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nr. 149 / jan. 2011 

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INTERVIEW
 
"Ich bin nicht nur kurz zu Besuch da!"

Interview mit Marco Sturm (Los Angeles Kings)

von Stefan Herget

Als sich Marco Sturm am 1. Mai 2010 im Playoffspiel seiner damaligen Boston Bruins gegen die Philadelphia Flyers ohne Einwirkung des Gegners zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit schwer am - dieses Mal allerdings am anderen - Knie verletzte, sprachen nicht Wenige davon, dass dies das Ende einer glanzvollen Karriere sein könnte. Doch der 32-jährige Bayer, der mit mittlerweile 236 Toren und 234 Assists in der NHL mit Abstand der beste Deutsche aller Zeiten ist, kam Ende Dezember 2010 zurück in den Spielbetrieb, allerdings nicht mehr im Trikot der Boston Bruins. Diese wollten ihn nicht behalten und transferierten ihn mit seinem Einverständnis am 12. Dezember zu den Los Angeles Kings. Nun versucht Sturm dort wahr zu machen, was ihm in seinen bisherigen Stationen San Jose und Boston seit über 13 Jahren nicht gelungen war, nämlich den Gewinn des Stanley Cups. Zurerst heißt es aber sich zu bewähren und für einen neuen Kontrakt zu empfehlen, denn sein Vier-Jahres-Vertrag läuft zum Ende der Saison aus.
Eishockey.com Redakteur Stefan Herget hat Marco Sturm deswegen einige interessante Fragen gestellt, die der geborene Dingolfinger gerne beantwortete.

Eishockey.com: "Wie geht es dir nach den ersten absolvierten Spielen in Los Angeles?"

Sturm: "Es geht durchaus gut. Ich versuche meinen Weg zu finden, um zu alter Stärke zurück zu finden. Ich weiß, dass es dazu noch etwas dauern wird, aber insgesamt läuft es hier sehr gut. Es ist ein tolles Team und ich habe auch schon Höhen und Tiefen erlebt. Aber ich hoffe wir kommen schnell aus dem Tief heraus und kommen zurück."

Eishockey.com: "Wie war das Gefühl nach so langer Zeit und der zweiten schweren Knieverletzung innerhalb kurzer wieder auf dem Eis aktiv zu sein?"

Sturm: "Es war großartig. Ich war eine lange Zeit außer Gefecht. Aber natürlich war ich auch nervös, denn es waren schwere Verletzungen und ich wollte sicher gehen, dass diese nicht gleich wieder aufbrechen. Das alles geht durch deinen Kopf und deswegen ist die mentale Stärke besonders wichtig. Aber Tag für Tag geht es besser und ich hoffe gesund zu bleiben."

Eishockey.com: "Du hast die mentale Seite angesprochen. Wie schaffst du es trotzdem 100 Prozent zu geben, um im Wettbewerb bestehen zu können?"

Sturm: "Die Ärzte haben ihr OK gegeben, dass ich spiele und deshalb weiß ich, dass alles in Ordnung ist. Aber wie gesagt muss man trotzdem gerade mental sehr stark sein, um in den vielen Spielen, die wir absolvieren bestehen zu können. Das ist nicht immer einfach, aber ich denke, dass ich das ganz gut hinkriege."

Eishockey.com: "Du hast die Höhen und Tiefen des Teams angesprochen. Zuerst drei Siege, dann vier Niederlagen in Folge. Fehlt der Mannschaft etwas die Konstanz?"

Sturm: "Ja sicherlich. Wir haben ein sehr junges Team und alle haben jeden Tag zu lernen, um besser zu werden und mehr Konstanz zu erreichen. Wenn wir einen Lauf haben, dann können wir sicher jeden schlagen, aber zur Zeit läuft es nicht rund. Deswegen muss immer darauf geachtet werden gerade die kleinen Dinge richtig zu machen. Und dann wird es auch wieder aufwärts gehen."

Eishockey.com: "Warst du überrascht von dem Trade oder hattest du bereits eine Vorahnung?"

Sturm: "Nein, ich war sehr überrascht. Mir wurde nur gesagt, dass ich ein Treffen mit der Teamleitung haben werde und das war es. Mir hat es in Boston gefallen und ich wäre gerne geblieben, aber es kam nicht so wie ich es mir vorgestellt habe. Jetzt bin ich glücklich hier zu sein, bei einer Mannschaft, die mich haben will und ich hoffe das zurückzahlen zu können."

Eishockey.com: "Du hast auf deine im Vertrag geregelte Non-Trade Klausel verzichtet. Hattest du dazu Vorgaben bezüglich des Zieles gemacht?"

Sturm: "Ja ich hatte fünf Mannschaften, die an mir interessiert waren. Aber für mich war es keine Frage gewesen, mich für L.A. zu entscheiden. Ich habe das Team ein paar Wochen vorher live gesehen und das was ich gesehen habe, hat mir sehr gut gefallen: Ein junges, hungriges Team, das einen Linksaußen gesucht hat."

