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nr.81 / dez. 2004 

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EISHOCKEYLEGENDEN - Red Horner

Der erste wahre 'Bad Guy' der Liga
von Robin Patzwaldt

Viele NHL-Fans begeistern sich für Kampfeinlagen, sogenannte 'Fights', in der NHL. Wenn Typen wie Tie Domi, Donald Brashear, P.J. Stock oder Peter Worrell die Fäuste fliegen lassen, dann erreicht die Stimmung in den NHL-Arenen ungeahnte Höhen, Fans springen auf und lassen ihrer Begeisterung freien Lauf.
Heutige 'Goons' und 'Tough Guys' haben ihrerseits Vorbilder, deren aktive Laufbahn bereits Jahrzehnte zurück liegt. Eines dieser Vorbilder ist Red Horner, das, mit inzwischen 94 Jahren, zur Zeit älteste noch lebende Mitglied der Hockey Hall of Fame in Toronto.
Von seinen zwölf Jahren in der NHL war er acht mal der Spieler mit den meisten Strafminuten der gesamten Liga. Er sass alleine in einem Spiel insgesamt 17 (!!) Minuten des ersten Spieldrittels auf der Strafbank und sein Rekord von 167 Strafminuten in nur 43 Saisonspielen wurde erst nach über zwanzig Jahren gebrochen. Doch Lou Fontinato, der ihm diesen Saisonrekord später abjagen sollte, 'brauchte' dafür im Jahre 1956 immerhin auch 70 Spiele.

Horner, der bürgerlich eigentlich "George Reginald" und nicht "Red" heisst, wurde am 28. Mai 1909 in Lynden, Ontario geboren.
"Mein Vater war ursprünglich Farmer.", erinnert sich Red heute. "Er verkaufte damals seine Farm und wir zogen nach Ancaster, wo mein Vater ein Geschäft eröffnete und ich zur Schule ging. Nach ein paar Jahren zogen wir dann weiter nach Toronto, was für mein weiteres Leben entscheidend werden sollte. Hier traf ich dann später meinen Juniorentrainer Frank Selke, über den ich dann widerum Conn Smythe, den General Manager und Eigentümer der Leafs, kennenlernen sollte. Smythe brachte mich dann nämlich im Team der Toronto Maple Leafs unter als es bei denen sportlich mal nicht so gut lief."
Das war im Winter 1928. Horner erinnert sich noch genau: "Smythe sah mich an einem Nachmittag in meinem Nachwuchsteam spielen und fragte mich anschliessend, ob ich nicht genug vom Junioren-Hockey hätte? Ich entgegnete sofort, wann er mich denn für die Leafs haben wolle. Er antwortete: "Noch heute Nacht!", erzählt der 'Hall-of-Famer' heute stolz.

Smythe war besonders vom körperbetonten Spiel des jungen Verteidigers begeistert. Horner bekam ein Angebot über 2.500 US-$ Jahressalär. "Das war damals wie ein Traum, denn damals verdiente ich bis dahin lediglich 25 Dollar in der Woche als Bote an der Börse."
Red Horner, damals gerade 19 Jahre alt, gab sein Debüt im Leafs-Jersey passender Weise direkt zu Weihnachten gegen die Pittsburgh Pirates. Seine NHL-Premiere war damit sein drittes Hockey-Spiel innerhalb von nur zwei Tagen. Am Nachmittag vor dem NHL-Debüt hatte er ja noch für sein altes Juniorenteam gespielt, eine bemerkenswerte, und heutzutage für viele Spieler fast unvorstellbare körperliche Leistung.

Aber der Anfang in der NHL-Karriere verlief für ihn insgesamt nicht wie gewünscht. "Direkt in meinem zweiten Spiel brach ich mir die Hand. Nels Stewart, von den Montreal Maroons, traf mich mit seinem Schläger so unglücklich, dass meine Hand brach. Damals waren die Handschuhe allerdings auch nicht so gut gepolstert, wie das heutzutage der Fall ist."
Die nächsten Monate der Saison war Horner so erst einmal ausser Gefecht gesetzt. Seine Rookie-Saison endete für ihn nach 22 Saisonspielen mit 30 Strafminuten, aber ohne einen einzigen Punkt auf seiner persönlichen Habenseite. Ein Verhältnis zwischen Punkten und Strafminuten, dass sich auch in den Folgejahren nicht wesentlich ändern sollte.

