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nr.123 / okt. 2008 

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INTERVIEW
 
Der Mannschaftserfolg steht über allem!
Fragen an Marco Sturm und Christoph Schubert

von Stefan Herget

Marco Sturm

Christoph Schubert

Marco Sturm und Christoph Schubert verbindet so einiges und trennt so vieles. Sie stammen beide aus Bayern und haben sich in der NHL etabliert. Während der 30-jährige Sturm hingegen schon zu den Routiniers zählt und im Team der Boston Bruins zu den Stützen gehört, muss der 26-jährige Schubert, der seine vierte Spielzeit bei den Ottawa Senators in Angriff nimmt, weiter um seine Position in der Mannschaft kämpfen. So durfte Schubert in den letzten Spielzeiten selten seinem Wunsch entsprechend als Verteidiger auflaufen, sondern wurde häufiger als Außenstürmer eingesetzt. Zeiten, die jetzt vorbei sein sollen. Sturm hingegen möchte sich weiter entwickeln, was aber aufgrund seiner guten Bilanz von mittlerweile über 200 NHL-Treffern, auch kein leichtes Unterfangen sein wird.

Eines eint aber beide: Der Wunsch, den Stanley Cup zu holen und dann endlich nach Deutschland bzw. in ihre bayerische Heimat zu bringen. Doch während der gebürtige Münchener Schubert mit den Senators durchaus bei einem Titelanwärter spielt, ist der Dingolfinger Sturm mit den Bruins eher Außenseiter. Doch für den Erfolg der Mannschaft würden beide ihre eigenen Ansprüche gerne herunterschrauben.

Eishockey.com Redakteur Stefan Herget traf beide sympathische Spieler während der Preseason in Halifax bzw. Ottawa und befragte sie zu ihrer Situation, die letzte Weltmeisterschaft mit Deutschland in Kanada und natürlich über die kommende Saison.

Marco Sturm:

Marco Sturm(re.) in "zivil" mit unserem Redakteur Stefan Herget

Eishockey.com: Wie war dein Sommer?

Sturm: Schön wie immer. Ich war in Deutschland und habe es genossen.

Eishockey.com: Seit wann bist du wieder in Nordamerika?

Sturm: Ich bin seit Anfang September hier. Das ist gut für die Zeitumstellung und ich bin immer zeitig hier um mich entsprechend einzugewöhnen. Außerdem gehen die Kinder jetzt in die Vorschule und die fängt im September an.

Eishockey.com: Kommen wir mal kurz auf die WM zu sprechen: Sie verlief sportlich und vom Umfeld her nicht sehr zufriedenstellend. Wie siehst du das mit etwas Abstand?

Sturm: Was heißt nicht zufriedenstellend? Klar ist es nicht so gut gelaufen, aber man hat einfach gesehen, dass uns zur Weltspitze noch einiges fehlt und die anderen Nationen uns auf der kleinen Eisfläche deutlich überlegen waren. Da hatten wir keine Chance. Wir konnten letztendlich froh sein, dass wir die Abstiegsrunde vermeiden konnten, weil dort wäre es richtig schwierig geworden.

Eishockey.com: Zurück zur NHL: Wie sind denn nun deine Ziele und Perspektiven für die kommende Saison?

Sturm: Persönlich möchte ich einfach besser sein als letztes Jahr und die Mannschaft sollte einen Schritt vorwärts machen, d.h. wir wollen in den Playoffs mindestens eine Runde weiter kommen.

Eishockey.com: Also der Einzug in die Playoffs ist wieder eine Vorgabe?

Sturm: Ja klar, das ist ein Muss in Boston. Das wird von uns erwartet.

Eishockey.com: Die Saisonanalysen der Eishockeyjournale sind sich eher uneinig über Boston. Während Ihr bei der einen Zeitschrift in die Playoffs kommt, sehe es andere pessimistischer. Du bist aber vonm euerem Potenzial überzeugt?

Sturm: Sicher wird es kein Selbstläufer und ein hartes Stück Arbeit, weil wir noch nicht ganz oben sind. Aber das Team kann natürlich um die Plätze Fünf bis Acht mitspielen. Wir hatten schließlich letztes Jahr einiges Verletzungspech und uns trotzdem durchgekämpft. Jetzt können wir voll durchstarten und das stimmt optimistisch.

