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nr.112 / okt. 2007 

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INTERVIEW
 
"Wir wollen dieses Jahr den Cup holen!"
Ein Interview mit den Sharks Christian Ehrhoff, Marcel Goc und Dimitri Pätzold

von Stefan Herget und Robin Patzwaldt

An keinem anderen Ort in der NHL hat man derzeit die Gelegenheit, gleich mit drei deutschen Cracks aus der NHL zu sprechen. Eishockey.com nutzte also bei einem kurzen vor Ort Besuch in Kalifornien die günstige Gelegenheit, sich mit den drei "deutschen" Sharks zu unterhalten, deren persönliche Situation sich zwar sehr unterschiedlich darstellt, die aber alle ein Ziel verbindet: Sie wollen den Stanley Cup in 2008!

Wie sind Euere Erwartungen für die Saison mit den Sharks?

Ehrhoff: Wir wollen diese Saison den Stanley Cup holen und erwarten daher sehr viel von uns, doch bislang läuft es noch nicht perfekt. Aber wir sind zuversichtlich, dass es bald besser klappt.

Pätzold: Zuerst einmal bin ich froh, dass ich mich hier durchgesetzt habe. Ich habe nämlich im Sommer schon überlegt, ob ich nicht in Europa bleiben soll. Jetzt gilt es natürlich viel zu lernen und mich noch zu verbessern. Vieles, was ich schon kann, muss noch verfeinert werden. Nabokov ist ein sehr starker Torhüter, der viel spielen wird. Das ist mir klar, aber ich muss dran bleiben und bereit sein, falls ich gefordert bin.

Goc: Wir haben alle hohe Erwartungen. Das Ziel kann für uns in dieser Saison eigentlich nur der Cupgewinn sein. Wir sind nicht so toll gestartet, aber wir müssen uns weiter zusammenreißen, dann sind wir auf einem guten Weg.

Dimitri, hast Du eine Vorstellung, wie viele Spiele Du diese Saison machen könntest?

Pätzold: Das ist immer schwer zu sagen, weil das hängt in erster Linie mal von der Gesundheit des ersten Torwartes ab und davon, wie es bei uns als Team läuft. Sollten wir zum Beispiel sportlich unter Druck geraten, dann erhöht das nicht gerade meine Chancen. Wenn es gut läuft, dann hat der Trainer sicher mehr Spielraum mich einzusetzen. Ich kann mich daher nur so gut wie möglich verkaufen und für weitere Einsätze bei den Sharks oder für ein neues Team nächstes Jahr empfehlen. Die Entscheidung, wie oft ich dazu die Chance bekomme, liegt letztendlich beim Trainer.

Du hattest ja schon einen Kurzeinsatz. Weißt Du schon, wann Du das erste Mal von Beginn an auflaufen darfst?

Pätzold: Nein. Ich denke aber das wird dann sein, wenn wir Back-to-Back-Games, d.h. zwei Spiele innerhalb von zwei Tagen haben werden.

Wie geht man mit dem Erwartungsdruck um, den Cup holen zu wollen?

Ehrhoff: Nachdem wir selbst dieses Ziel haben, können wir dem Druck besser umgehen. Von daher ist das, was von außen hereingebracht wird nicht so entscheidend. Außerdem besteht hier der Vorteil, dass von Seiten der Medien nicht so viel Interesse an uns besteht wie an anderen Standorten. Das ermöglicht uns ein ruhiges Arbeiten.

Die Sharks sind ein sehr junges Team. Ist das im Bereich Erfahrung eher nachteilig oder wurde gerade mit der Verpflichtung von NHL-Urgestein Jeremy Roenick ein Schritt gemacht, dem entgegen zu wirken?

Ehrhoff: Es war auf jeden Fall eine sehr gute Entscheidung, ihn hier her zu holen. Er bringt sich mit seiner Erfahrung sehr viel ein und ergreift häufiger das Wort in der Kabine. Aber auch die jüngeren Spieler werden reifer und konnten mittlerweile schon erleben, wie es in den Playoffs läuft, wenn es eng wird. Ich sehe deswegen im jungen Altersdurchschnitt unseres Kaders eigentlich kein größeres Problem.

Wie ist das Gefühl, wenn Spieler wie Roenick, die man schon als eishockeyspielender Jugendlicher aus der Ferne bewundert hat, auf einmal mit einem in einem Team spielen?

