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nr. 141 / apr. 2010 

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INTERVIEW
 
"Wir haben ein sehr hohes Potenzial"

Interview mit Thomas Greiss (San Jose Sharks)

von Stefan Herget

Thomas Greiss im Gespräch mit unserem Redakteur Stefan Herget.

Ersatztorhüter Thomas Greiss verlässt als letzter Spieler nach dem Training das Eis, nachdem er zuvor mit seinem Trainer noch eine Extraschicht eingelegt hat. Sofort umlagern ihn ein paar Autogrammjäger. Die anderen Leute, die nur auf die Stars wie Joe Thornton oder Dany Heatley aus waren, haben sich schon zurückgezogen. So bleibt dem Deutschen genügend Zeit sich um die Verbliebenen zu kümmern. Ein Vater möchte ein Bild von Thomas mit seinem Sohn, doch der Junge, ca. 5 Jahre alt, traut sich nicht, sich zu dem Mann mit der üppigen Ausrüstung zu stellen. Eine Szene aus dem Training der Sharks in deren Eiscenter in San Jose. Thomas Greiss, Nummer 2 im Tor der San Jose Sharks, ist bei den Fans wegen seiner offenen und netten Art äußerst beliebt. Das spürt man auch, als er zwei Tage später im Spiel gegen Colorado auflaufen darf. Als er angekündigt wird brandet Beifall und Jubel auf, den der 24-jährige gebürtige Füssener mit seiner anschließenden Leistung von 43 Saves bereits zuvor zurecht erntete. Unsere Redakteure Stefan Herget und Bernd Rösch trafen den sympathischen Bayer, der das bayerische Wappen auf der Rückseite seiner Maske trägt, und befragten ihn für die Leser von Eishockey.com zu verschiedenen Themen:

Eishockey.com: Wie bist du soweit zufrieden mit dem Saisonverlauf?

Greiss: Ganz gut. Ich hatte zwar nicht so viele Spiele, aber wenn ich gespielt habe, dann war ich gut und die Mannschaft spielt super. Wir sind vorne dabei, für die Playoffs qualifiziert und dann schauen wir mal, was wir da erreichen können.

Eishockey.com: Und persönlich, wärst du sicher gerne öfters im Kasten gestanden?

Greiss: Ja schon, aber mit Evgeni Nabokov habe ich einen Mann vor mir, der eine überragende Saison spielt. Da ist es natürlich schwer reinzukommen, aber wenn ich auflaufen darf, dann macht das Spaß und ich gebe natürlich alles.

Eishockey.com: Ist das eine Schwierigkeit für dich, 'kalt' auf der Bank zu sitzen und jederzeit damit zu rechnen, plötzlich ins Geschehen eingreifen zu müssen?

Greiss: Es ist nicht mein liebstes Ding. Man kann sich in der NHL nicht viel warm machen und bekommt als Backup dabei nicht viele Schüsse. Dann sitzt man da auf engstem Raum und wird total steif. Da ist es schon schwierig von Null auf Hundert zu kommen und keinesfalls leicht.

Eishockey.com: Rechnest du dir Chancen aus hier irgendwann Nummer 1 zu werden oder wird sich das eher durch einen Wechsel realisieren lassen?

Greiss: Das ist zum momentanen Zeitpunkt sicher schwer zum Sagen. Aber Nabokov wird auch nicht jünger. Er ist jetzt 34 Jahre. Ich habe noch bis Ende der nächsten Saison einen Vertrag hier und dann werden wir sehen was passiert.

Eishockey.com: Du bist der letzte deutsche Spieler in San Jose. Als du kamst waren es vier. Kannst du was dazu sagen, wie es zu dieser Entwicklung kam und ob sich für dich dadurch etwas geändert hat?

Greiss: Es ist ein sehr schnelllebiges Geschäft, von den Hintergründen bei Trades bekommen wir Spieler wenig mit. Irgendwann heißt es, der wurde getradet und dann muss man die Sachen packen. Selbstverständlich ist es nett, wenn man Landsleute in der Kabine hat, mit denen man ein bißchen auf Deutsch reden kann, aber innerhalb der Mannschaft kommt man mit den anderen auch klar.

Eishockey.com: Es gibt also keine Schwierigkeiten bei euch im Team, denn es war schon ungewöhnlich, dass ihr letztens plötzlich sechs Spiele in Folge verloren hattet?

Greiss: Nein, wir hatten eine schlechte Phase und es lief nicht so wie wir uns das vorgestellt haben, aber das hatte nichts damit zu tun, dass es in der Mannschaft nicht stimmte. Der Zusammenhalt ist da.

Eishockey.com: Stellst du eigentlich auch fest, dass Fans aus Deutschland hier her kommen, um dich zu sehen?

Greiss: Ja doch, immer wieder sieht man deutsche Trikots und Fahnen. Erst vor Kurzem waren wieder welche aus München da und das freut einen dann schon.

