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nr.78 / sep. 2004 

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INTERVIEW
 
"Wir wussten, was uns erwartet!"
Interview mit Franz Reindl
 
von Stefan Herget


Als Interimstrainer betreut der langjährige Manager des DEB und ehemalige Auswahlspieler Franz Reindl die deutsche Mannschaft beim World Cup of Hockey, nachdem der neue Bundestrainer Greg Poss sein Amt erst im Oktober antreten wird. Nach dem Abschluss der Vorrunde mit der 2-7 Niederlage gegen Tschechien in Prag stellte sich Reindl den Fragen der Journalisten, wie u.a. eishockey.com Redakteur Stefan Herget.

Frage: Herr Reindl, was gibt es zum Spiel gegen Tschechien zu sagen?

Reindl: Ja, wir können den Tschechen nur gratulieren. Sie haben ein hervorragendes zweites Drittel gespielt und dabei jede ihnen gebotene Chance genutzt. Wir aber hatten nichts entgegen zu setzen. Es sollen keine Entschuldigungen sein, aber die Reise hier her gestern nacht und das Spiel vor eigenem Pubilikum zuvor hat schon viel Kraft gekostet. Und wenn wir gegen ein Team dieser Klasse spielen, sind wir nun einmal auf unsere Spritzigkeit und Fitness angewiesen. Und dann bekommt man ein, zwei Tore und es wird mental immer schwerer.

Frage: Wie fällt Ihr Fazit des Turniers bislang aus?

Reindl: Wir haben alle sechs Spiele inklusive der Testspiele uns gut verkauft und hatten lediglich zwei schwache Drittel. Das war das zweite Drittel in Stockholm (Anm. 1-4 Tore) und das zweite Drittel hier in Prag (Anm. 0-5 Tore). Somit kann man aber insgesamt zufrieden sein mit dem Auftreten der Mannschaft.

Frage: Haben Sie vielleicht gehofft, unterschätzt zu werden?

Reindl: Ich denke wir haben uns in den letzten Jahren mit unserer jungen Truppe international einen guten Ruf erarbeitet und es war zu sehen, dass die anderen Teams genau wussten, wie wir spielen und waren glänzend darauf vorbereitet. Sie haben im Spiel immer die nötige Geduld aufgebracht und uns dann irgendwann im zweiten Drittel geknackt.

Frage: Muss man sich in einem solchen Turnier immer an den kleinen Erfolgen hochziehen: 0-0 im ersten Drittel gehalten, erstes Powerplay überstanden?

Reindl: Es wird hier hochklassig gespielt, da denkst du nicht mehr von Spiel zu Spiel, sondern du musst von Wechsel zu Wechsel denken und jeder der auf das Eis geht, muss über einhundert Prozent geben. Nur die kleinsten Konzentrationsschwächen, wie im zweiten Drittel heute werden gnadenlos bestraft und der Gegner spielt sich in einen Rausch. Wenn man dann nicht körperlich dagegen halten kann, dann wird es bitter. Aber wir wussten vorher, dass das passieren kann. Aber Keiner macht dem Anderen Vorwürfe, denn die Mannschaft hält super zusammen und das ist für mich das Wichtigste.

Frage: Wer wäre Ihnen nun lieber als Gegner, Schweden oder Finnland?

Reindl: Das ist egal. Es ist ohnehin kein Wunschkonzert und beide sind gleich stark.

Frage: Denken Sie, dass Ihre Mannschaft im Viertelfinale an ein Wunder glauben kann?

Reindl: Wir haben eine Mannschaft, die in jedem Spiel an sich glaubt. Natürlich sind wir hier krasser Außenseiter, aber wir haben uns in den letzten Wochen beim Trainingscamp gut vorbereitet und wussten genau, was uns erwartet. Die Stimmung in der Mannschaft ist nach wie vor gut, wir wollen uns schließlich beweisen und geben alles dafür. Aber mit Wundern und Träumen ist das immer so eine Sache: Man kann sehr schnell aufwachen.