Goc: Ja, das ist schon komisch. Ich war ja hier zuerst im Trainingscamp und man macht schon große Augen, wenn man hier mit den großen Stars auf dem Eis steht. In den Minors dann war das nicht so das Problem, aber als ich dann in den Playoffs in die NHL kam und plötzlich gegen Forsberg oder Sakic gespielt habe, das war schon etwas ganz besonderes. Man darf sich jedoch nicht besonders beeindrucken lassen und dem Spieler ehrfürchtig zuschauen, sondern muss vollen Einsatz zeigen. Mein Bruder Sascha hat mir mit seiner NHL-Erfahrung aber auch den Tipp gegeben, keine Angst zu haben und meinen Job ohne Rücksicht durchzuziehen.

Ehrhoff: Das ist schon eine super Sache, vor allem so ein Typ wie Jeremy, der viel positive Stimmung reinbringt.

2004 bis 2007 haben Teams aus dem weniger tradionsreichen Süden den Stanley Cup gewonnen. Woran könnte so eine Entwicklung Euerer Meinung nach liegen?

Ehrhoff: Das ist schwer zu sagen, aber es wurde, denke ich, sehr gut gedraftet und die erfolgreichen Teams wurden sehr gut gemanaget. Warum das aber ausgerechnet Mannschaften aus dem Süden waren, kann ich mir nicht genau erklären.

Pätzold: Vielleicht sind im Süden auch die Rahmenbedingungen besser, angefangen von schönem Wetter.(lacht)

Goc: Ich denke die jungen Franchises haben mit ihren jungen Spielern gut gearbeitet. Man muss nicht immer neue Spieler holen, sondern der richtige Weg ist, den jungen Leuten das Vertrauen zu geben, dass sie sehen, auf sie wird gebaut und sie müssen Verantwortung tragen. Und das zahlt sich wohl aus und sollte Vorbild für andere Mannschaften sein.

Bei den Sharks gibt es derzeit drei deutsche Spieler. Besteht da die Gefahr der Gruppenbildung innerhalb des Teams?

Ehrhoff: Nein, wir unternehmen sehr viel gemeinsam mit den anderen Teammitgliedern und versuchen das bewusst zu vermeiden. Aber auf der anderen Seite ist das schon sehr schön, dass wir hier mehrere Deutsche sind und auch etwas gemeinsam unternehmen können. Das erleichtert es etwas.

Pätzold: Es hat mehr mit den Menschen zu tun, als mit Nationalitäten. Wir haben neben drei Deutschen auch drei Russen und ich gehöre sowieso zu beiden Gruppen. Aber es ist natürlich wichtig, dass es keine Cliquen-Bildung gibt. Normal ist es jedoch, dass man mit dem einen oder anderen etwas mehr Zeit verbringt. Das kommt immer darauf an, wie gut man sich versteht. Und Privat ist sowieso Privat.

Goc: Es ist ja nicht so, dass nur wir zusammenhängen. Der Dimitri ist zum Beispiel mehr mit seinen Freunden aus dem Osten zusammen.(lacht) Klar machen wir ab und zu Scherze, auch auf Deutsch. Dann kommt gleich der Hinweis, dass in der Kabine nur Englisch gesprochen werden darf. Aber auswärts gehen wir oft in größeren Gruppen essen, daher gibt es keine Gruppenbildung dieser Art.

Warum draftet ausgerechnet San Jose so viele deutsche Spieler?

Goc: Ich weiß nicht, woran es liegt und weiß auch nicht, wer der Fürsprecher hierfür ist. Deutsche Spieler gehören schließlich nicht zu den Top 5 Nationen beim Draften. Aber wir haben ein gutes Scouting und der Erfolg gibt uns recht, denn die Sharks sind das drittbeste Team beim Erfolg mit den gedrafteten Spielern.

Ehrhoff: Na gut, ich denke, das sind die guten Erfahrungen, die mit Marco Sturm gemacht wurden. Er war als Erster hier und sehr beliebt. Seitdem schaut man sich halt verstärkt in Deutschland um und hat festgestellt, dass hier durchaus einiges an Talent vorhanden ist.

Christian, Du hast Marco Sturm angesprochen. Sein Abgang vor ca. zwei Jahren kam doch sehr plötzlich. Wie habt Ihr das empfunden und inwieweit hat einem das die Schnelllebigkeit in der NHL vor Augen geführt?