In 1931 zog Horner schliesslich mit seinem Team von der alten Halle 'Arena Gardens' in eine neue, fantastische, in lediglich fünf Monaten Bauzeit errichtete Arena: 'Maple Leaf Gardens'.
"Damals sagte mir Conn Smythe vor dem Saisonstart ich müsste unbedingt ein paar Kilo zulegen, sonst würde ich nicht mehr allzulange in der Liga bleiben können."
Horner tat wie ihm geraten und präsentierte sich, nach einem privat organisierten Sommertrainigslager, zu Saisonbeginn 1932 topfitt und durchtrainiert in Toronto.
"Ich legte um etliche Pfund zu über den Sommer und war körperlich super drauf." Das Resultat seiner neuen körperlichen Fitness war ein deutlich veränderter, noch körperbetonterer Spielstil.

Zwischen 1932 und 1940, acht Spielzeiten in Folge, sollte Red Horner der NHL-Spieler mit dem meisten Strafminuten der Liga werden. Die Fans sangen in diesen Tagen oft einen Schlachtruf: "Who is afraid of the big, bad wolf?" (Wer hat Angst vor dem großen, bösen Wolf?), der dem wohl härtesten Verteidiger dieser Tage gewidmet war.

Conn Smythe sprach noch Jahre später in den höchsten Tönen von Horner: "Er war unser erster Abräumer. Er hat viele Spiele für uns gewonnen. Die Gegner bissen sich am Ende an ihm immer die Zähne aus und zogen viel mehr Strafminuten gegen Red als er jemals bekommen hat. Als er damals 167 Strafminuten in der Saison hatte, hatten seine Gegner insgesamt über 300 Strafminuten kassiert, weil sie einfach nicht wussten, wie sie mit ihm umgehen sollten. Besonders auswärts in Montreal und Boston hat er die Leute damals schier zur Weissglut gebracht."

Red Horner bei seiner Lieblingsbeschäftigung.

In diesen Jahren hatten NHL-Teams nur jeweils vier Verteidiger, was die körperliche Leistung jener Tage noch beachtenswerter macht. "King Clancy, unser Offensivverteidiger, und ich spielten sieben Jahre lang zusammen und ich räumte hinten alles weg, wenn er mal mit nach vorne ging.", erklärt Horner.

Ein weiteres Kuriosum aus seiner aktiven Zeit bleibt NHL-Fans besonders in Erinnerung: In der damaligen Zeit mussten NHL-Torhüter ihre Strafen noch selber auf der Strafbank absitzen und so kam es, dass Horner im Tor der Leafs aushelfen musste. "Ich kassierte in über drei Minuten Spielzeit im Tor damals nur ein einziges Gegentor, obwohl mich die Bruins unter Dauerbeschuss nahmen." , freut sich der Veteran noch immer über seine herausragende Leistung im Tor damals.

Nach dem Ende seiner aktiven NHL-Laufbahn im Jahre 1940 betätigte sich Red anschliessend noch zwei Jahre lang als Schiedsrichterassistent in der Liga, bevor er einen Job in der Wirtschaft antrat.

Heutzutage hält sich der Senior mit Radfahren fit. "Zwei mal täglich fahre ich eine halbe Stunde Rad. Da mache ich keine Ausnahmen. Ich will schliesslich möglichst lange noch so fit bleiben."
Die Sommer verbringt er mit seiner Familie in Toronto, während er die kalten Kanadischen Winter meidet und dann seine Zeit überwiegend im sonnigen Florida verbringt.

In seinen 490 Spielen für die Leafs verbuchte Red Horner 42 Tore, 110 Assists bei insgesamt 1264 (!!) Strafminuten. Damit ist er der wahre und würdige Urvater aller 'Bad Guys' in der NHL. Mitglied der Hall of Fame ist Horner seit 1965. (rp)

 

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