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nr.97 / mai 2006 

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INTERVIEW
 
"Letztendlich ist es egal, wer spielt."
Interview mit Martin Gerber
von Stefan Herget


Der Schweizer Torhüter Martin Gerber wurde vor dem Lockout in der NHL von Anaheim nach Carolina transferiert. Während der 31-Jährige in Kalifornien nur Nummer 2 hinter Jean-Sebastien Giguere war, wurde er in Raleigh zur Nummer 1 der Hurricanes. In 60 Spielen konnte er 38 Siege verbuchen und gehörte damit zu den fünf besten NHL-Goalies in dieser Saison. In den Playoffs lief es jedoch auf einmal überhaupt nicht mehr und nach neun Gegentreffern in 74 gespielten Minuten zum Auftakt in der Meisterrunde wurde Gerber durch Ersatzmann Cam Ward ersetzt. Durch dessen gute Leistungen seitdem, bleibt ihm nunmehr wieder nur der Platz auf der Bank. Am Rande der Serie Carolina gegen New Jersey - nach Spiel 4 - hatte unser Redakteur Stefan Herget die Möglichkeit mit Martin Gerber über seine derzeitige Situation, seine Zukunft und einige andere Dinge zu sprechen.

Eishockey.com: Nach Anaheim, wo du Nummer 2 hinter Jean-Sebastien Giguere warst, sitzt du nun während den Erfolgen in den Playoffs wieder auf der Bank, obwohl du nahezu die ganze Saison gespielt hast und das auch ziemlich erfolgreich. Wie siehst du diese Zurückstufung?

Gerber: Das ist schwierig zu sagen. Es ist ein hartes Geschäft hier. Wenn es läuft, spielst du und wenn nicht, dann nicht. Im Moment ist Cam Ward am Drücker, denn er ist gut drauf und seit er zwischen den Pfosten steht, sind wir erfolgreich. Aber das kann sich täglich ändern, die Spiele sind unheimlich eng und vieles kann passieren. Deswegen muss ich jederzeit bereit sein. In Anaheim damals waren die Vorzeichen etwas anders, denn Giguere hat uns wirklich durch unglaubliche Leistungen von Runde zu Runde geführt. Da hatte ich keine Ansprüche anzumelden.

Eishockey.com: Entnehme ich deiner Aussage, dass dein Verhältnis zu Cam Ward gut ist?

Gerber: Ja, sicher. Das muss auch so sein. Es ist ein langes Jahr mit vielen Auf und Abs und da müssen auch die beiden Torhüter gut miteinander auskommen. Letztendlich ist es aber egal wer spielt, wenn die Mannschaft Erfolg hat.

Eishockey.com: Dann war dir wohl kaum recht, dass du heute beim Stand von 0-4 gegen euch eingewechselt wurdest? Wie siehst du deine Leistung?

Gerber: Wir haben das Spiel heute ziemlich früh abgegeben. Das war bitter für uns. Die Devils haben sehr gut gespielt, aber wir haben ihnen zuviel Raum gelassen. Und dann kommst du rein. Die ersten fünf Minuten sind sowieso schwierig in Tritt zu kommen und prompt kriegst du gleich das Nächste. Aber danach war es eigentlich ganz OK.

Eishockey.com: Hast du dir nach dem 3-0 zur ersten Pause schon Gedanken darüber gemacht, möglicherweise spielen zu dürfen?

Gerber: Ja, natürlich. Wir spielen morgen schon wieder und da macht es wenig Sinn, einen Torwart zu verheizen. Da muss der Trainer etwas probieren.

Eishockey.com: Hast du jetzt Hoffnungen eventuell bereits morgen wieder als Nummer 1 aufzulaufen?

Gerber: Wenn es klappt wäre es natürlich schön, aber wenn nicht, dann geht das Leben auch weiter.

Eishockey.com: Für Carolina ist es sowohl in der regulären Saison, als auch jetzt in den Playoffs ausgezeichnet gelaufen. Für viele Experten ist das überraschend, für dich auch?

Gerber: Es gab im Sommer viele Wechsel und die Änderungen der Regeln haben sich doch sehr stark ausgewirkt, so dass eigentlich niemand vorhersagen konnte, wer den Ton angeben wird. Manche hatten am Blatt ein gutes Team, aber auf dem Eis klappte es nicht. Wir haben zwar keine großen Namen in der Mannschaft, aber wir sind sehr ausgeglichen und ich denke, wir waren eine der ersten, die das neue System sehr gut umgesetzt haben. Das hat uns einen Vorsprung vor den anderen verschafft.

Eishockey.com: Fühlst du dich wohl in Carolina oder hast du den Trade dorthin eher bereut?

Gerber: Mir hat es in Anaheim sehr gut gefallen. Das Leben dort und hier ist schon ein großer Unterschied und natürlich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man von Los Angeles hier her kommt. Doch es ist in Carolina auch nicht schlecht, denn es gibt dort ebenfalls schöne Ecken und Sachen. Ich habe mich mittlerweile ganz gut eingelebt.

Eishockey.com: Wie geht es mit dir weiter in Carolina? Hast du noch einen Vertrag?

Gerber: Nein, ich bin im letzten Vertragsjahr.

Eishockey.com: Und gibt es schon Tendenzen, ob du bleibst oder woanders hingehst?

Gerber: Nein, dazu ist es noch zu früh.

Eishockey.com: Du hast vorhin die Regeländerungen angesprochen. War es für dich als Torhüter eine große Umstellung, dass die Ausrüstung verkleinert wurde?

Gerber: Das war das eine, aber wie ich meine nicht so entscheidende. Das andere war, dass das Haken und Halten vor dem Tor stärker unterbunden wurde und daher die Stürmer mehr Freiräume bekamen. Das macht es unheimlich schwer, die Spielzüge vorherzusehen, was zuvor durchaus möglich war. Es gibt jetzt viel mehr Löcher und Gestaltungsräume als vorher und das war für mich die größte Umstellung.

Eishockey.com: Wie und wo wirst du den Sommer verbringen?

Gerber: Sicher einen großen Teil davon in der Schweiz, die andere Zeit weiß ich noch nicht. Aber sobald es hier zu Ende ist und ich hoffe, das dauert noch etwas, wird es in die Schweiz gehen.

Eishockey.com: Wie ist dein Eindruck, wie stark deine Karriere in der Schweiz verfolgt wird? Werden dort deine Leistungen registriert?

Gerber: Ich glaube schon, dass es beachtet wird, aber ich kann das nur gering einschätzen. Dazu beschäftige ich mich zu wenig damit.

Eishockey.com: Also man kann immer noch auf die Straße gehen ohne erkannt zu werden?

Gerber: Ja, das ist eigentlich das schöne an der Schweiz. Egal, was du bist oder wer du bist, man ist dort immer einer unter vielen. Natürlich werde ich in dem kleinen Ort, in dem ich aufgewachsen bin, schon erkannt, aber dort kennt jeder jeden. Alles ist sehr familiär, so dass dies weniger problematisch und schon eher angenehm ist.

Eishockey.com: Die Fußball-Weltmeisterschaft ist diesen Sommer auch. Die Schweiz ist wieder einmal mit dabei. Du spielst gerne Fußball zum Warmmachen vor einer Partie. Wie siehst du die Chancen deiner Landsmänner?

Gerber: Das kann ich weniger einschätzen, weil ich zuletzt nicht mitbekommen habe, wie sie in Form sind. Dazu kann ich mich von hier zu wenig mit beschäftigen. Aber ich werde sicher die WM interessiert und gespannt verfolgen.

Eishockey.com: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Glück.

(sth)

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