NHL-Eishockeymagazin
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nr. 92 / dez. 2005 

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KOLUMNE
 
Gefühle eines Flyers-Fans

von Sofie Rhoads

Es ist ein wunderschöner Tag im Dezember. Es sind die schönsten Tage des Jahres, wenn es noch nicht zu kalt und die Hitze des Sommers vorüber ist. Der Turm des Liberty Gebäudes ragt über die Stadt und läßt nur den blauen Himmel über sich. Aber dieser schöne Tag im Spätherbst ist nicht der einzige Grund zur Freude. Simon Gagne führt die NHL-Torjägerliste an, Peter Forsberg gab bisher die meisten Vorlagen und Verteidiger Joni Pitkanen glänzt ebenfalls mit hervorrangenden Statistikwerten. Knapp über zwei Monate nach dem NHL-Lockout gehören drei Flyers zu den Besten der Liga. Wer hätte das einen Monat zuvor geglaubt?

Das Leben in Philadelphia kann man nicht gerade als "Leben in der Stadt der Flyers" bezeichnen. Zumindest nicht so ganz. Leider spielt das NFL-Team, die Football Mannschaft Philadelphia Eagles eine größere Rolle. Es fällt mir immer sehr schwer zu akzeptieren, dass die Eagles fast ständig auf der ersten Seite des Sportblattes Erwähnung finden und das obwohl sie nur ein Mal in der Woche spielen. Die Neuigkeiten über Terrel Owens und das ständige Drama der Mannschaft sind wirklich nicht mehr zum Aushalten. Für mich als Flyers-Fan werden die Eagles sowieso hoch überschätzt.

Vielleicht sollte ich kurz erklären, wie es dazu kam, dass mein Herz für die Flyers schlägt. Ich bin in einem Ort, zentral im Staate Pennsylvania geboren. Bei uns gab es immer die Auswahl zwischen zwei Eishockeyannschaften: jene aus Pittsburgh und die aus Philadelphia. Für mich war es Liebe auf den ersten Blick für die Flyers, bereits als ich erst drei Jahre alt war. Eine meiner ersten Erinnerungen war unser altes Haus auf dem Land und Spiele der Flyers auf Prism (uralter, erster Pay-TV Kanal den wir hatten). Ich saß mit Papa auf dem Sofa und guckte die Spiele an. Natürlich habe ich es als 3-Jährige nicht so richtig verstanden, aber die Spieler kannte ich schon vom Namen her. Hextall, Akton und Dineen, Spieler die schon lange nicht mehr aktiv sind. So wie ich größer wurde, wuchs auch meine Liebe zum Spiel.
Selbst als ich für einige Zeit nach Deutschland als Austauschschülerin umgezogen war, ließen mich die Flyers nicht los und ich versuchte an soviele Informationen über sie zu kommen wie nur möglich.
Philadelphia darf ich seit Herbst 2003, als ich umgezogen bin um dort zu studieren, mein zu Hause nennen. Als Kleinstadt-Mädchen in der großen Stadt, darüber könnte vielleicht eine weitere Kolumne geschrieben werden. Aber nicht hier.

Tie Domi lässt sich provozieren.

Die traditionsreiche Geschichte der Flyers bietet genug Stoff zu einem Film, der langfristig Gefühle im Herzen weckt und in den Köpfen der weltweiten Fans haften bliebe. Durch Siege und durch Tragödien wie die von Pelly Lindberg. Ich bin richtig stolz auf meine Mannschaft und deren Fanfamilie. Deren Geschichte, deren Gegenwart und auch deren Zukunft.

Das Leben als Philadelphia Fan ist manchmal die einsamste Strecke, die man je schreiten kann. Obwohl man ja nicht alleine leiden muss, ist der Schmerz für jeden anders. Ein Außenstehender kann das wirklich nicht richtig begreifen. Das Leid ist ein originelles Philadelphia Phänomen. Das süße Leid der Philadelphia Fans.

Philadelphia hatte immer starke Mannschaften in den vier US-Topprofiligen, und da ist es manchmal das Schwierigste zu ertragen wenn man daran denkt, dass wir seit 1983, 76er's, keinen Titel mehr bekommen haben. Die 'Phillies' haben letzten Mal in 1980 den Titel gewonnen und die Eagles in 1960, zu einer Zeit als es noch keinen 'Superbowl' gab. Das letzte Mal wurden die Flyers 1974 und 1975 Stanley Cup Champions, Bobbie Clarke hatte gespielt und Kate Smith hatte 'God Bless America' gesungen.
Die Zeiten dieser Protagonisten sind vorbei und die Flyers spielen auch nicht mehr im alten Spectrum Stadion.

Die Philadelphia Fans haben eine ganz bestimmte Reputation in der gesamten USA. Philadelphia Fans sind bekannt für der Auspfeifen von Sankt Nikolaus bei einem Football Spiel. Wir sind die Fans, die mit Tie Domi in der Strafbank kämpfen und als ich ein Vorbereitungsspiel in Hershey zwischen den Pittsburgh Pengins und den Washington Capitals besuchte, wurde der Flyers Schlachtruf 'Let's go Flyers' angestimmt.

Philadelphia ist bekannt für viele Dinge außer Cheesesteaks und Brezeln. Wir sind die harten Arbeiter in Fabriken und im Hafen. Wir arbeiten 60 Stunden in der Woche im Büro, wir sind die Stadt mit der höchsten Dichte an Rechtsanwälten in Amerika. Wir sind auch berüchtigt für eine besondere, etwas aggressive Haltung.

Aber eins verbindet uns mit allen Fans der Welt: wir wollen einfach einen Titel. Jedes Jahr wird uns versprochen, dass es diesmal daraus etwas wird. Die Flyers sind zusammen mit dem 76ers unsere einzige Chance. (sr)

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