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nr.35 / okt. 2000 

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EISHOCKEYLEGENDEN - Terry Sawchuk

von Stefan Herget

Ein ganz großer, aber auch exzentrischer Torwart

Patrick Roy bejubelt Terry Sawchuk eingeholt zu haben.

Er war lange Zeit das Maß aller Dinge. Mit 447 Siegen in der NHL belegte Terry Sawchuk Platz 1 der NHL-Statistiken. Nun wurde er vom jetzigen Goalie der Colorado Avalanche und früheren Aushängeschild der Montreal Canadiens, Patrick Roy, von diesem Platz verdrängt. Doch wer war dieser Terry Sawchuk von dem nun alle Welt wieder spricht?
Ein kleiner Abriss seines Lebens soll Licht in das Dunkel derjenigen bringen, die ihn noch nicht kennen.

Unerreichbarer Shutout-Rekord

Viele die sich mit der Geschichte der NHL beschäftigen glauben, dass das Spiel niemals mehr einen eleganteren Torhüter gesehen hat als Terrance Gordon Sawchuk, von Teamkollegen wegen seiner ukrainischen Abstammung auch 'Uke' oder 'Ukie' genannt. In seinen ersten fünf NHL-Spielzeiten hatte er nie einen höheren Gegentorschnitt von 1,99 Treffern pro Spiel. Fünf Mal holte er den Stanley Cup, vier Mal mit den Detroit Red Wings (1950, 1952, 1954 und 1955), sowie ein Mal mit den Toronto Maple Leafs (1967). 1950-51 gewann er die Calder Trophy als bester Rookie und vier Mal die Vezina Trophy als bester Torhüter (1952, 1953, 1955 und 1965). Er wurde sieben Mal in das All-Star Team gewählt und 1964 übertrumpfte er George Hainsworth als Spitzenreiter der ewigen Shutout-Tabelle. An diesem Platz steht er mit 103 Shutouts noch heute. Im modernen Eishockey eine scheinbar unerreichbare Zahl, brachte es Ed Belfour als bester noch Aktiver bis jetzt auf gerade einmal 50, Roy auf 48 (Stand 18.10.00).

Sawchuk Crouch

Wie viele der ganz Großen, entwickelte auch Terry Sawchuk seinen ganz besonderen Stil. Er war der Erste, der die sogenannte Kauerstellung bevorzugte. Dabei ging er mit seinem Kopf so extrem nach unten, dass er fast mit dem Kinn auf seinen Knieschonern auflag. Er glaubte aus dieser Position einfach schneller zu sein, besonders wenn er einen Schuss mit dem Fuß abwehren mußte. Außerdem hatte er meist freie Sicht auf den Puck, weil er durch die Beine der Spieler vor ihm hindurchsehen konnte. Der berühmte 'Sawchuk Crouch' wurde von Generationen von jungen Torhütern kopiert. Sawchuk war ein Akrobat auf dem Eis und jede seiner schnellen Bewegungen glich einer Explosion von Aktionen.

Viel Leid säumte seinen Weg

Terry Sawchuk gezeichnet von Stichen und Nähten.

Das ist aber nur die eine Seite der Sawchuk Legende. So stark sein Spiel war, so viel hatte er auch mit privaten Problemen und Unbeherrschtheiten zu kämpfen. Es kam nicht selten vor, dass der Star wutentbrannt Reporter anschnautzte oder seine Schlittschuhe nach ihnen schmiss und dabei etliche Obszönitäten von sich gab.
Terry Sawchuk, der am 28. Dezember 1929 in einem Arbeitervorort von Winnipeg, East Kildonan, geboren wurde, begann mit 10 Jahren seine Torhüterkarriere, als er die Schoner seines älteren Bruders Mike bekam, der auf tragische Weise im Alter von 17 Jahren an einer Herzattacke starb. Dies stellte nur den Anfang der Familien-Tragödien, Verletzungen und Unfällen dar, von denen Sawchuk im Verlauf seines Lebens immer wieder heimgesucht wurde.
Im Verlauf seiner 20-jährigen Profikarriere zog er sich einen Bruch des rechten Arms zu, der lange Zeit nicht richtig verheilte, Sehenentzündungen in der Hand, einen gebrochenen Mittelfuß, eine schwerwiegende Infektionskrankheit, einen Lungenkollaps nach einem Verkehrsunfall, einen Bandscheibenvorfall, eine Knochenabsplitterung im Ellbogen, die er sich als Kind beim Football spielen zuzog und Mitte der 50er Jahre drei Operationen erforderte, eine Blinddarmentzündung, sowie mehrere Gesichts- und Körperverletzungen durch damals mangelnde Schutzkleidung. Eine Gesichtsverletzung kostete ihm fast das rechte Augenlicht.