Ehrhoff: Ja, das kam damals blitzschnell und war sehr heftig. Das hat mir erstmals klar gemacht, wie schnell das alles hier gehen kann und daher ist die Unsicherheit doch sehr groß. Diese Ungewissheit, dass man jederzeit woanders hinkommen kann, kennt man aus Deutschland natürlich nicht, weil wenn man einen Vertrag unterschrieben hat, dann kann man auch nur mit seinem Einverständnis transferiert werden.

Goc: Es war schon sehr extrem. Da ist mir das alles so richtig bewusst geworden. Der Manager kam damals in Dallas nach dem Aufwärmen zu uns in die Kabine und hat gesagt, dass Spieler getauscht wurden und wer nicht mehr bei uns ist und wen wir dafür bekommen. Und dann habe ich Marco einen Klapps auf den Schienbeinschoner gegeben und musste direkt raus auf das Eis. Ich habe zwar "bis nach dem Spiel" zu ihm gesagt, aber da war er schon nicht mehr da. Das war schon sehr hart, man darf sich da aber auch nicht verrückt machen und muss sich auf die eigene Leistung konzentrieren. Denn über alles andere hat man keine Kontrolle und Planungssicherheit gibt es nicht. Mit Kindern wäre es aber noch schwieriger.

Mit San Jose habt Ihr es aber auch gut erwischt, oder?

Ehrhoff: Ja, ich fühle mich hier sehr wohl und mir gefällt es hier sehr gut. Das Umfeld ist perfekt und es lässt sich hier sehr gut leben. Deshalb bin ich schon zufrieden.

Goc: Ich fühle mich hier sehr wohl und habe auch schon einige Freunde im Umfeld der Sharks gefunden. Meiner Frau gefällt es hier auch sehr gut. Dass wir mehrere Deutsche in San Jose sind, erleichtert alles etwas. Mit Dimitri war ich zum Beispiel ja schon im Farmteam in Cleveland zusammen.

Dimitri, stehst Du unter einem besonderen Druck, nachdem Du als Nummer 2 ins Roster gerutscht bist?

Pätzold: Es kommt darauf an, wie man mit dem Druck umgeht, denn Druck macht man sich in erster Linie selber. Ich habe hier sehr viel Spaß beim Training, wo es immer hart zur Sache geht. Wir bringen uns stets auf 100 Prozent und fordern daher den anderen, d.h. wenn ich mal etwas nachlässig bin, dann klingelt es halt ständig in meinem Kasten.

Also hast du keine Angst davor, zurück ins Farmteam geschickt zu werden?

Pätzold: Es liegt in meiner eigenen Hand, denn so lange ich meine Leistung bringe, wird das nicht der Fall sein. Deswegen konzentriere ich mich voll auf meinen Part.

Christian, zu deiner persönlichen Entwicklung: Hat es sich ausgezahlt, dass Du während des Lockouts hier in USA gespielt hast und nicht nach Deutschland in die DEL bist?

Ehrhoff: Ja gut, es war ja nicht unbedingt meine Entscheidung, aber während des Lockouts konnte ich mich auf geringerem Niveau schon gut an das amerikanische Eishockey gewöhnen und auch in diesem Land weitere Lebenserfahrungen sammeln. Das war sicherlich von Vorteil. Aber meine Entwicklung allgemein seit meinem Wechsel hierüber lief sehr gut. Ich habe mich insgesamt vor allem im Defensivverhalten stark verbessert und das zahlt sich jetzt aus.

Wenn es irgendwann weniger erfolgreich laufen sollte und eine Rückstufung in die Minors anstehen könnte, würdet Ihr Euch das noch einmal antun oder dann wieder eher DEL spielen?

Ehrhoff: Natürlich will ich hier so lange es geht erfolgreich spielen, aber wenn es einmal der Fall sein sollte, könnte ich mir durchaus vorstellen wieder in Deutschland aktiv zu werden. Das sind aber Dinge, die einem momentan weniger beschäftigen. Mein Vertrag läuft Ende der Saison aus und ich muss mich für eine weitere Verpflichtung zu guten Konditionen empfehlen. Alles was danach kommt, lasse ich in Ruhe auf mich zukommen.

Pätzold: Das kommt dann natürlich ganz auf die Situation an. Ich hätte kein Problem damit, im Farmteam Spielpraxis zu sammeln, aber auf lange Sicht sehe ich darin keine Zukunft und würde eher wieder in Europa spielen.

Goc: Ich gehe eigentlich davon aus, dass ich mich hier langfristig durchgesetzt habe. Minors sind für mich kein Thema mehr, denn ich habe mich in der NHL etabliert und mache mir darüber keine Gedanken mehr. In der NHL spielen werde ich so lange, wie ich mich hier wohlfühle und dann hoffentlich erst in 10 bis 15 Jahren nach Deutschland zurückkehren und dort die Karriere ausklingen lassen.

