NHL-Eishockeymagazin
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nr.102 / nov. 2006 

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INTERVIEW
 
"Stanley Cup Sieger 2007? Da kannst Du auch gleich eine Münze werfen!"
Interview mit Jamie Storr
von Wolfgang Grupp und Robin Patzwaldt


Der Anteil der ehemaligen NHL-Spieler in der DEL steigt, auch bedingt durch den Salary Cap in der besten Eishockey Liga der Welt. Ein weiterer erfahrener Spieler den es nun nach Deutschland verschlagen hat ist der 31-jährige Kanadier Jamie Storr, der seit dieser Saison den Kasten des DEL-Clubs aus Düsseldorf hütet.

Eishockey.com nutzte die Gelegenheit sich mit dem über 200maligen NHL-Goalie, der u.a. für die Los Angeles Kings und die Carolina Hurricanes in der NHL aktiv war, über seine persönliche Situation, aber auch die Lage in der NHL am Rande eines DEL-Spiels in Düsseldorf zu unterhalten.

Jamie Storr fand dabei sehr offene und kritische Worte über die Entwicklung der NHL und auch Privates:

Eishockey.com: Hallo Jamie! Was hat dich vor Saisonbeginn ausgerechnet hierher nach Deutschland verschlagen?

Storr: Dafür gab es verschiedene Gründe. Zum Einen wollte ich dort spielen wo sich auch meine Familie komplett wohl fühlen kann und zum Anderen hat sich hier in Düsseldorf die Möglichkeit ergeben, dass ich mit meinem alten Freund Craig Johnson zusammen spielen kann, den ich noch von unserer gemeinsamen Zeit bei den Los Angeles Kings her kenne. Und als ich das Angebot aus Düsseldorf bekam war das dann eine leichte Entscheidung für mich. Natürlich hätte ich auch gut in die Schweiz oder nach Finnland gehen können, doch ich dachte mir hier in Deutschland sind die Voraussetzungen für mich und meine Familie halt doch am Besten.

Eishockey.com: Wieso hast Du Nordamerika nun im Sommer eigentlich konkret verlassen?

Storr: Nach all den Jahren in Nordamerika habe ich eine neue Herausforderung gesucht. Ich habe alleine zehn Spielzeiten in der NHL zugebracht. Und dort herrscht ein gnadenloses Leistungsprinzip. Es wird quasi täglich erwartet, dass du Wunderdinge vollbringst. Und wenn du das mal nicht tust, dann wirst du schnell durch einen 18-Jährigen ersetzt. Die Liga ist dort unglaublich jung und schnelllebig geworden. Und dann das auf und ab, zum Minor League Team und zurück. Das war nichts mehr für mich. Ich wollte nun einfach noch einmal regelmäßiger spielen und mehr Ruhe und Stabilität in mein sportliches Leben bringen. Diese Möglichkeit habe ich jetzt hier in Düsseldorf bekommen, wofür ich sehr dankbar bin. Hier spiele ich jetzt schon fünf Mal in Folge, und wenn ich will mache ich auch noch Spiel 6 und 7 direkt anschließend mit. Darauf habe ich mich gefreut. Hier lässt man die Jungs halt auch mal in Ruhe ihr Spiel spielen. Und wir haben die Chance jede Partie zu gewinnen und schießen viele Tore. Das gefällt mir sehr.

Eishockey.com: Und was hast Du Dir hier mit deinem neuen Team in Düsseldorf vorgenommen in dieser DEL-Saison?

Storr: Da denke ich immer von Spiel zu Spiel. Natürlich wollen wir die Meisterschaft für uns entscheiden. Aber das kann man nicht planen. Da gehört auch immer viel Glück dazu. Wir versuchen erst einmal gutes Hockey anzubieten und in die Playoffs einzuziehen. Wenn man das erreicht hat kommt es auch immer ein wenig auf das Glück an. Denn die Spiele sind alle eng und die Liga ist ausgeglichen. Wir versuchen gutes Hockey zu spielen und werden alles dafür tun um am Ende ganz oben zu stehen, aber das ist ein langer Weg und viel Unvorhersagbares kann sich ereignen. Daher konzentrieren wir uns hier auf die kleinen Schritte und versuchen so am Ende viel zu erreichen. Wenn es dann am Ende wirklich der Titel wird ist es umso schöner. Und eines steht fest, unser Team hat unglaublich viel Talent und Potenzial und bisher genieße ich die Zeit hier unheimlich.

Eishockey.com: Wie gefällt Dir die Stimmung hier bei den Fans? Ist ja doch etwas anders als in Nordamerika und der NHL, oder?

Storr: Die Unterstützung der Fans hier in Deutschland ist einfach klasse. Alle stehen zu 100% zu ihrem Team. Selbst als wir kürzlich in Augsburg waren, und die sind im Moment ja ganz unten in der Tabelle, wurde das Team von seinen Fans toll unterstützt. Natürlich ist es auch hier wichtig, dass Du möglichst oft gewinnst, aber jedes Team hat grundsätzlich die Unterstützung seiner Fans sicher. Das ist in der NHL etwas anders zur Zeit. Die Liga dort hat Probleme bei der Zuschauermobilisierung bekommen. Die Spiele in der Woche sind dort nicht immer so gut besucht wie das früher mal der Fall war. Und natürlich ist auch die Unterstützung der Fans  dort nicht so lautstark und bedingungslos wie das hier in Deutschland der Fall ist.

Eishockey.com: Was sagst Du zum sportlichen Niveau der DEL? Wie würdest Du die Liga einordnen im internationalen Vergleich?

