den Rangers auszuzeichnen. Nach vier Partien, in denen er punktlos geblieben war, war für Sterner auch schon das Abenteuer NHL beendet.

Obwohl Sterner trotz seiner Größe von 1,90m zu den schlittschuhtechnisch Versiertesten der Liga zählte, kam er nicht mit der körperbetonten nordamerikanischen Spielweise zurecht und kehrte Nordamerika den Rücken zu.

Wenngleich in den folgenden Jahren immer wieder einige europäische Spieler zu Trainingscamps eingeladen wurden, darunter mit Vic Tisler und Toni Gale sogar zwei Slowenen von den Los Angeles Kings, war der erste, der den Durchbruch in der NHL schaffte erneut ein Schwede und dieser sollte in die Annalen des Eishockeysports eingehen .

Der erste Stammspieler

Jener Pionier, der die Sicht der Verantwortlichen bei den NHL-Franchisenehmern gegenüber aus Europa stammenden Eishockeyspielern veränderte hieß Borje Salming. Ungedraftet verpflichteten ihn die Toronto Maple Leafs vor der Saison 1973/74 im Alter von 22 Jahren und der beinharte Verteidiger setzte sich durch, verschaffte sich mit der Zeit den Respekt von seinen Kontrahenten. Von den Gegnern wurde Salming als europäischer Eindringling in ‚ihre‘ Liga zunächst nicht akzeptiert.

In einem Interview mit der Hockey News beschreibt er das damalige Szenario aus einer Partie gegen die Philadelphia Flyers, die unter dem Spitznamen ‚Broadstreet Bullies‘ berüchtigt waren, folgendermaßen:

„Sobald wir Bully vor der Spielerbank der Flyers hatten lehnten diese sich über die Bande und schrien, dass ich nicht heil das Eis verlassen werde, sollte ich die Scheibe berühren. Jedes Mal wenn wir gegen die Flyers antraten war es das Gleiche. Sie hatten ein paar Jungs in ihren Reihen, deren Ziel es war mich aus dem Spiel zu nehmen. Doch ich war darauf vorbereitet und einige Male musste ich auch die Handschuhe fallen lassen.“

16 Jahre blieb Salming den Maple Leafs treu, ehe er in seinem letzten NHL-Jahr zu den Detroit Red Wings wechselte. 150 Tore sowie 637 Vorlagen in 1148 NHL-Partien waren die Ausbeute des schwedischen Blueliners, der während seiner Karriere sechsmal in das NHL All-Star Team berufen wurde.

Der erste Deutsche

Während jenes Zeitraums, in dem Salming in der NHL spielte, stieg die Anzahl der jährlich gedrafteten Europäer von 2,4 Prozent auf knapp über 15 Prozent. Darunter waren auch im Jahre 1978 mit Torwart Bernie Engelbrecht und Gert Truntschka die ersten ausgewählten Deutschen sowie in 1976 mit Jacques Soguel ein Schweizer Stürmer.

Lässt man die Deutsch-Kanadier Walt Tkaczuk und Ron Fischer sowie den in Straßkirchen geborenen aber in jungen Jahren mit seinen Eltern ausgewanderten Willie Huber, die allesamt im Mutterland des Eishockeys ihre sportliche Ausbildung erhalten hatten, außer Acht, war Rekordnationalspieler Udo Kießling der erste deutsche NHL-Spieler. In der Saison 1981/82 stand er einmal für die Minnesota North Stars auf dem Eis.

Eine Wende in der Geschichte, nämlich der Fall der Mauer in Berlin, das Ende der Trennung von Ost und West, war auch für die Mannschaften in der NHL ein Glücksfall. Es bekamen auch die besten Spieler aus dem damaligen Ostblock, ohne eine Flucht riskieren zu müssen, die Chance, sich mit den besten Eishockeyspielern der Welt zu messen und es entwickelte sich die NHL zu jener internationalen Liga, wie wir sie heute kennen und zu schätzen wissen.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert