Hiller, die Nummer 1

Jonas Hiller, bester Schweizer Torwart in der NHL, bereitet sich in seiner Heimat auf die kommende Saison vor.

Ob im Juli in Mühleberg, einer 3000 Einwohner umfassenden Gemeinde im Berner Mittelland oder Anfang August direkt in der Hauptstadt Bern, Jonas Hiller erfüllt auch in diesem Sommer, den er wie üblich in seiner Schweizer Heimat verbringt, sehr gerne die Autogrammwünsche seiner Fans.

Bei der Eröffnung einer Motorsport-Garage lehnt der bekennende Motorsportfreund und Liebhaber schneller Autos lässig an einem Verkaufstresen, signiert bereitwillig alles was ihn große und kleine Eishockeyfreunde vorlegen, nimmt sich auch immer Zeit für ein Pläuschchen und beantwortet geduldig die an ihn von seinen Fans gestellten Fragen.

Wenn man den 30-Jährigen sympathischen Mann dort so stehen sieht, kann man es fast nicht glauben, dass es sich bei ihm um den erfolgreichsten Schweizer Torhüter in der Historie der NHL handelt. Die Geschichte der Schweizer Torsteher in der NHL begann mit Pauli Jaks, der im Januar 1995 für die Los Angeles Kings zu einem 40-minütigen Einsatz kam. Es sollte sein einziger bleiben!

Auf Jaks folgte in der Saison 2000/01 David Aebischer, der als Rookie und Ersatzgoalie hinter Patrick Roy mit den Colorado Avalanche 2001 sogar den Stanley Cup gewinnen konnte. Doch nur einmal in seiner acht Jahre währenden NHL-Karriere, es folgten noch Stationen in Montreal und Phoenix, war Aebischer die unumstrittene Nummer 1 bei einer Franchise der NHL.

Wie Hiller begann auch der dritte Eidgenosse im Bunde, Martin Gerber, seine NHL-Laufbahn bei den Anaheim Ducks. Von 2002 bis 2004 hütete er den Kasten der Südkalifornier. Gerber kam aber nicht am damaligen Stammtorwart der Ducks Jean-Sebastien Giguere vorbei. Dieses Kunststück sollte Jonas Hiller bereits in der Spielzeit 2008/09, seiner ersten vollen NHL-Saison, gelingen.

Ungedrafted kam Hiller 2007 vom HC Davos zu den Ducks, profitierte zu Saisonbeginn davon, dass Giguere verletzungsbedingt den Kaliforniern nicht zur Verfügung stand. Als dieser wieder zurückkam, hieß es für Hiller zunächst Abschied nehmen aus Orange County und es folgten sechs Einsätze bei den Portland Pirates in der AHL. Ein Jahr später hatte er Giguere als Nummer 1 verdrängt!

Die Ducks setzten fortan voll auf den Schweizer und sie einigten sich mit ihm im Januar 2010 auf eine Vertragsverlängerung bis zur Saison 2013/14.

Außergewöhnlich gut begann für Hiller die Spielzeit 2010/11. Als Belohnung für seine tollen Leistungen wurde er sogar zum All Star Game berufen – bemerkenswerterweise als einziger Torwart aus der Western Conference.

Seine rasante Karriere stand auf des Messers Schneide, als er kurz darauf erkrankte, er litt an Gleichgewichtsstörungen und Schwindelgefühlen. Bis zum Saisonende versuchte er mehrere Male ein Comeback, musste aber erkennen, dass die Beschwerden noch vorhanden sind.

Doch Hiller wäre nicht Hiller, wenn er nicht auch mit solchen Rückschlägen umzugehen gewusst hätte. Im Herbst 2011 kam der Appenzeller gut wie eh und je nach Anaheim zurück. Sagenhafte 73 Mal stand er in der vergangenen Spielzeit im Tor der Ducks und stellte damit eine Franchisebestmarke auf. Viermal hielt er dabei seinen Kasten sauber und hat mittlerweile schon 15 Shutouts auf seinem Konto.

Am 13. Januar 2012 beim 5-0 Sieg über die Edmonton Oilers konnte Hiller mit 33 Rettungstaten seinen 100. NHL-Sieg feiern. Seine Freude über diesen Meilenstein war anschließend in der Kabine groß:

„Diese Marke zu erreichen ist eine wunderbare Sache, noch schöner als der Shutout.“

Von den Ducks wurde er am Ende der Saison für die Masterton Trophy nominiert.

„Jonas hatte vor einem Jahr große gesundheitliche Probleme, er ist bewundernswert damit umgegangen, zurückgekommen und hat dieses Jahr ganz stark gespielt,“

begründete Anaheims General Manager Bob Murray die Kandidatur.

An dem Schweizer Torhüter hatte es sicherlich nicht gelegen, dass sich die Ducks zum Schluss nicht für die Playoffs qualifiziert hatten. Hiller nahm nach mancher bitteren Niederlage auch kein Blatt vor den Mund und ging kritisch mit der gezeigten Vorstellung der ganzen Mannschaft um:

„Es mag den Anschein gehabt haben, dass wir auf dem Eis waren. Letztendlich waren wir es aber nur physisch, mit den Gedanken waren wir in einer anderen Spielzone oder noch in der Kabine. Das geht so nicht! Wir spielen hier in der NHL, da darf so etwas nie und nimmer passieren.“

Jonas Hiller wird auch in der kommenden Saison, die an ihn gestellten neuen Herausforderungen annehmen auf die er sich in den Schweizer Bergen akribisch vorbereitet. Mit Radfahren hält er sich über den Sommer fit und genießt die Zeit bei seinen Freunden und der Familie.

Dann möchte er den Kampf um die Stammposition erneut aufnehmen. Konkurrenten, denen er sich im nächsten Jahr vor allem gegenübersehen wird, sind der erst 23-jährige Frederik Andersen von Frölunda HC aus der Schwedischen Eliteserie. Er wurde von den Ducks beim NHL-Draft 2012 an Nummer 87 gezogen und hat Berichten nach bei ihnen schon einen Zweijahresvertrag unterzeichnet sowie der schwedische Nationaltorwart Viktor Fasth, der in seiner Heimat als bester Torhüter mit der Honken Trophy ausgezeichnet wurde.

Drücken wir Jonas Hiller die Daumen, dass er auch diese schwierige Aufgabe durch seine Leidenschaft für den Eishockeysport, seine mentale Stärke meistern und kommende Saison wieder die Nummer 1 bei der Franchise im Süden Kaliforniens sein wird.

Dieser Artikel erscheint auch auf NHL.com/de

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