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nr.115 / jan. 2008 

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INTERVIEW
 
"Der Grad zwischen Erfolg haben und Scheitern ist sehr schmal!"
Ein Interview mit David Aebischer

von Bernd Rösch und Stefan Herget

copyright by Unser-Nuernberg.de - Das Stadtmagazin

Er war für fünf Teams innerhalb der letzten 20 Monate tätig. Nach der Beendigung seines Engagements in Denver bei der Colorado Avalanche, wo er mehrere Jahre Backup hinter Patrick Roy und nach dessen Rücktritt zeitweise die Nummer 1 war, verschlug es den Schweizer Torhüter David Aebischer zumeist unfreiwillig in mehrere Richtungen. Erst in den Nordosten nach Montreal, dann in den Südwesten nach Phoenix, schließlich nach San Antonio in Texas irgendwo zwischendrin und zuletzt nach Hause in die Heimat zum HC Lugano.
Eine interessante Entwicklung, die viele als einen Abstieg vom NHL-Torhüter zurück in die Schweizer Liga sehen, doch der 29-jährige Aebischer sieht sich noch lange nicht am Ende seiner Karriere. Unsere Redakteure Bernd Rösch und Stefan Herget konnten am Rande des Eishockey Länderspieles Deutschland gegen die Schweiz in Nürnberg Aebischer über die Einschätzung zu seiner Lage und seine, trotz dieser Negativentwicklung, immer noch vorhandenen Ziele befragen.

Eishockey.com: Nach etlichen Wechseln bist du jetzt zurück in der Schweiz in Lugano. Wie kam das zustande?

Aebischer: Es war sicher nicht das, was ich mir zu Saisonbeginn vorgestellt hatte, aber am Schluss war es bestimmt die beste Entscheidung. Auf einmal spielte ich auch in San Antonio in der AHL nicht einmal mehr, was für mich etwas unverständlich und rätselhaft war. Darum habe ich mich dazu entschieden zurück in die Schweiz zu gehen, zu spielen und wieder Spaß am Eishockey zu haben.

Eishockey.com: Wie wurde der Kontakt zu Lugano geknüpft?

Aebischer: Ich bekam einige Angebote aus Europa, als ich in die AHL geschickt wurde. Doch ich hatte das damals noch abgelehnt, weil ich sagte, dass ich AHL spielen wolle, um mich wieder nach oben zu kämpfen. Doch als ich dann dort nicht einmal mehr zum Einsatz kam, wusste ich, dass ich den Schritt zurück nach Europa machen muss, nachdem ich in dieser Franchise wohl nicht mehr zum Zug kommen werde.

Eishockey.com: Nachdem mit Alex Auld Phoenix nun einen weiteren Torhüter abgegeben hat, wären deine Chancen vielleicht wieder gestiegen zurück in die NHL zu kommen?

Aebischer: Das kann man nie sagen. Boston hätte auch mich zum Beispiel nie geholt, weil Alex einen Zwei-Wege-Vertrag hat, d.h. sie können ihn jederzeit problemlos AHL spielen lassen, wenn ihre Stammtorhüter Tim Thomas und Manny Fernandez wieder fit sind. Und in Phoenix hat sich das Trainerteam wohl nun auf Ilya Bryzgalov und Mikael Tellqvist festgelegt.

Eishockey.com: War Phoenix das einzige Angebot, das du im Sommer hattest?

Aebischer: Nein, aber es war eindeutig das Beste, um noch einmal als Nummer 1 neu anzugreifen. Deswegen habe ich mich dafür entschieden und es bringt jetzt auch nichts zu überlegen: Hätte ich das oder das gemacht. Das ist alles zu spekulativ.

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Eishockey.com: Wie war eigentlich in Phoenix das Verhältnis von Wayne Gretzky zur Mannschaft? Geht er mit den Spieler eher kameradschaftlich um oder ist er sehr distanziert?

Aebischer: Es ist für mich natürlich schwer diese Frage neutral zu beurteilen, bei dem was vorgefallen ist. Also möchte ich mich dazu lieber nicht äußern.

Eishockey.com: Dann fragen wir mal anders: Als du in die AHL geschickt wurdest, sagte Gretzky im Interview, dass die Entscheidung schwer gefallen sei, aber du seist der Älteste von den drei Torhütern und hättest daher weniger Entwicklungschancen. Kann man das akzeptieren, wenn man so etwas mit 29 Jahren gesagt bekommt und doch schon einiges an Erfahrung vorweisen kann?

Aebischer: Nein, natürlich nicht. Als ich in die AHL geschickt wurde, hatte ich auch ein Gespräch mit dem General Manager, der mir gegenüber betonte, dass die Entscheidung eigentlich unfair sei, aber er die Entscheidung der Trainer akzeptieren und umsetzen müsse. Das täte ihm sehr leid.

Eishockey.com: Meinte er damit, dass du bei deiner Verttragsunterschrift davon ausgehen konntest eine faire Chance als Nummer 1 zu bekommen und dann erst später die anderen Konkurrenten geholt wurden?

Aebischer: Nein, das mit den Anderen spielte für mich keine Rolle. Man muss in der NHL mit Konkurrenz leben und Leistung zeigen, doch dass ich nur einmal spielen durfte und meiner Meinung nach dabei eine gute Partie gezeigt habe, wir aber 3-0 gegen Columbus verloren haben, das ist etwas, was ich nicht nachvollziehen und nur schwer akzeptieren kann. Wenn ich zwei oder drei Spiele schlecht gespielt hätte, dann hätte ich es verstanden. So aber nicht.

