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nr.45 / sep. 2001 

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EISHOCKEYLEGENDEN - Gordie Howe

'Mr. Hockey' - die nordamerikanische Hockeylegende schlechthin
von Markus Schäffler

Lange bevor Wayne Gretzky für Furore sorgte, zog Gordie Howe zwischen 1946 und 1980 seine Kreise im nordamerikanischen Eishockey. Im Gegensatz zu 'The Great One', der das Tore schießen und vorbereiten geradezu zelebrierte, glänzte Howe nicht nur durch Treffer und Vorlagen, sondern fiel auch durch seine rauhe und körperbetonte Spielweise auf. Der am 31. März 1928, in Floral, Saskatchewan, Kanada, geborene, mittlerweile 73-Jährige handelte sich während seiner 2.421 Partien 2.418 Strafminuten ein und trug so manche Verletzungen davon: neben einem Knorpelschaden im Knie, einer ausgekugelten Schulter, verschiedenen Kopfhautverletzungen und 300 Stichen nach Wunden im Gesicht, brach sich Howe mehreren Rippen und Zehen, sowie einmal das Handgelenk. Die damaligen Trainer bezeichneten ihn als den geschicktesten Spieler, den geeignetsten Spielmacher, den genauesten Passgeber und den Stürmer, der es am besten verstand, den Puck zu halten, wenn dies einmal nötig war. Der muskulöse Hals, seine breiten Schultern und seine kräftigen Hände, die er nur zu oft auch als 'Waffe' einsetzte, brachten ihn schließlich den Spitznamen 'Mr. Elbows' ein.

Gordie Howe wuchs zusammen mit acht Geschwistern in Saskatoon auf, wo er im Alter von vier Jahren das Eishockey spielen begann. Als Neunjähriger spielte er zunächst als Torhüter, später als Verteidiger und wurde letztendlich zum Stürmer umfunktioniert. Bei einem Ausscheidungsspiel in Winnipeg, wo Talentsucher der New York Rangers anwesend waren, konnte der damals 15 Lenze zählende Howe die 'hohen Herren' nicht überzeugen, so dass noch ein Jahr vergehen musste, bis er einem Scout aus Detroit auffiel. Dieser lud ihn zu einem Trainigslager der Red Wings in Windsor, Ontario, ein. Dort hinterließ er wohl einen bleibenden Eindruck, denn zwei Jahre später, am 16. Oktober 1946, durfte er sein erstes NHL-Spiel für das Team aus Detroit absolvieren. Auf Anhieb gelang Howe ein Treffer, der Erste von insgesamt 869 (reguläre Saison und Playoffs) in seiner Karriere. Da Howe sich in den folgenden drei Jahren mehr auf das Raufen, als auf das Tore schießen konzentrierte, erzielte er in dieser Zeit nur 34 weitere Treffer. Sein damaliger Trainer Tommy Ivan erkannte jedoch das Potenzial, das in seinem Schützling schlummerte und bewegte ihn zu einer erfolgreicheren Spielweise. Zusammen mit Linksaußen Ted Lindsay und Mittelstürmer Sid Abel bildete er die legendäre 'Production Line', die damals torgefährlichste Reihe der NHL, und machte, wie von seinem Coach erwartet, 35 Tore. In der ersten Playoff-Begegnung der gleichen Saison wäre Howes Laufbahn und dessen Leben jedoch um Haaresbreite jäh beendet worden. Nachdem 'Mr. Elbows' Torontos Ted Kennedy checken wollte, dieser aber geschickt auswich, krachte der Detroitspieler mit dem Kopf voran, damals noch ohne Helm, in die Bande und zog sich dabei eine Schädelfraktur, sowie eine ernste Gehirnverletzung zu. Kurz vor seiner Operation, an dem Abend, als die Red Wings im Stanley-Cup-Finale die New York Rangers zum vierten Mal bezwungen hatten, riefen die Fans lautstark nach ihrem Publikumsliebling: 'We want Howe! We want Howe!' In Straßenkleidung betrat Howe die Eisfläche, wo seine Kollegen schon auf ihn warteten. Ted Lindsay riss ihm plötzlich den Hut vom Kopf und warf diesen zu den begeisternden Fans. Howe stand für den bevorstehenden Eingriff kahlgeschoren und zugleich peinlich berührt auf dem Eis.
Howes Gesundheit wurde in den kommenden Wochen von den Ärzten fast komplett wieder hergestellt, so dass er die nächste Saison erneut im Dress der Red Wings auflaufen konnte. Lediglich ein auffälliger Tick im Gesicht blieb zurück, weshalb ihn seine Kollegen in Zukunft 'Blinky' nennen sollten.