Storr: Es dürfte nach der NHL, die ja unbestritten die beste Liga der Welt ist, die inzwischen zweitbeste Liga sein. Ich sehe die DEL auch deutlich im Vorteil gegenüber der AHL zum Beispiel. Die Leistungsdichte der Spieler innerhalb eines Teams ist hier größer und auch die Liga ist ausgeglichener. In der AHL hast Du pro Team vielleicht zwei tolle, junge Talente, aber der Rest des Teams ist eher nur Durchschnitt. Der Unterschied zwischen den ersten und den zweiten Reihen eines Teams ist dort doch bereits wesentlich größer. Hier in der DEL gibt es inzwischen ja auch so viele ehemalige NHL-Spieler. Das Niveau hier ist daher sehr gut, technisch und auch spielerisch.

Eishockey.com: Den Hauptteil deiner Zeit in der NHL verbrachtest Du ja bei den LA Kings, von denen Du auch 1994 in der ersten Runde an Nummer 7 gedraftet wurdest. Was war für dich dort der schönste Erfolg?

Storr: Das wir 1998 mit einem eher mittelmäßigen NHL-Kader in Los Angeles in die Playoffs gekommen sind war für mich eine tolle Sache. Obwohl wir vom Teambudget her nicht hätten unter die erste Hälfte der NHL-Teams kommen dürfen, schlossen wir als fünftbeste Mannschaft im Westen die Vorrunde ab. Zwar scheiterten wir dann in der KO-Runde gegen St.Louis, doch dabei dort gegen NHL-Größen wie Chris Pronger, Al McInnis, Brendan Shanahan bei den Blues gespielt zu haben, das hat dieses Jahr zu einem besonders schönen gemacht. Und wir haben damals ein tolles Team mit einer super Kameradschaft gehabt.

Eishockey.com: Verfolgst Du auch hier in Deutschland noch das aktuelle Geschehen in der NHL?

Storr: Ja, natürlich. Ich habe noch immer viel Spaß daran. Viele Freunde und alte Bekannte spielen ja noch dort. Obwohl inzwischen auch immer mehr von ihnen ihre Karriere beenden oder beendet haben und ins Management oder auf Trainerposten gewechselt sind. Das ist für mich schon ein etwas merkwürdiges Gefühl. Aber auch die Crosbys und die Ovechkins dort anzuschauen macht mir natürlich immer noch unheimlich viel Spaß.

Eishockey.com: Hast Du auch ein persönliches Lieblingsteam in der NHL? Wenn, dann sind das doch bestimmt die Kings, oder?

Storr: Ja. Ich lebe ja auch im Sommer noch in LA. Wir haben noch unser Haus dort. Und viele meiner alten Bekannten sind dort in der Franchise aktiv. Auch ich möchte nach meiner aktiven Karriere mal in einer solchen Rolle arbeiten, für die Franchise in irgendeiner Rolle aktiv werden, sei es als PR-Direktor, Trainer oder Repräsentant. Es macht Spaß die Geschicke der Franchise weiter zu verfolgen und zu sehen was aus den einzelnen Leuten wird bzw. geworden ist. Von daher ist die Verbindung zu den Kings natürlich noch immer besonders stark.

Eishockey.com: Ist es nicht schwer mit Freunden in dieser schnelllebigen Profi-Zeit in Kontakt zu bleiben?

Storr: Genau so ist es. Es ist schon etwas ganz besonderes wenn man, wie ich jetzt hier in Düsseldorf, mit wirklich guten Freunden zusammen spielen kann. Das ist nicht selbstverständlich und eine besondere Freude. Das ist, wie gesagt, ja auch einer der Gründe warum ich jetzt hier bin. Der Kontakt zu Craig Johnson, mit dem ich bereits 12 Jahre zusammen gespielt habe, geht weit über den eines normalen Mannschaftskameraden hinaus. Und gegen Ende meiner Laufbahn noch einmal diese Möglichkeit hier zu haben ist etwas sehr seltenes und kostbares in diesem Geschäft.

Eishockey.com: Gibt es für Dich einen Favoriten auf den Gewinn des Stanley Cups im Jahre 2007?

Storr: Wisst Ihr was? Durch den Salary Cap ist das unvorhersagbar geworden. Da kannst du auch gleich eine Münze werfen! Diese Veränderungen benachteiligen natürlich Teams wie Detroit, die früher immer nach Herzenslust Leute verpflichten konnten. Das Ergebnis sieht man jetzt. Deren Halle ist nicht mehr, wie früher üblich, ständig ausverkauft. Jetzt haben Sie zu kämpfen, wo ihre Überlegenheit vorbei ist. Auch wenn Teams einen reichen Eigentümer haben ist das jetzt kein deutlicher Vorteil mehr. Das ist zwar einerseits gut für die Liga, da alle Teams Chancen auf sportlichen Erfolg haben, andererseits schadet es den bisher finanziell deutlich im Vorteil befindlichen Teams natürlich auch. Und es geht auch teilweise zu Lasten des Faninteresses in den Hallen der ehemals reichen Teams der Liga. Denn die erfolgsverwöhnten Teams der letzten Jahre können Ihren Fans die häufiger werdenden Niederlagen nur schwer erklären, und auch die Erfolgsteams der letzten Zeit wie Carolina, die den Cup ja in 2006 gewonnen haben, oder Tampa Bay, der Titelträger aus 2004, haben ihre Heimspiele ja längst nicht alle ausverkauft. Das Ganze hat also auch eine ziemlich negative Seite.

Eishockey.com: Vielen Dank Jamie! Das waren ja wirklich interessante Einsichten. Wir wünschen Dir für die Zukunft alles Gute!

(rp)

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