Erste Erfolge in Detroit

Entdeckt wurde Sawchuk schon im Alter von 15 Jahren von Bob Kinnear, Scout der Detroit Red Wings. Mit 17 Jahren beeindruckte er bei seinem ersten Trainingscamp 1947 Red Wings Coach Tommy Ivan, der nie zuvor einen talentierteren jungen Torhüter gesehen haben will. Trotzdem mußte sich das Talent danach noch in der United Staates Hockey League und der AHL behaupten, was er eindrucksvoll mit mehreren errungenen Titel tat. Nach dem Cupgewinn von Detroit 1950 tradeten sie ihren Goalie Harry Lumley nach Chicago, um Platz für Sawchuk zu machen, der in der Saison zuvor bereits kurze Einsätze hatte. Eine richtige Entscheidung! Mit ihm holten die Red Wings in den nächsten fünf Jahren noch drei Mal den Stanley Cup Titel und er gewann drei Mal die Vezina Trophy. Besonders bemerkenswert der Titel 1952, als Sawchuk mit den Red Wings in den acht Playoffsspielen keine Niederlage einstecken mußte und bei einem Gegentorschnitt von 0,62 Toren pro Spiel und vier Shutouts nur fünf Gegentreffer kassierte.

Fünfter Stanley Cup in Toronto

Durch seine häufigen Verletzungen und Eskapaden sahen sich jedoch die Verantwortlichen der Clubs immer wieder dazu gezwungen, Sawchuk zu traden. Erstmals traf es ihn nach Detroits Cupgewinn 1955, als er nach Boston ziehen mußte. Der Kanadier machte allerdings nie einen Hehl daraus, dass Detroit sein Traumverein war und so kehrte er während seiner Laufbahn noch zwei Mal dorthin zurück, 1957 bis 1964 und 1968 bis 1969.
1957 hatte Sawchuk aufgrund einer schweren Infektionskrankheit schon seinen Rücktritt vom aktiven Eishockey bekanntgegeben, als er von den Detroit Red Wings zurückgeholt wurde.

Terry Sawchuk im Finale gegen Montreal 1967.

1964, im Alter von 34 Jahren, mußte er schließlich nach Toronto ziehen, obwohl er eigentlich geplant hatte, seine Laufbahn in Detroit zu beenden, nachdem er so eben den 'Shutout-Rekord' neu aufgestellt hatte und als bester Spieler des Teams ausgezeichnet wurde. Bei den Maple Leafs holte er 1967 seinen fünften Stanley Cup Titel im legendären Finale gegen die Montreal Canadiens. Obwohl erneut von Verletzungen geplagt, wuchs der mittlerweile 37-jährige in den Playoff-Serien über sich hinaus, so dass sogar Blackhawk Bobby Hull, Gegner im Halbfinale, bemerkte, noch nie ein derart starkes Torhüterspiel gesehen zu haben.
Trotzdem wurde er erneut abgegeben, diesmal zum neuen Team der L.A. Kings. Das Vertragsangebot von 40.000 US-Dollar pro Jahr war zu verlockend, als aufzuhören. Dort wurde er allerdings nicht mehr glücklich und bei seiner Rückkehr nach Detroit ein Jahr später war er nur noch dritter Mann hinter Roger Crozier und Roy Edwards.
Wegen finanzieller Engpässe aufgrund der Scheidung von seiner Frau und der Unterhaltspflicht für sieben Kinder, wechselte Sawchuk 1969 zu den New York Rangers, dort bestritt er in der darauffolgenden Saison noch acht Spiele. In einem, ein 6-0 Erfolg über Pittsburgh, holte er seinen 103-ten Shutout.

Tragischer Tod einer Legende

In dieser Zeit war ihm jedoch schon anzumerken, dass er zunehmend mit Problemen zu kämpfen hatte. Vor allem Alkoholprobleme traten immer mehr zum Vorschein. Er machte einen äußerst verwirrten Eindruck und wurde gegenüber Reportern, Fans und jedem außerhalb seines kleinen Freundeskreises noch intoleranter als er von jeher schon war.
Bei einer Schlägerei mit Rangers Teamkollegen Ron Stewart, mit ihm bewohnte er ein Haus auf Long Island, sie stritten sich über die Reinlichkeit im Haus und finanzielle Angelegenheiten, verletzte sich der nunmehr 40-jährige Sawchuk an der Leber und der Gallenblase so schwer, dass er am 31. Mai 1970 einige Stunden nach der Operation im Krankenhaus verstarb. Es wurde nie geklärt, ob die Torhüterlegende von einem Kniecheck seines Kontrahenten so schwer getroffen wurde oder heftig gegen den Barbeque Grill stieß, wie es Stewart behauptete. Das Gericht entschied, dass es sich bei Sawchuks Tod um einen Unfall handelte.

Ein Ende, das zum Leben des Terry Sawchuk passte. Doch seine sportlichen Erfolge wurden durch seinen frühen Tod noch mehr zur Legende. 1971 wurde der Verstorbene mit der Lester Patrick Memorial Trophy für seine besonderen Verdienste um das Eishockey in den USA ausgezeichnet. Im selben Jahr wurde er in die Hockey Hall of Fame aufgenommen.
Am 6. März 1994 bekam er die Ehre, die ihm sicher am meisten gefallen hätte: Seine geliebten Detroit Red Wings schickten seine Nummer 1 in den 'Ruhestand' und hissten ein Banner in der Joe Louis Arena mit seinem Namen.
(sth)

 

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