Eishockey.com: Es wird in den Analysen das Manko angesprochen, das Boston keinen 30 Tore Torjäger hat. Kannst du da nicht in die Bresche springen?

Sturm: (lacht) Wird langsam Zeit, oder? Na klar ist das auch ein Ziel von mir, mich in diesem Bereich weiter zu entwickeln und die Marke von 30 Toren in dieser Saison zu knacken.

Eishockey.com: Du hast die letzten sechs Spielzeiten jeweils über 20 Tore erzielt. Ist das eine Bilanz auf die man stolz sein kann?

Sturm: Ja natürlich. Es ist ein Traum überhaupt so weit gekommen zu sein. Aber wenn man kurz davor ist, dann will man auch mal die 30 Tore erreichen.

Eishockey.com: Wie wichtig sind für dich Statistiken? Betrachtet man zum Beispiel den Plus-Minus-Wert von dir, dann fällt auf, dass du dich in der letzten Saison in diesem Bereich stark verbessert hast.

Sturm: Klar zeigt die Statistik wie gut man persönlich drauf ist und es ist schön, wenn die Werte gut sind, aber letztendlich entscheidet nur, wie das Team abschneidet. Wenn wir den Cup holen würden, dann wäre mir mein persönliches Ergebnis ziemlich egal.

Eishockey.com: Und können wir erwarten, dass Marco Sturm den Cup nach Deutschland bzw. Bayern bringt?

Sturm: (lacht) Hoffentlich. Ein paar Jahre habe ich ja noch vor mir. Es ist das Ziel eines jeden Spielers hier, den Stanley Cup zu holen und es ist das Größte, was man als Eishockeyspieler erreichen kann. Es wäre schön, den Cup als erster Spieler nach Bayern zu holen.

Eishockey.com: Mit Boston oder eventuell noch mit einem anderen Team?

Sturm: Am Schönsten wäre es mit Boston. Aber wir haben bis dahin noch einen langen Weg vor uns. Doch manchmal geht es auch unerwartet schnell und ich habe das nötige Glück. Das wäre schon eine tolle Sache.

Eishockey.com: Dann wünschen wir dir dafür alles Gute, sowie eine verletzungsfreie und erfolgreiche Saison.

Sturm: Vielen Dank. Das kann ich gebrauchen.

Christoph Schubert:

Christoph Schubert(re.) im Gespräch mit unserem Redakteur Stefan Herget

Eishockey.com: Wie war dein Sommer?

Schubert: Sommer ist immer schön, wenn man zu Hause ist, Familie und Freunde sieht. Von daher habe ich es schon ganz gut genossen.

Eishockey.com: Was machst du so um dich in der Pause fit zu halten?

Schubert: Wir bekommen immer einen Trainingsplan von den Physiotherapeuten mitgeschickt und da steht drin, auf was man sich verstärkt konzentrieren soll. Von daher gehe ich fünf Mal in der Woche in den Kraftraum. Wenn es geht dann drei Mal die Woche aufs Eis und natürlich zur Abwechslung joggen und ein bißchen Fußball.

Eishockey.com: Schaun wir noch einmal zurück auf die Weltmeisterschaft. Du warst ja als Spieler vor Ort. Dort hat es einige Unstimmigkeiten gegeben und das ganze Turnier lief aus Sicht der deutschen Mannschaft wenig harmonisch und sportlich erfolgreich ab. Wie siehst du das in Nachhinein: War das Turnier ein Rückschritt für das deutsche Eishockey?

Schubert: Es ist schwer zum Sagen. Jeder sucht immer ein paar Ausreden und dann wird natürlich von Außen sehr viel reingeredet. Jeder muss sich aber schließlich an die eigene Nase fassen. Der "Buschi" (Red. Florian Busch) hat einen Fehler gemacht und den hat er eingesehen. Beim "Holli" (Red. Jason Holland) hat man DEB nicht gut genug recherchiert. Das sind Fehler, die nicht passieren sollten, aber vorkommen.
Ansonsten haben wir ganz gut gespielt. Nur das einzige was nachhängt ist, dass wir das Spiel gegen Norwegen vergeigt haben und das lässt die WM einfach schlecht aussehen. Deswegen muss uns aber vor der Zukunft nicht bange sein.

