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nr. 148 / dez. 2010 

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Spieler-Report
 
Jonas Hiller - Selber sein größter Kritiker

von Stefan Herget

Jonas Hiller und Redakteur Stefan Herget.

Jonas Hiller ist ziemlich angefressen und packt frustriert seine Sachen, als ich ihn am 26. November nach der Nachmittagspartie seiner Anaheim Ducks gegen den Titelverteidiger aus Chicago anspreche. "Es ist momentane eine komische Situation", beschreibt er kurz sein Befinden, nachdem er kurz zuvor nach dem vierten Gegentor das Eis vor Ablauf der Spielzeit verlassen hatte. "Wir spielen eigentlich gut, aber wir kriegen immer wieder blöde Tore durch dumme Fehler und vorne bringen wir unsere Chancen nicht rein. So macht das Spiel natürlich keinen Spaß." Spaß, der derzeit in der Mannschaft der Anaheim Ducks etwas verloren gegangen ist und der vielleicht fehlt, um das Quäntchen schneller am Puck zu sein als der Gegner oder das nötige Selbstvertrauen gibt, auch einmal das Unmögliche zu wagen und damit Erfolg zu haben.

Mit einer 1-4 Niederlage gingen die Ducks an diesem Nachmittag nach Thanksgiving vom Eis und das obwohl sie trotz deutlicher spielerischer Überlegenheit der Gäste eigentlich die besseren Chancen hatten und mit 1-0 in Führung gingen. Hiller hält an diesem Tag zunächst gut, doch als ihm das 1-1 äußerst unglücklich durch die Schoner rutschte und langsam über die Linie trudelte ohne dass ein Verteidiger klären konnte, merkte man die Verunsicherung, die zweifelsohne da ist. "Wir spielen in der einen Minute gut und in der nächsten Minute wieder schlecht, so dass man meint es steht ein anderes Team auf dem Eis. Es fehlt einfach die Konstanz", umschreibt der 28-jährige Schweizer Torhüter seine Sicht der Dinge. Er nimmt sich aber bei der Kritik ebenso nicht aus: "Ich muss natürlich auch mal einen Unhaltbaren raus tun. Das gelingt mir momentan nicht."

Eine ungewohnte Problematik für Hiller, der seit seinem NHL Debüt 2007 bei der Premiere 2007 in London mit Ausnahme einer kurzen Zeit im Farmteam Portland Pirates zu Beginn, als er hinter Jean-Sebastien Giguere und Ilya Bryzgalov nur die Nummer 3 war, stets mit besten Werten in der Liga aufwartete. Und dass obwohl es für die Anaheim Ducks selbst nicht immer gut lief. Aber auf den in Urnäsch im Kanton Appenzell aufgewachsenen Hiller war Verlass. Eine Tatsache, die ihm den Stanley Cup Gewinner Torwart von 2007 Giguere als Nummer 1 verdrängen ließ und ihm im Januar 2010 kurz vor den Olympischen Spielen in Vancouver einen mit insgesamt 18 Millionen US-Dollar sehr gut dotierten Vier-Jahres-Vertrag einbrachte.

Dort an der kanadischen Westküste präsentierte sich Hiller für seine Nationalmannschaft erneut in bester Form und brachte die hoch favorisierten Teams aus Kanada und den USA gegen seine Schweiz mit zahlreichen Paraden fast zur Verzweiflung. Trotz seiner guten Leistungen verpassten die Ducks aber in der anschließend fortgesetzten NHL Saison die Playoffs. Gerade auch deswegen steht das Team in diesem Jahr schon unter besonderem Erfolgsdruck und ein solch guter Vertrag macht einen natürlich zum Führungsspieler, der mit gutem Beispiel voran gehen sollte.

Also wie sieht das Geheimrezept eines Leitwolfes für sein Rudel aus, um missliche Lagen zu meistern? "Jeder muss noch härter an sich arbeiten und noch mehr kämpfen, um sich und letztendlich dadurch das Team zu verbessern. Es ist tödlich zu glauben, es geht von alleine, nur weil man sich gewisse Erfolge in der Vergangenheit erarbeitet hat." Kritische Anmerkungen, die in die Richtung einiger Leistungsspieler gehen. Wird aber auch ein Hiller, der allgemein als Perfektionist angesehen wird, noch härter an sich arbeiten, wollte ich wissen. "Na klar. Ich bin fast nie mit mir zufrieden und bin mein größter Kritiker. Ich möchte es am nächsten Tag immer noch besser machen als am Tag zuvor." Jonas Hiller weiß aber auch, dass er sich damit nicht immer befrieden kann . "Das gelingt mir nicht immer. Aber wie will man jemals den Gipfel erreichen, wenn man nicht ständig einen Schritt bergauf geht?" Mittlerweile haben sich auch zahlreiche amerikanische Kollegen um uns versammelt, um ein Statement von Hiller zu bekommen und er muss sich nochmals, dieses Mal auf Englisch, erklären. Eine Situation, die er souverän meistert. Jonas Hiller ist gefragt, auch in den schwierigen Zeiten. Es scheint so, als tat es ihm dann doch gut, etwas über die Situation zu reden und den Frust nicht in sich hinein zu fressen. Zumindest wirkte er nun wesentlich lockerer als zu Beginn des Gespräches.

Und sportlich ging es ebenfalls gleich wieder aufwärts, denn mit 30 Saves führte Hiller seine Ducks nur einen Tag später in Phoenix zum ersten Sieg nach fünf Niederlagen und beim Derby gegen die Los Angeles Kings zwei Tage darauf folgte mit 27 abgewehrten Schüssen sogar der erste Saisonshutout. Jeder Punkt zählt im engen Rennen der Western Conference. Die Anaheim Ducks wollen auf jeden Fall dieses Jahr in den Playoffs dabei sein und Jonas Hiller will als Führungsspieler seinen Teil dazu beitragen. (sth)

 

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