Eishockey.com: Ist es nicht so, dass auch sehr viel glückliche Umstände einen begleiten müssen? Martin Gerber zum Beispiel verlor letztes Jahr seinen Stammplatz an Ray Emery, weil die Begegnungen mit ihm im Tor sehr unglücklich liefen, zur Zeit wird er als einer der besten Torhüter der NHL gefeiert, weil er durch eine Verletzung von Emery eine neue Chance bekam.

Aebischer: Das ist aber in jedem Spitzensport so, das etwas Glück dazu gehört. Man muss davon ausgehen, dass jeder Torhüter, der in die NHL kommt ein Guter ist, denn bis dort hin ist es ein langer Weg und man muss sich immer wieder beweisen. Und um dann Erfolg zu haben oder zu scheitern, ist der Grad aber eben sehr schmal. Manchmal rutscht der Puck eben durch und das nächste Mal reagiert man richtig. So ist das aber und damit muss man ungehen.

Eishockey.com: War der Weggang in die Schweiz auch das Ende deiner NHL-Karriere oder rechnest du dir noch Chancen aus?

Aebischer: Diese Frage musste ich schon so oft beantworten, aber ich glaube immer noch daran, zurück zu gehen. Ich weiß, dass das nicht einfach wird, aber das war es vorher auch nicht, dort hin zu kommen. Da haben auch viele zu mir gesagt, das schaffst du nie. Aber ich denke als Sportler muss man sich Ziele stecken und mein persönliches ist es in die NHL zurückzukehren. Da ist mir egal, wenn ich belächelt werde oder niemand an mich glaubt.

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Eishockey.com: Wir denken es gibt schon genügend Fans, die dir die Daumen drücken. Aber die Frage ist doch vielleicht: Tut man sich das ganze noch an, nachdem du auch die Schattenseiten des NHL-Geschäftes in vollem Umfang erlebt hast? Schließlich lässt es sich in der Schweiz auch gut leben und es ist etwas einfacher dort zu spielen.

Aebischer: Wenn ich so denken würde, dann hätte ich das Abenteuer nie angetreten. Mir war von vorherein klar, dass es schwer werden würde und ich habe mich durchgesetzt. Die NHL ist und bleibt ein Traum und ich bin ehrgeizig genug, mir dieses Ziel trotz der Vorkommnisse noch einmal zu stecken. Mein Vertrag mit Lugano sieht auch so aus, dass ich jederzeit wieder rüber gehen kann, nur es muss ein Ein-Weg-Vertrag sein.

Eishockey.com: An welcher Station in der NHL hast du dich am wohlsten gefühlt?

Aebischer: Eindeutig Colorado. Ich war am längsten dort und habe mich als Spieler mit diesem Team am meisten identifiziert. Ich wurde von ihnen gedraftet und sie haben unheimlich viel Vertrauen in mich gesetzt, obwohl das nicht immer selbstverständlich war. Montreal war zwar auch eine schöne Station, aber es ist am Ende doch etwas unglücklich dort gelaufen.

Eishockey.com: Trotzdem wurdest du im Endeffekt von Colorado weggegeben. Woran lag das und was waren die Hintergründe?

Aebischer: Das ist immer schwierig zu sagen. Ich hatte nach dem Lockout bis Weihnachten eigentlich eine schlechte Saison für Colorado, doch danach und besonders im Januar bis zu meinem Trade hatte ich mich deutlich gesteigert. Wenn sie mich zuvor abgegeben hätten, hätte ich mich nicht beschweren können, doch zu diesem Zeitpunkt war ich schon etwas überrascht. Aber es ist nur Business und sie dachten einen guten Trade gemacht zu haben, doch im Endeffekt haben sie dabei nichts gewonnen. Jose Theodore hat nämlich trotz seines hohen Gehaltes bis heute auch nicht überzeugen können.

Eishockey.com: Jetzt bist du in Lugano. Dort läuft die Saison auch nicht gut. Ihr kämpft um die Playoffs und habt Anfang Dezember einen neuen Trainer bekommen. Wie siehst du dort die weitere Entwicklung für dich?

Aebischer: Ja es läuft nicht gut, deswegen haben sie mich und einen neuen Trainer geholt. Ich muss meine Leistungen weiter stabilisieren und dann muss ein Ruck durch die ganze Mannschaft gehen. Jeder muss sich an sich arbeiten, denn wir schießen zu wenige Tore, um erfolgreich zu sein. Im Dezember haben wir erst ein Tor geschossen und da haben wir 1-0 gewonnen. Das muss sich bessern, sonst haben wir ganz schnell die Playoffs verpasst und das ist für die Ansprüche in Lugano viel zu wenig.

Eishockey.com: Noch ein Statement zur Nationalmannschaft. Hast du dich gefreut, wieder nominiert zu sein?

Aebischer: Also für mich persönlich ist es immer eine Ehre für die Schweiz zu spielen. Als Sportler für sein Land spielen zu dürfen, ist immer das Beste, was es gibt. Viele wollen, aber nicht viele dürfen es machen. Und schließlich steht die Nationalmannschaft auch im besonderen Blickfeld der Spielerbeobachter und da kann man sich schon zeigen und beweisen.

Eishockey.com: David, vielen Dank für das Gespräch und wir wünschen dir alles Gute und viel Erfolg!

Aebischer: Vielen Dank. Es hat mich sehr gefreut und viele Grüße an die Leser von Eishockey.com! (sth)

 

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