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nr. 92 / dez. 2005 

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| zur Übersicht Geschichte des Stanley Cups |
NHL-HISTORIE

Namen für die Ewigkeit!
Die Gravur der Siegernamen in den Stanley Cup

von Robin Patzwaldt

Der Original Stanley Cup - noch ohne Ringe

Keine Auszeichnung in der Welt des Sports ist wohl so lebendig wie der Gewinn des Stanley Cups. In keiner anderen führenden Sportart und Liga auf Weltniveau darf ein Gewinner aktiv an der Gestaltung der Siegestrophäe so ruhm- und traditionsreich teilnehmen wie im nordamerikanischen Hockey.
Als der Stanley Cup im letzten Frühsommer erstmals seit Urzeiten nicht vergeben wurde, nahm dabei auch eine Tradition schaden, deren frühe Tage gar nicht so einfach und klar geregelt waren.

Lord Stanley, der den nach ihm benannten Pokal Ende des 19. Jahrhunderts zur Ehrung der besten Hockeymannschaft stiftete, verband dies damals mit der Aussage: "Jedes Siegerteam möge auf eigene Kosten, auf einem extra dazu anzulegenden Ring den Namen und das Jahr des Sieges eingravieren lassen!" Dabei blieb es zunächst völlig unklar, was er damit genau meinte. Soll es für jede Mannschaft einen eigenen Ring geben, oder sogar die Namen eines jeden Spielers eingraviert werden?
Niemand wusste es genau.

Die 'Montreal Athletic Association' kaufte nach ihrem Titelgewinn jedenfalls den Wünschen des Stifters folgend den ersten Ring für den Sockel des Preises und liess dort noch Platz für die Namen der nachfolgenden Teams.
Es dauerte bis zum Jahre 1902 und der Ring war mit Teamnamen und Jahreszahlen komplett ausgefüllt. Als die Champions von 1903, die Montreal AAA keinen freien Platz mehr vorfanden, verewigten sie sich als erstes Team einfach mitten auf dem silbernen Cup selbst, statt auf dem nun gefüllten Ring darunter.
Die Ottawa Silver Seven, welche ebenfalls nicht willig waren, einen weiteren Extra-Ring für den Fuß des Cups zu spendieren, trugen diese neben ihrem eigenen, kurioser Weise, dann auch noch die Namen ihrer zehn gegnerischen Teams, die sie auf dem Weg zum Gewinn der Trophäe ausschalteten. So war es kein Wunder, dass bereits im Jahre 1907 die Kenora Thistles aus Platzmangel auf die Innenseite des Cups ausweichen mussten.
Im Jahr darauf lehnten die Montreal Wanderers die Ehre der Gravur in Ermangelung eines weiteren geeigneten Freiraums komplett ab. Erst die Ottawa Senators in 1909 erklärten sich anschließend bereit eine Erweiterung des Fußes zu finanzieren.

Aus Desinteresse oder Geldmangel entfielen die Eintragungen der Folgejahre allerdings abermals. Lediglich die Sieger der Jahre 1915 bis 1918 ergriffen wieder die Gelegenheit und Ehre beim Schopfe. Aus dieser Zeit stammen allerdings auch die Eintragungen der Teams aus Ottawa, Portland und Vancouver, die den Cup damals aber gar nicht gewannen.
Hiernach war dann bereits auch der zweite Ring am Fuße des Cups komplett gefüllt und die Tradition drohte in der Folgezeit erneut in Vergessenheit zu geraten - ganze sechs Jahre lang. Dabei kann nur das Ausbleiben der Saison 1919 logisch erklärt werden, denn damals verhinderte eine Grippewelle von gigantischen Ausmaßen die Ausspielung der Meisterschaft.
Bis zum Jahre 2004 sollte dies dann bekanntlicherweise das einzige Jahr ohne Champion bleiben. Warum Ottawa als Sieger von 1920, 1921 und 1923 oder auch Toronto im Jahre 1922 damals darauf verzichteten, ist bis heute ungeklärt.

Den Montreal Wanderers war eine Gravur zu teuer.

Die Tradition verdankt ihren Fortbestand letztlich wohl den Montreal Canadiens, dem heutigen Rekordgewinner, der sich 1924 auf den Ausspruch Stanleys besann und die erforderliche Erweiterung an der Basis der Trophäe diesmal finanzierte. Die Canadiens waren es auch, welche als erstes Team die Namen aller Mannschaftsmitglieder statt nur den Teamnamen eingravieren liessen. Dies hat sich danach bis in die Gegenwart als gängige Praxis so behauptet.
Die dadurch bedingte 'Inflation' von einzugravierenden Daten führte in der Folgezeit allerdings auch zu einigen kuriosen Irrtümern und Sonderfällen, die man heute noch in der Hall of Fame in Toronto prima besichtigen kann, wenn man sich mal etwas näher den Details des Cups widmet.
Cup-Gewinner Bob Gainey betraf beispielsweise einer dieser inzwischen recht zahreichen zahlreichen Tippfehler. Er findet sich schlicht als 'Gainy' im Jahre 1975 verewigt. Pete Palangio taucht in der Auflistung der Champions von 1938 gleich zwei Mal bei seinen Blackhawks auf. Einmal korrekt geschrieben und einmal als Pete 'Palagio'.
Ebenso doppelt vertreten ist Torhüter Turk Broda mit den Maple Leafs im Jahre 1942. Schlimmer erging es dabei noch seinem Kollegen Jacques Plante, der den Cup zwischen 1956 und 1960 fünf Mal gewann, aber bei der Gravur jedes Mal anders geschrieben wurde.

Auch Teamnamen waren dabei nicht von Fehlern ausgenommen. Die Toronto Maple Leafs wurden 1963 schlicht zu den 'Leas'.
Edmonton Oilers-Gesellschafter Basil Pocklington war 1984 so begeistert vom Triumph seines Teams, dass er gleich den Namen seines Vaters mit eingravieren ließ. Als die NHL davon erfuhr, ließ sie diesen jedoch wieder streichen. 16 einzelne "X" bedecken seither die Stelle am Sockel des Cups und machen den Namen unleserlich.

1970 führten die Bruins den Namen ihres verletzten Verteidigers Ted Green mit auf, der jedoch die komplette Saison nicht für die Bruins aktiv werden konnte. In diesem Fall zeigte sich die Liga großzügiger und duldete dies zähneknirschend als ein bedauerliches 'Versehen' der Bruins.
Eine Art verspätete 'Rache' des Fehlerteufels erfolgte gegenüber den Bruins dann 1971, als der Name des Champions diesmal durch eine Verwechslung der Buchstabenstempel als 'Bqstqn Bruins' verewigt wurde.
1996 erwischte es Adam Deadmarsh von den Colorado Avalanche, der fälschlicher Weise als Adam "Deadmarch" geehrt wurde.

Es ist, trotz aller bisher bereits gemachten Fehler, oder vielleicht auch gerade deshalb, diese einmalige Tradition mit viel Charme, die den Stanley Cup zu der bekanntesten Sporttrophäe der Welt macht. (rp)

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