Frage: ... also keine Chance auf das Halbfinale?

Reindl: Es sieht so aus. Ja ... Aber das Spiel hat wieder 60 Minuten und fängt bei Null an. Es ist ein Viertelfinalspiel, da geht es um alles oder nichts, das weiß auch unser Gegner. Wir gehen gut vorbereitet da rein und alles weitere werden wir sehen.

Frage: Was ist mit Marcel Goc, warum hat er nicht gespielt?

Reindl: Er war etwas müde und nicht mehr ganz so spritzig, darum haben wir ihm eine Pause gegönnt. Aber deswegen haben wir hier einen großen Kader dabei, damit man auch etwas abwechseln kann. Das Programm der Vorrunde war mit drei Spielen in vier Tagen und den Reisen dazu sehr anstrengend und deswegen muss man darauf achten, dass alle topfit ins Viertelfinale gehen können. Das ist schließlich das entscheidende Spiel.

Frage: War der Torhüterwechsel Robert Müller auf Oliver Jonas geplant oder hatte es mit der Drangphase der Tschechen zu tun?

Reindl: Wir wollten schauen wie es läuft, aber Robert sollte eigentlich schon durchspielen. Doch dann kam hinzu, dass er sich im ersten Drittel eine Bänderverletzung am Knöchel zugezogen hat und er im zweiten Drittel feststellte, dass es zu sehr schmerzte. Deswegen haben wir hauptsächlich reagiert.

Frage: Sie haben Marco Sturm und Jochen Hecht heute in getrennten Reihen spielen lassen. Was waren die Gründe?

Reindl: Der Marco hätte heute eigentlich geschont werden sollen, aber er hat gesagt, er fühlt sich gut und will spielen, da haben wir ihn einfach einmal auf der Centerposition ausprobiert. Gleichzeitig hat er weniger Eiszeit bekommen, um ihm die nötige Frische für das Viertelfinale zu geben.

Frage: ... und im Viertelfinale werden beide wieder in einer Reihe spielen?

Reindl: Wir werden uns im Trainerkreis noch besprechen, aber ich gehe davon aus, dass wir sie wieder zusammen auflaufen lassen.

Frage: Und auf der Torhüterposition wird Olaf Kölzig zurückkehren?

Reindl: Klar, das stand schon vorher fest, dass im Viertelfinale Kölzig spielt. Auch er hat eine Pause gebraucht.

Frage: Können wir auch mit Martin Reichel rechnen?

Reindl: Martin ist für uns ein sehr wertvoller Spieler, das konnte man im Turnierverlauf sehen, doch er hat sich leider die Schulter verletzt. Wir könnten einen Einsatz vielleicht erzwingen, aber wenn du auf diesem Niveau spielen musst und jederzeit weißt, dass der nächste Check das Aus bedeuten kann, dann macht das keinen Sinn. Wir haben noch drei Tage, er wird weiter gut behandelt und gepflegt, aber ich befürchte, wir müssen auch am Montag auf ihn verzichten.

Frage: Wie sehen die weiteren Planungen aus bis zum Viertelfinale am Montag?

Reindl: Wir werden bis Sonntag morgen hier in Prag bleiben. Am Samstag hat die Mannschaft einen Tag frei, d.h. kein Training, keine Videoanalyse oder Sitzung. Samstag abend werden sich die Trainer und Teile der Mannschaft das Spiel Finnland gegen Schweden anschauen und dann wissen wir, wo wir hin müssen. Die Planungen stehen für beide Orte und am Sonntag werden wir dann nach Skandinavien fliegen. Dort werden wir Sonntag nachmittags und Montag morgen Training haben, um optimal vorbereitet am Montag abend anzutreten. (sth)

Weitere Informationen zum World Cup of Hockey finden Sie >> hier.

 

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