Deutsche Momente

Es gibt Eishockeymomente, die bleiben aus Sicht eines deutschen Eishockey- und NHL-Fans unvergessen.

Drei aus den letzten vier Jahrzehnten deutscher Eishockeygeschichte sind dabei besonders in Erinnerung geblieben. Je nach Alter mögen sie dem ein oder anderen noch in den Sinn kommen, die Erfolge auf internationaler Bühne mit deutscher Beteiligung.

1976 Bronzemedaille Innsbruck

1,166! Das war die magische Zahl aufgrund jener die deutsche Eishockeynationalmannschaft bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck einen Traum zur Wirklichkeit machte und ihren größten internationalen Erfolg der Nachkriegsgeschichte feiern konnte. Was war geschehen?

Die Auswahl des DEB hatte im letzten Spiel der Finalrunde überraschend die USA mit 4-1 bezwungen. Gleichzeitig gewannen die zuvor schon punktgleichen Finnen ihr Match gegen die polnische Auswahl deutlich mit 7-1 Treffern. Der Computer wies zunächst Finnland mit 4:6 Punkten und einem Torverhältnis von 9:8 im direkten Vergleich zwischen den drei Nationen als Bronzemedaillengewinner aus. Das DEB-Team hatte, bei gleicher Punktzahl, 7:6 Tore erzielt. Unzweifelhaft hinten an lagen die US-Amerikaner mit 6:8 Treffern.

Das Reglement gab aber vor, dass nicht die Tordifferenz und anschließend die Mehrzahl an geschossenen Treffern, sondern eben der Torquotient den Ausschlag für die Medaillenvergabe geben sollte und somit mussten sich die Suomi wegen eines um 0,041, um 41 Tausendstel(!), schlechteren Torverhältnisses mit dem undankbaren vierten Platz abfinden.

Da standen sie also nun am 14. Februar 1976 auf dem Siegertreppchen, die 18 deutschen Spieler, 16 davon aus Bayern, rechts neben den Eishockeygiganten aus der Sowjetunion, angeführt von deren Teamkapitän Boris Michailow und den Silbermedaillengewinnern aus der Tschechoslowakei. Der deutsche Mannschaftskapitän Alois Schloder bekam bei der wahrscheinlich größten Sensation dieser Winterspiele als erster die Bronzemedaille umgehängt. Der Erfolg hatte auch einen Namen, den des damaligen Bundestrainers, des unvergesslichen ‚Mr. Eishockei‘ Xaver Unsinn. Der Füssener, dessen Markenzeichen der Pepitahut sogar in der Hockey Hall of Fame in Toronto zu bestaunen ist, hatte aus einem in den Jahren zuvor zweitklassigem Nationalteam von Individualisten, das sich 1975 nicht einmal für die A-Weltmeisterschaft im eigenen Land qualifizieren konnte, mit Witz und Raffinesse deren Ehrgeiz angefacht und um einen herausragenden Erich Kühnhackl eine Mannschaft geformt, die es schaffte über sich hinauszuwachsen.

Neben den schon erwähnten zwei haben noch weitere Spieler aus dem damaligen Kader über Jahrzehnte bis in die heutige Zeit die Entwicklung des Eishockeysports in Deutschland auf dem und abseits des Eises geprägt. Erwähnt seien hier nur exemplarisch Lorenz Funk, DEG Sportdirektor Walter Köberle und der Sportdirektor beim Deutschen Eishockey Bund, Franz Reindl.

1996 Uwe Krupps Stanley Cup Sieg

Während das deutsche Eishockeynationalteam nach 1932 44 Jahre auf eine Olympiamedaille warten musste, sollte es sogar 102 Jahre dauern, ehe der erste deutsche Eishockeyspieler, im Jahre 1996, die berühmteste Eishockeytrophäe der Welt, den Stanley Cup, in die Höhe hieven durfte.

Wäre dies an und für sich schon eine Sensation gewesen, so kam es noch besser: Der deutsche Verteidiger und jetzige Trainer der Kölner Haie in der DEL, Uwe Krupp, gelang sogar das ‚Championship-Winning Goal‘ zum 1-0 Sieg der Colorado Avalanche in der dritten Verlängerung des vierten Finalspiels gegen die Florida Panthers.

Nur die eingefleischtesten deutschen NHL-Fans konnten es live am Fernseher verfolgen, wie der 1,98m große Verteidigerhüne an der blauen Linie stehend überraschend abzog und die schwarze Hartgummischeibe hinter Panthers Schlussmann John Vanbiesbrouck im Netz versenkte.

1996, das Internet stand noch in seinen Kinderschuhen, war es nicht so einfach möglich, sich wie heutzutage per Livestream am heimischen PC oder LCD-TV die Stanley Cup Finalserien anzuschauen. NHL-Eishockey gab es nur im Pay-TV. Es war bei vielen NHL-Begeisterten üblich, gemeinsam sogenannte Stanley Cup Partys zu feiern. Spielbeginn war 2:00 Uhr Nachts. Man traf sich schon am Vorabend in einem der wenigen Haushalte, die eine Box fürs Bezahlfernsehen ihr eigen nennen konnten. Mit Snacks, Getränken und viel Fachsimpelei wurde die Zeit bis zum Eröffnungsbully mitten in der Nacht überbrückt, die Vorfreude gesteigert. Das Durchhalten bis in die Morgenstunden fiel nicht schwer angesichts dessen, dass man endlich die Chance hatte die NHL-Stars live zu sehen.

Dieses Stanley Cup Finale des Jahres 1996 war das ganz große Event der NHL-Fans hierzulande. Uwe Krupp, überhaupt der erste Deutsche, dem es gelang in der nordamerikanischen Liga Fuß zu fassen, ist es sicherlich auch zu verdanken, dass die beste Eishockeyliga der Welt in Mitteleuropa von Jahr zu Jahr bis jetzt immer beliebter wurde. Krupp begann seine NHL-Karriere in der Spielzeit 1986/87 bei den Buffalo Sabres, es folgten Stationen bei den New York Islanders und den Quebec Nordiques. Gleich im ersten Jahr nach dem Umzug der frankokanadischen Franchise in die ‚High Mile City‘, Denver, sollte ihm dieser, der ganz große Coup gelingen.

2010 WM-Eröffnungsspiel auf Schalke

Ein unvergessener Moment der Eishockeygeschichte, der gerade einmal zwei Jahre zurück liegt, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Beteiligt waren erneut Uwe Krupp und, wie 1976, die us-amerikanische Nationalmannschaft. Gemeint ist das Eröffnungsspiel bei der IIHF-Weltmeisterschaft 2010 vor knapp 78000 Zuschauern in der Arena auf Schalke, welches zu einem einmaligen Eishockeyfest für alle, die Besucher und die Protagonisten auf dem Eis, wurde. Am Ende fuhr die spielerisch unterlegene, aber kämpferisch an ihre Leistungsgrenzen gehende DEB-Auswahl mit Krupp als Nationaltrainer hinter der Bande, Dank einer Energieleistung, angetrieben von den Fans, einen 2-1 Sieg nach Verlängerung über das US-Team ein.

Der bei dieser Partie aufgestellte Zuschauerrekord könnte bereits am Neujahrstag 2013 beim NHL Winter Classic Game im Michigan Stadium von Detroit wieder gebrochen werden. Ein Grund zur Freude, denn das würde auch bedeuten, dass in der NHL der Puck wieder gefallen ist und einige deutsche, österreichische und Schweizer Eishockeystars Gelegenheit haben werden, Geschichte zu schreiben und in die Annalen der schnellsten Mannschaftssportart einzugehen.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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