Eishockey.com: "Inwiefern hat Dean Lombardi als dein erster General Manager in San Jose und jetziger Manager in L.A. den Wechsel beeinflusst?"

Sturm: "Natürlich, ich habe Dean in San Jose und auch Boston erlebt, wie er tolle Teams geformt hat. Und unser Ziel hier ist es auch ganz nach oben zu kommen. Wir haben dazu noch einen Weg vor uns, doch die Richtung ist klar."

Verbissen kämpft Marco Sturm um den Puck.

Eishockey.com: "Haben deine positiven Erfahrungen in San Jose dazu beigetragen, dass du gerne nach Kalifornien zurück gingst?"

Sturm: "Sicher. Ich hatte eine großartige Zeit in San Jose und es war lange meine Heimat. Ich liebe Kalifornien und ich hatte schon lange Gedanken irgendwann hierher zurück zu kehren. Aber es braucht dafür die richtige Zeit und das richtige Team. Das hat sich jetzt beides ergeben und ich bin froh wieder hier zu sein."

Eishockey.com: "Die ersten Wochen nach dem Trade sind wohl die schwierigsten bis man sich wieder in der neuen Stadt auskennt, seine Teamkameraden besser kennenlernt usw.. Ist das eine besondere Herausforderung für dich?

Sturm:: "Ja das stimmt schon, aber ich wurde vom ersten Moment hier super aufgenommen. Alle haben mir geholfen, es ist eine tolle Truppe. Das hat es mir einfach gemacht. Und von daher fühle ich mich seit den ersten Tagen schon sehr wohl, als wenn ich schon eine längere Zeit hier wäre. Das zeigt auch den Charakter des Teams."

Eishockey.com: "Deine Familie ist mit dir nach L.A. gekommen und ihr sucht euch jetzt ein neues Zuhause?"

Sturm: "Sie sind jetzt noch einmal nach Boston geflogen, um ein paar Dinge zu organisieren, aber wir hoffen, dass wir das alles dann auch in Kürze auf die Reihe bringen und etwas Schönes fiinden."

Eishockey.com: "Stehst du unter besonderem Druck, weil dein Vertrag zum Saisonende ausläuft und siehst du deine Zukunft in L.A.?"

Sturm: "Ja, das ist mein Ziel. Ich bin nicht nur kurz zu Besuch da. Ich will beweisen, dass ich im Vollbesitz meiner Kräfte bin und tolle Leistungen abrufen kann. Dazu ist noch einiges an Arbeit nötig, doch ich denke dass der Weg stimmt und dann werden wir hoffentlich über eine weitere Zusammenarbeit hier sprechen können."

Eishockey.com: "Die Western Conference und die Pacific Division sind sehr eng umkämpft. Wo siehst du die Kings am Ende stehen?"

Sturm: "Ich denke wir gehören zu den Top 6 Teams. Aber wir müssen sehr schwer darum kämpfen, denn der Tabellenstand ist brutal eng und derzeit zählt jeder Punkt. Als wir unsere Siegesserie hatten, haben wir gezeigt, wie gut wir sind und dass wir jeden schlagen können. Deswegen müssen wir versuchen, diese Leistungen zu konservieren. Jedes Spiel ist wichtig."

Eishockey.com: "Was würde Marco Sturm denken, wenn Boston im Sommer den Stanley Cup holt?"

Sturm:(lacht) "Also wenn sie es sich verdienen, dann soll es so sein. Aber ich wäre auf keinen Fall sauer darüber, sondern ich würde es dem Team und den Kollegen gönnen, denn sie haben es sich hart erarbeitet. Als ich dort hinkam, waren wir im unteren Drittel der Tabelle und haben uns in fünf Jahren hoch gearbeitet. Das ist eine tolle Leistung für eine großartige Organisation. Für mich ist es Vergangenheit, aber deswegen würde ich es der Franchise trotzdem absolut gönnen."

Eishockey.com: "Und was würde er denken, wenn er es mit L.A. schafft und etwas erreicht, was Wayne Gretzky nicht gelungen ist?"

Sturm: (lacht) "Ja, das wäre schon eine Supersache. Natürlich ist das mein Traum und Ziel und es wäre auch an der Zeit für mich. Das ist es schließlich, wofür ich spiele und jeden Tag kämpfe. Und nachdem ich den Stanley Cup noch nicht in den Händen halten durfte, kämpfe ich um so härter, den Stanley Cup Ring irgendwann doch noch zu erhalten."

Eishockey.com: "Marco, vielen Dank für dieses Interview und wir wünschen dir alles Gute, dass du noch lange in der NHL zu sehen bist."

Wir bedanken uns bei Mike Kalinowski von der Medienbetreuung der Los Angeles Kings, der dieses Interview ermöglicht hat. (sth)

 

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