In der folgenden Saison 1951/52 gewann Howe mit 86 Punkten zum ersten Mal die Hart Trophy als wertvollster Spieler der NHL - mit 47 Toren und 39 Assists in 70 Spielen - und führte sein Team zum zweiten Stanley Cup nach 1950.
1952/53 war er der Erste überhaupt, der die 90 Punktemarke innerhalb einer Spielzeit übertraf, indem er 49 Mal ins Schwarze traf und 46 Vorlagen gab. 1954 und 1955 gewann er mit den Red Wings zwei weitere Meisterschaften.
Während das Franchiseunternehmen aus Detroit bis 1997 auf den nächsten Titel warten musste, heimste Howe nicht nur Titel um Titel ein, sondern stellte Rekorde um Rekorde auf. Im Januar 1960 überholte er Maurice 'Rocket' Richard, der mit 946 Punkte der bislang erfolgreichste Spieler der NHL war.
1962/63 gewann Howe zum sechsten Mal die Hart Trophy und übertraf in der darauffolgenden Saison erneut Richard, als besten Torschützen aller Zeiten. Howe erzielte im November 1963 den 545sten Treffer seiner Karriere. Seine erste Saison mit über 100 Punkten erreichte er 1968/69, als er am letzten Spieltag, einen Tag vor seinem 41sten Geburtstag, vier Punkte machte und somit sein Gesamtkonto auf 103 erhöhte.
Zwei Jahre später, nach insgesamt 25 Spielzeiten, 786 Toren und 1.023 Assists, allesamt für Detroit, trat Howe als Aktiver zurück und fungierte zunächst als Vizepräsident bei den Red Wings. Nach zwei unbefriedigenden Jahren im Büro eines NHL-Unternehmens, für einen Ex-Profisportler ein langweiliges Dasein fristend, bot sich ihm, wie er es selbst später nannte, die Chance seines Lebens. Da seine beiden Söhne Mark und Marty bei den Houston Aeros in der WHA 1973 einen Profivertrag bekamen, heuerte deren Vater, im Alter von 45 Jahren, kurzerhand ebenfalls bei den Texanern an, "(...) um wieder etwas Spaß zu haben."

Gordie Howe mit seinen Söhnen Mark und Marty

Den Kritikern, die ihm ein wenig erfolgreiches Comeback vorhersagten und zudem dummes Verhalten vorwarfen, strafte er allesamt lügen - mit den Taten einer Legende. Howe gewann mit 100 Punkten auf Anhieb die Auszeichnung als wertvollster Spieler und führte seinen Sohn Mark, der als Linksaußen in der Reihe seines Vaters agierte, zum Neuling des Jahres. Zusätzlich holten die Aeros die WHA-Meisterschaft, die sie im darauffolgenden Jahr, auch Dank der 'Howe-Connection' erfolgreich verteidigen konnten. Howe Senior steuerte dazu 99 Punkte bei und konnte sich 1976 sogar noch einmal auf 102 Zähler steigern.
1977 stieg das texanische Franchiseunternehmen wegen finanzieller Probleme aus der WHA aus, so dass sich die drei Howes einen neuen Arbeitgeber suchen mussten. Das neue Wirkungsfeld befand sich an der us-amerikanischen Nordostküste, bei den New England Whalers, die bislang in der gleichen Liga ihr Eishockey zum Besten gaben. Nach zwei Spielzeiten löste sich die WHA auf. Das Team aus New England machte aus der Not eine Tugend und erwarb als die Hartford Whalers eine Lizenz für die NHL. Gordie und Mark Howe blieben der Mannschaft treu, während für Marty nur ein Platz im Farmteam übrig blieb. Kurz nach seinem 52. Geburtstag, nachdem er alle 80(!) Saisonspiele absolviert, 15 Tore geschossen, sowie 26 Vorlagen gegeben hatte, hängte 'Mr. Elbows' seine Eishockeystiefel endgültig an den Nagel.
Fast endgültig, denn zum IHL-Saisonauftakt 1997/98 schnürte er sich noch einmal die Schlittschuhe und streifte sich das Trikot der Detroit Vipers über, um das erste Bully der neuen Spielzeit zu tätigen. Wohlgemerkt im stolzen Alter von 69 Jahren.

Gordie Howe hat das nordamerikanische Eishockey in 36(!) Jahren geprägt wie kaum ein Anderer. Seine Härte, seine Übersicht, seine Tore, sein Siegeswille, sein Durchhaltevermögen sind bis Heute unerreicht. Wenn auch ein Wayne Gretzky oder Mario Lemieux viele NHL-Rekorde für die Ewigkeit aufgestellt haben mögen und auf der ganzen Welt populärer sind, dürften sie an die Taten von der Legende schlechthin - Gordie Howe, dem 'Mr. Hockey' - kaum hinreichen. Sein Eishockey, das er während sechs Jahrzehnten gelebt hat, spricht Bände. (ms)

 

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