Eishockey.com: Haken wir mal die Nationalmannschaft ab. Was sind nun deine Ziele und Perspektiven für die kommende Saison in der NHL? Du willst sicher mehr als Verteidiger spielen, oder?

Schubert: Vor der Saison hat mich der neue Trainer zu einem Gespräch in sein Kammerl geholt und dort hat er mir zugesagt, dass ich in der Vorbereitung Verteidiger sein darf und ich dort mich voll reinhauen soll. Ich denke, das habe ich umgesetzt und die Spiele liefen ganz gut soweit. Es liegt aber letztendlich am Trainer, was er machen wird. Ich bin zuversichtlich, aber man weiß hier nie, was sie mit einem machen. Ich kann nur weiter hart an mir arbeiten und so gut spielen wie möglich, dann stehen meine Chancen sicher gut.

Eishockey.com: Von Seiten des Team dürfte euer Anspruch bzw. die Erwartungen im Umfeld wieder deutlich Richtung Stanley Cup Gewinn laufen?

Schubert: Ja klar, wir hatten schließlich auch letztes Jahr einen sehr guten Start, ehe es stark abwärts ging. Wenn wir so wie am Anfang weitergespielt hätten, wäre vieles anders gelaufen. Wir haben diese Saison viele neue Spiele gekriegt, die passen ganz gut rein und spätestens in Schweden beim Saisonauftakt müssen wir zu einem richtigen Team werden, das heißt den nötigen Zusammenhalt finden und uns zu einer guten Mannschaft einspielen. Das ist die Basis. Aber es ist klar, dass wenn man bei einer kanadischen Mannschaft spielt, das Ziel nur der Stanley Cup heißen kann. Das Potenzial dazu haben wir und es liegt an uns dieses auszuschöpfen.

Eishockey.com: Um einmal auf die Statistiken sprechen zu kommen. Du hast letzte Saison 26 Scorerpunkte verbucht und dabei acht Tore erzielt, warst aber hauptsächlich als Stürmer eingesetzt. Aber ist das für dich auch ein Ziel, dich in diesem Bereich weiter zu verbessern?

Schubert: Ich gehe nicht in die Saison rein und setze mir als Ziel, so und soviel Tore zu schießen. Es ist natürlich immer wieder was schönen, den Puck zu versenken und wenn man bedenkt, dass der Dennis Seidenberg letzte Saison gar keines und Christian Ehrhoff nur eines gemacht hat, dann ist da schon ein Unterschied da. Aber es ist kein Ziel dieses Jahr 30 Punkte zu machen. Ich will, dass ich spiele und eine gute Leistung bringe. Scorerpunkte sind immer ein Pluspunkt, aber es ist ein Mannschaftsspiel und wenn meine Leistung stimmt und ich der Mannschaft helfen kann, dass wir Erfolg haben, rückt das Persönliche doch in den Hintergrund.

Eishockey.com: Also sind Statistiken für dich eher zweitrangig? Glaubst du nicht, dass du auch von der Teamleitung daran gemessen wirst?

Schubert: Ich glaube, dass sich das in den letzten Jahren ein bißchen geändert hat. Die Scorerpunkte haben einen persönlichen Reiz und sind für die Familie ganz gut anzuschauen, aber die Manager und die Scouts, die die Spieler beobachten, die wissen genau, was jeder für ein Spielertyp ist, also welchen Charakter er hat oder ob er ein Mannschaftsspieler ist, hart an sich arbeitet, nie aufgibt und wie er in der Kabine rüberkommt. Ich glaube das sind heute die entscheidenden Punkte. Und von daher ist die Scorerwertung hier eher zweitrangig.
Und letztendlich was nützt es mir, wenn ich 30 Scorerpunkte mache und wir verpassen trotzdem die Playoffs.

Eishockey.com: Mit Craig Hartsburg habt ihr einen neuen Trainer. Wie siehst du ihn, nachdem du ihn jetzt schon etwas kennengelernt hast?

Schubert: Ich halte ihn für einen guten Trainer. Er kommt etwas ruhiger rüber. Wenn ihm etwas nicht passt, dann erklärt er das relativ ruhig und sachlich und das ist dann auch gut verständlich. Wenn man Fragen hat, dann beantwortet er sie ganz normal und ist kein Sturkopf und sagt: 'OK, mit dir rede ich nicht'. Er kommt auf dich zu und klärt alle Anliegen. Das kommt gut an und bis jetzt kann ich mich keinesfalls beklagen.