Eishockey.com: Als du dich hier in San Jose etabliert hast, da musstest du dich mit Dimitri Pätzold, der mittlerweile wieder in der DEL spielt, auseinandersetzen. War das ein Problem für dich, mit ihm in Konkurrenz um einen Platz hier im Team zu stehen?

Greiss: Nicht wirklich. Wir haben das beide sehr sportlich gesehen und sind gute Freunde. Wir haben ja auch im Farmteam zusammen gespielt. Natürlich kämpft man um seine Leistung, aber wir haben uns immer fair zueinander verhalten.

Eishockey.com: Bei Olympia habt ihr euch wieder einmal getroffen. Wie beurteilst du das Abschneiden der deutschen Mannschaft, nachdem es in den heimischen Medien sehr scharf kritisiert wurde?

Greiss: Es lief schon auch sehr unglücklich für uns. Klar, das Spiel gegen Weißrussland war nicht das Beste, aber die Niederlage kam letztendlich auch durch zwei glückliche Schüsse der Gegner zu Stande. Gegen Schweden haben wir uns teuer verkauft und mit ein bißchen Glück, wenn der ein oder andere Pfostenschuss rein wäre, hätte es anders ausgesehen. Die Spiele gegen Kanada und Finnland fielen von den Toren her sicher zu hoch aus, aber die spielen auch in einer anderen Klasse. Es ist halt wie so oft im Sport: Es gibt schlechte Tage und gute Tage. Dass jedoch im Fernsehen (Anm. Kommentator Günter-Peter Ploog im ZDF) so über uns hergezogen wurde, haben wir gehört und fanden es natürlich nicht gut.

Eishockey.com: Ärgerst du dich ein bißchen, dass du eventuell die Weltmeisterschaft im eigenen Land und das Eröffnungsspiel auf Schalke verpasst?

Greiss: Sicher wäre ich da gerne dabei, denn es macht immer riesigen Spaß für die Nationalmannschaft aufzulaufen und bei dem Team dabei zu sein und sein Land zu vertreten. Noch dazu vor eigenem Publikum, das sehr begeisterungsfähig ist. Aber ich habe meinen Job hier und den muss ich erfüllen, das hat eindeutig Priorität.

Eishockey.com: ... und der Gewinn des Stanley Cups wäre ja auch nicht schlecht, oder?

Greiss: Aber so eine Goldmedaillie würde sich zu Hause auch gut machen (lacht).

Eishockey.com: Ich denke, da ist Ersteres um einiges wahrscheinlicher.

Greiss: Davon kann man ausgehen (grinst).

Eishockey.com: Wie siehst du dieses Jahr die Chancen für die Playoffs, nachdem ihr letzte Saison als Topfavorit gleich in der ersten Runde fast schon kläglich gescheitert seid?

Greiss: Es geht alles sehr eng zu, das sieht man auch in der Tabelle. Alle können gut spielen und jeder kann jeden schlagen. Von den individuellen Spieler her haben wir natürlich ein sehr hohes Potenzial und müssen dafür sorgen, dass das den Unterschied ausmacht. Aber wenn das Quentchen Glück fehlt, dann scheitern auch die besten Teams.

Eishockey.com: War für dich eigentlich die Umstellung auf die engere Eisfläche in der NHL schwierig, als du hier in den USA angefangen hast?

Greiss: Es ist schon etwas Umgewöhnung, aber die bekommt man relativ schnell in den Griff. Ich muss sagen, dass ich mittlerweile lieber auf der engeren NHL-Eisfläche spiele, als auf der europäischen.

Eishockey.com: Wenn du auf der Bank sitzt, dann hast du ein Brett und notierst verschiedene Dinge. Was schreibst du da?

Greiss: Ich führe die Bully Statistik. Ich notiere, wo die sind, ob sie gewonnen oder verloren wurden und in welche Richtung der Puck sprang...

Eishockey.com: Ist ja interessant, dass man dann so einen Job noch bekommt ...

Greiss:(lacht) Das ist nur damit ich wach bleibe.

Eishockey.com: Nächste Saison werden die Sharks in Stockholm beim Saisonauftakt in Europa dabei sein. Freust du dich darauf, denn dort werden mit Sicherheit auch wieder deutsche Fans vertreten sein?

Greiss: Ich finde es toll, dass wir in Europa dabei sind. Eigentlich war auch im Gespräch in Deutschland zu spielen, doch das hat sich wieder zerschlagen. Aber auch in Schweden wird es bestimmt gut und interessant.

Eishockey.com: Zum Abschluss die Frage: Wirst du der Erste sein, der den Stanley Cup in deine Heimat nach Bayern bringt?

Greiss: Ich hoffe doch. Das ist mein Ziel.

Eishockey.com: Thomas, vielen Dank für das nette Gespräch und weiterhin viel Glück und Erfolg. (sth)

 

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