Die Teams im Westen haben mehr Reisestreß. Ist das ein Problem für Euch?

Pätzold: Wenn man den NHL Standard gewohnt ist, dann könnte man damit vielleicht ein Problem haben. Aber wenn man aus dem Farmteam kommt und dort immer mit dem Bus reisen musste und nicht in den besten Hotels der Stadt abgestiegen ist, dann empfindet man diesen Reisesteß in der NHL als geradezu unglaublich komfortabel. Also ich habe so einen Komfort zumindest zuvor noch nicht erlebt.

Goc: Es stimmt schon, dass wir sehr viel Reisen und mit der Zeitumstellung ein größeres Problem haben. Aber dadurch dass wir immer am Vortag anreisen, versucht man es uns etwas leichter zu machen. Am Anfang der Saison ist es eine gewisse Umstellung, aber man gewöhnt sich später immer mehr daran. Ein Nachteil für uns hier ist, dass wir nachts nur in Oakland landen dürfen und dann noch eine Stunde Bustransfer haben, weil in San Jose nicht gelandet werden darf. Das ist manchmal schon nervig.

Rebook hat für diese Saison neue Trikots und Ausrüstung entwickelt. Wie kommt Ihr damit klar, nachdem schon einige Kritik aus Spielerkreisen zu hören war?

Pätzold: Ich merke durch das neue Material weniger die versprochenen Vorteile, sondern es ist derzeit gegenteilig der Fall. Ich empfinde die Trikots kaum leichter zu tragen und beim Eishockey müsste der Stoff innen eigentlich Schweiß aufsaugen, denn dadurch, dass der Stoff jetzt keinen Schweiß mehr aufnimmt, läuft er dir direkt in die Handschuhe, was eher unangenehm ist. Und mit den neuen Stutzen ist es dasselbe: Du schwitzt und alles läuft direkt in die Schlittschuhe. Wenn du dann im dritten Drittel auftrittst, meinst du immer, dass du ein Frosch bist.(lacht) Von außen ist es wiederum gut, dass der Stoff kein Wasser aufnimmt.

Goc: Das mit dem Wasser in den Handschuhen habe ich auch schon gehört und nasse Schlittschuhe habe ich seitdem auch. Mir fällt außerdem auf, dass man mit dem neuen Material der Stutzen nicht mehr bremst, sondern dann mit voller Wucht in die Bande rutscht. Das mit dem figurbetonten Schnitt der Trikots wurde ja sowieso verworfen, weil die von den Spielern niemand wollte. Aber es ist die erste Saison mit einer Neuentwicklung und da muss halt noch etwas nachgebessert werden. Ich glaube aber nicht, dass man wegen einem anderen Trikot besseres Eishockey spielt.(grinst)

Habt Ihr eigentlich Kontakt zu den Verantwortlichen der Nationalmannschaft?

Goc: Selten. Uwe Krupp habe ich hier zum Beispiel noch nicht gesehen.

Pätzold: Ich habe die Email Adresse von Torwarttrainer Klaus Merk und er hat meine, d.h. wir schreiben uns gelegentlich. Mehr Kontakt besteht aber nicht.

Wenn Ihr den Stanley Cup gewinnen würdet, dann haben ihn ja alle Spieler einen Tag zur persönlichen Verfügung. Was würdet Ihr dann mit ihm machen?

Goc: Ich würde ihn nach Hause bringen und dann erst mal mit ihm etwas alleine sein. Alles weitere ist schwierig, weil da wo ich her komme, nämlich Esslingen, ist nicht gerade eine Eishockey Gegend. Nach Schwenningen, meine erste Profistation, würde ich eventuell noch gehen. Ansonsten würde mir schon noch was einfallen.

Ehrhoff: Ich würde ihn sicher nach Deutschland zu allen Hockey Fans bringen und des weiteren eine riesige Party mit Freunden und Verwandten feiern.

Pätzold: Als aller Erstes würde ich zu meinen Eltern fahren und dann vielleicht die Vereine, wie Köln und Mannheim, besuchen, bei denen ich gespielt habe und mich bei den Leuten dort bedanken. Außerdem eine große Party mit Freunden feiern und aus dem Cup etwas Bier trinken.

Wir bedanken uns für dieses angenehme Interview. Alles Gute für Eure Zukunft! (sth/rp)

 

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