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nr.50 / feb. 2002 

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SPIELERPORTRAIT

Patrick Roy - Bester Torhüter aller Zeiten?

von Stefan Herget

Michel Roy erinnert sich noch genau an den Moment, als er seinen Sohn Patrick sah, wie er das erste Mal einen Handschuh überzog. Es war nicht Sinn und Zweck Patricks Hände vor der Kälte eines Winters im klirrenden Quebec zu schützen, sondern es war ein Handschuh, den Eishockeytorhüter dazu benutzen, den Puck zu fangen. Der kleine Patrick fand sofort Gefallen an seinem Geschenk, dass er soeben zu Weihnachten erhalten hatte und wollte ihn gar nicht mehr ausziehen.

Die Geschichte eines der größten Torhüter der NHL war geboren. Vier Stanley Cups, drei Vezina Trophys für den besten Torhüter einer NHL-Saison, drei Conn Smythe Trophys für den besten Spieler in den Playoffs und mehr absolvierte Partien in der NHL als jeder anderer Torsteher, sowohl in der regulären Saison, als auch in den Playoffs, hat die lebende Legende der Colorado Avalanche mittlerweile gewonnen. Weiterhin gehört der 36-Jährige zur Creme de la Creme auf seiner Position und hat nichts von seiner Passion für das Spiel Eishockey verloren, im Gegenteil sie ist stärker als jemals zuvor. ‚Ich habe die Chance bekommen, vier Mal den Stanley Cup zu berühren und ich möchte ihn zum fünften Mal berühren', bekennt Roy.
Gierig, meinen Sie? Wenn Roy den Stanley Cup betrachtet, findet er seinen Namen auf drei Dekaden verteilt, in denen er aktiv war, eingraviert. Auf der Conn Smythe Trophy steht er so oft, wie kein anderer.

Und trotzdem, Roy spricht nach wie vor, wie ein nervöser Rookie, der er 1985 war, als ihn der damalige Montreal Canadiens Coach Jacques Lemaire im Trainingscamp nach einigen schlechten Aktionen unwirsch anschrie: ‚Soll ich dir ein Kissen bringen?'

Shjon Podein und Ville Nieminen gratulieren Roy zu einem Sieg, dem sie ihm zu verdanken haben.

'Fakt ist, dass ich es immer noch liebe zu spielen und noch einige Ziele habe, die ich erreichen möchte: Zum Beispiel die Schallgrenze von 1.000 NHL-Begegnungen brechen. Kein Goalie hat das zuvor geschafft. Aber das wichtigste ist jede Saison, den Cup zu gewinnen', betont der Kanadier.

Patrick Roy, der seit seinem zehnten Lebensjahr leidenschaftlich gerne Hockey Karten sammelt, wird mindestens zwei weitere Möglichkeiten haben, sein primäres Ziel zu erreichen, nachdem er im Sommer einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag für 17 Millionen US-Dollar, plus Option für eine weitere Spielzeit, abgeschlossen hat. Es gab durchaus Gerüchte, die meinten, der Kanadier würde es seinem Landsmann Ray Bourque gleichtun und nach dem Stanley Cup Triumph über die New Jersey Devils die Schlittschuhe an den Nagel hängen. Schließlich war er es selbst, der drei Jahre zuvor ankündigte nur noch drei Spielzeiten absolvieren zu wollen. Doch abgesehen von dem lukrativen Vertrag, entschied sich Roy noch nicht genug zu haben. Die Zeit war nicht reif, seinem Hobby Golf, schon den Vorrang zu gewähren.
'Meine Familie und ich lieben es in Colorado zu sehr', schwärmt der in Quebec geborene Spieler von seiner Wahlheimat. ‚Es ist ein toller Ort zu spielen und warum sollte ich dann gehen. Es war eine leichte Entscheidung zurück zu kommen. Diese Organisation ist die Beste, für die man spielen kann.'

Dabei kam Roy so eben aus einer der turbulentesten Spielzeit seiner langjährigen Karriere, eine die Fragen aufwarf, ob seine Zeit langsam ablaufen würde. Nicht nur die Avalanche standen wegen der letzten Saison von Bourque unter Druck, den Cup holen zu müssen. Nein, auch Roy hatte einige private Probleme, die er zu händeln hatte. Sein in die Öffentlichkeit gedrungener handfester Konflikt mit seiner Frau, die über Notruf die Polizei verständigte, als Roy während dieser Auseinandersetzung eine Türe in deren neuen Zuhause in einem Denver Vorort zertrümmerte, verschaffte ihm viel Medieninteresse. Roy wurde angeklagt und drohte im Falle eines Schuldspruches aus der USA ausgewiesen zu werden.
Noch schlimmer war, dass seine Popularität bei den Denver Fans auf einen Schlag massiv einbrach und das kurz nach dem Bruch des Siegesrekords von Terry Sawchuk, in dessen Rahmen Feierlichkeiten stattfanden und eine Straße in Denver nach Roy benannt wurde.

