Als in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag gegen 4 Uhr früh MESZ im Madison Square Garden zu New York die Schlusssirene ertönte, jubelten die Fans der Rangers im Stadion, doch für Kanada war es ein historisch trauriger Moment. Die New York Rangers hatten soeben mit einem 2-1 Erfolg im siebten Spiel mit den Ottawa Senators die letzte kanadische Mannschaft ausgeschaltet.
Schon vor Beginn der Playoffs zeigte die Bilanz der Teams aus dem Mutterland des Eishockeys wenig erfreuliches, dabei waren die Hoffnungen so groß. Mit dem Umzug der Atlanta Thrashers in die Stadt Winnipeg erhöhte sich die Zahl der kanadischen Franchisen wieder auf Sieben, nachdem der Aderlass mit dem Abgang der Quebec Nordiques in 1995 nach Colorado und den Winnipeg Jets 1996 nach Phoenix groß war.
Vor allem wirtschaftliche Gründe wurden angeführt, warum die kanadischen Mannschaften ab Mitte der 90er Jahre nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Der letzte Stanley Cup Gewinn für den „wahren Norden“ datiert vom Jahr 1993, damals durch die Montreal Canadiens. Viel wurde in den Spielzeiten danach diskutiert, warum gerade die guten Spieler das Weite bzw. ihr Glück im Süden, also der USA suchten. Immer wieder wurde der starke Kurs des US-Dollar im Vergleich zum kanadischen Dollar als großes Handicap angeführt, weil Abgaben an die NHL und Spielergehälter in US-Dollars zu bezahlen waren, aber die Einnahmen weitgehend in kanadischen Dollars erzielt wurden. Ein schwacher Kurs machte die Angelegenheit also kostspieliger als es für viele us-amerikanische Teams der Fall war.
Dies änderte sich jedoch die letzten Jahre, so dass man hoffte, Kanadas Eishockey zu neuer Blüte verhelfen zu können. Die kanadische Währung hat sich durch die Finanzkrise und die anhaltende Schwäche der amerikanischen Wirtschaft vom Kursniveau dem US-Dollar angepasst und war zeitweise sogar stärker. Dadurch sind die Wettbewerbsnachteile verschwunden und Kanada kommt zu neuem Selbstbewusstsein gegenüber dem „großen Bruder“. So könnte der Umzug der Franchise von Atlanta nach Winnipeg einen Trend eingeleitet haben, denn auch Städte wie Hamilton und Quebec buhlen um die Gunst der NHL.
Der Drahtseilakt für die NHL ist zwischen eindeutig höherem Faninteresse (Kanada) und größerer wirtschaftlicher Basis (Einwohnerzahl USA) abzuwägen.
Der Beginn einer neuen Ära erhielt nun einen deutlichen Dämpfer. Nur ein Jahr, nachdem die Vancouver Canucks in Spiel 7 gegen die Boston Bruins den lang ersehnten Stanley Cup Gewinn für Kanada nur knapp verpassten, blicken die kanadischen Fans auf eine katastrophale Saisonbilanz, obwohl davor so viel erhofft wurde.
Lichtblicke während der regulären Saison waren in der Western Conference die Canucks, weil sie als punktbestes Team die Presidents’ Trophy holten und in der Eastern Conference die Ottawa Senators, weil sie – in allen Prognosen völlig unterschätzt – einen beachtlichen Playoffplatz erreichten, sowie die Winnipeg Jets, die in ihrem ersten Jahr erfrischt auftraten und lange im Rennen blieben.
Und die restlichen vier Vertreter? Ein kleines Ausrufezeichen für die Calgary Flames, welche als Neunter nur knapp scheiterten, aber dicke Fragezeichen hinter den Edmonton Oilers, den Toronto Maple Leafs und den Montreal Canadiens. Fast hätten die beiden Original Six Mannschaften mit dem letzten und vorletzten Platz im Osten für ihre schlechteste Bilanz seit der Saison 1969-70 gesorgt. Die New York Islanders kamen gerade noch dazwischen. Edmonton blieb trotz einiger junger Talente aus den letzten Drafts weitgehend nur Punktelieferant und belegte nur Platz 14 im Westen.
In den Playoffs machte das frühe Scheitern der topgesetzten Vancouver Canucks an den Los Angeles Kings, die Ottawa Senators zu den letzten kanadischen Hoffnungsträgern. Ironie des Schicksals, dass gerade ihnen zu Saisonbeginn am wenigsten zugetraut worden war.
Da auch die Reise der Hauptstädter im Big Apple endete, blickt Kanada auf die schlechteste Bilanz seit 1996 zurück, als es ebenfalls kein Team aus dem Norden in die zweite Runde schaffte. Es war bisher das einzige Mal seit der Einführung des Conference-/Divisionsfomates im Jahr 1974, dass dies der Fall war.
Die kanadischen Mannschaften sollten die Lehren aus ihrem Versagen ziehen und die neuen gegebenen Möglichkeiten besser nutzten. Kontinuität hat sich meist durchgesetzt, doch gerade diese vermisst man bei dem Blick auf die letzten Jahre. Vielleicht wird im nächsten Jahr, wenn sich der Stanley Cup Gewinn der Canadiens zum zwanzigsten Mal jährt, alles besser und die Durststrecke endlich beendet.