Eishockey.com: Ich habe gehört, er wohnt bei dir in der Nähe. Hat das Nachteile, dass er z.B. sieht, ob das Auto vor der Türe steht?

Schubert: (lacht) Da hat er keine Chance, das steht sowieso in der Garage. Es kommt doch darauf an, was man im Stadion auf dem Eis macht. Und von daher gehe ich nicht davon aus, dass er sich für das Privatleben seiner Spieler interessiert.

Eishockey.com: Mit dem Schweizer Martin Gerber hast du noch einen Deutsch sprechenden Kollegen in der Mannschaft. Ist das ein Vorteil für dich?

Schubert: Wir verstehen uns sehr gut, aber es gibt generell in der Mannschaft keine Probleme. Es ist aber immer schön, wenn man sich mal mit jemanden auf Deutsch untehalten kann. Er ist ein Supertyp und unheimlich nett. Er ist unser Nummer 1 Goalie und jeder hat Vertrauen zu ihm, denn er zeigt tolle Paraden. Es macht einfach Spaß, ihn im Team zu haben.

Eishockey.com: Er steht aber derzeit stark in der Kritik und es kommt von daher viel Druck auf ihn zu.

Schubert: Wobei von der Mannschaft da nichts kommt, sondern das immer von Außen hereingetragen wird. Er hat den Rückhalt von der Manschaft und der Organisation und kann von daher befreit aufspielen. Er ist in einer Topform und wird das auch in der Saison zeigen.

Eishockey.com: Du warst 2007 im Stanley Cup Finale gestanden und hast da kritisiert, dass das Medieninteresse an dir und deiner Leistung in Deutschland zu wenig wahr genommen wird ...

Schubert: ... das stimmt so nicht. Ich habe nur kritisiert, dass es nicht sein kann, dass deutsche Spieler ins Halbfinale oder Finale in der besten Eishockeyliga der Welt kommen und keinen in Deutschland interessiert es. Es ging dabei nie persönlich um mich, sondern generell um alle deutschen Spieler, die hier in Nordamerika sind und trotz ihrer Leistungen zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Es wurde dann gesagt, ich möchte mehr Presse für mich haben, aber darum ging es keineswegs. Jeder freut sich wenn deutsche Spieler gedraftet werden und dann nach Nordamerika gehen, aber danach flacht das Interesse merklich ab und das finde ich schade. Und darum ging es mir.

Eishockey.com: Das passt zu meiner eigentlichen Frage: Ist das ein generelles Problem des Eishockeys in Deutschland, dass das Medieninteresse eher gering ist und die Sportart an Ansehen leidet. Angefangen von den Fernseh-Übertragungsrechten, weil Eishockey live nur noch im Bezahlfernsehen zu sehen ist und die öffentlich-rechtlichen Sender kaum bewegte Bilder zeigen?

Schubert: Es ist leider so. Aber die Verbreitung von Premiere ist glaube ich ganz gut. Das ist nicht das Problem. Es wird in Deutschland ja über Eishockey berichtet, aber die NHL kommt meiner Meinung nach trotz ihres hohen internationalen Stellenwertes in Deutschland viel zu kurz und das finde ich, was etwas schade ist.

Eishockey.com: Marco Sturm hat in unserem Interview geäußert, dass er den Stanley Cup gerne als Erster nach Bayern holen würde. Was sagst du dazu?

Schubert: (lacht) Oh, eine sehr mutige Aussage. Mit welcher Mannschaft? Mit Boston, oder was?

Eishockey.com: Das hat er offen gelassen. Er meinte, hoffentlich mit Boston.

Schubert: Ja gut, dann haben wir jetzt eine kleine Wette laufen. Da steige ich gerne mit ein. Ich würde es ihm natürlich gönnen, aber den Cup bringe ich vorher nach Bayern. Das ist klar.

Eishockey.com: OK, dann wünschen wir dir dabei viel Glück, sowie eine verletzungsfreie Saison und bedanken uns für das angenehme Gespräch.

Schubert: Schönen Dank.(sth)

 

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