Einmal mehr zeigte sich, dass die Nummer 33 ein ganz Großer seines Sports ist. Er schaffte es seine Probleme immer dann aus der Welt zu schaffen, wenn er seine Uniform überstreifte. So führte Patrick Roy sein Team auf die topgesetzte Position in die Playoffs und zu seinem perfekten Glück wurde die Anklage fallen gelassen.

Die Kritik flammte jedoch erneut auf, als seine Auftritte im Conference Viertelfinale gegen Vancouver trotz eines 4-0 Erfolges nach Spielen zu wünschen übrig ließen und das erste Spiel im Halbfinale gegen Los Angeles erneut nach mäßiger Leistung des Torhüters verloren ging. Tags darauf erschien in der Denver Post eine abwertende Karikatur und ein Kolumnist stellte die Frage, ob Roy nicht der Schwachpunkt der Avs in deren Unterfangen den Stanley Cup zu holen, sei.
Alle belehrte er eines besseren und hielt in der zweiten Partie seinen Kasten sauber. Trotz der Hilfe von Bourque, der einen Puck in Baseballmanier auf der Linie klärte, zeigte Roy eine Klasseleistung und war ab diesem Zeitpunkt der gewohnt starke Rückhalt. Mal abgesehen von seinem groben, spielentscheidenden Schnitzer in der vierten Partie des Stanley Cup Finales, als er Devils Scott Gomez mit einem Fehlpass das 2-2 ermöglichte. Doch fehlerfreie Auftritte ohne einen Gegentreffer in Spiel 6 und nur einen in Spiel 7, ließen diesen Fauxpas schnell in den Hintergrund rücken.

Patrick Roy - Herr des Geschehens in allen Lagen.

Viele bezeichneten ihn schon zuvor, als den besten Torhüter aller Zeiten, weitere, die sich dieser Meinung anschließen, dürften aufgrund der jüngsten Erfolge hinzugekommen sein. Patrick Roy, dem nachgesagt wird, dass er mit seinen Torpfosten spricht, besonders nachdem sie ihm geholfen haben, gibt sich in dieser Frage bescheiden: ‚Es interessiert mich nicht, was Leute sagen, wer der Beste ist. Es liegt auch nicht an mir, das zu beurteilen. Ich versuche nur das Beste zu geben jeden Abend und die Leute können dann sagen, was sie wollen.'

Wo steht also Patrick Roy in der Liste der NHL-Torhüter? Auf den ersten Blick eine simple Frage - die spontane Antwort kann nur Nummer 1 lauten. Keiner hat mehr Saison- und Playoff-Spiele gewonnen als Roy. Keiner hat mehr Conn Smythe Trophys gewonnen als Roy. Wer hat mehr Stanley Cups gewonnen? Nicht viele.
Gerade die letzte Frage macht einige zögerlich, Roy zu krönen und fragen nach Ken Dryden. Er hat mit Montreal sechs Stanley Cups geholt und sein Gegentorschnitt liegt mit 2,24 um einiges geringer als der von Roy, der mit 2,60 in diese Saison gestartet ist. Der entscheidende Nachteil Drydens ist, dass er lediglich sieben volle Spielzeiten aktiv war und eine konstant gute Leistung über eine lange Karriere hinweg, ist eine Voraussetzung für solche Ehren.

Was ist mit Terry Sawchuk meinen andere? Er hat ebenso viele Stanley Cup Ringe wie Roy und hielt bis zum letzten Jahr über 30 Jahre lang den Siegesrekord. Sein Gegentorschnitt über 21 Spielzeiten hinweg liegt bei 2,51 und Sawchuk hat 103 Shutouts (Platz 1 in der ewigen Bestenliste) verbucht, während Roy erst 60 auf seinem Konto hat.
Doch auch diese Seite ist zu entkräftigen. Sawchuks Playoff Bilanz liegt bei 54 Siegen, sowie 48 Niederlagen und ist dabei nicht annähernd so stark wie Roys 137 Siege bei 80 Niederlagen. Dabei hat der Kanadier mit 19 Shutouts und einem Gegentrefferschnitt von 2,29 in den Playoffs einen weiten Vorsprung vor Sawchuk (0/2,54). Außerdem hat Roy höchstpersönlich den Siegesrekord von Sawchuk gebrochen und das mit fast fünf Spielzeiten weniger.

Die anderen großen Torhüter, besonders Glenn Hall, Jacques Plante, Tony Esposito, Dominik Hasek und Grant Fuhr können alle ihre eigenen Erfolge vorweisen. Doch auch wenn der Verzicht auf die olympischen Spiele in Salt Lake City, weil der extra vakante Spieler angeblich keine Spielgarantie erhalten hatte, Patrick Roy erneut viele Sympathien gekostet hat, kommt keiner in der Dichte der Erfolge an den Kanadier heran. Bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil und nutzen Sie unser Forum zur Diskussion. (sth)

 

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