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nr.70 / dez. 2003 

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INTERVIEW
 
David Aebischer: "Ich spiele einfach mein Spiel."
 
David Aebischer(re.) mit unserem Redakteur Stefan Herget

Im November letzten Jahres führten wir ein ausführliches Interview mit Torhüter David Aebischer von der Colorado Avalanche, jedoch unter anderen Voraussetzungen. Heute genau ein Jahr später ist der 25 Jahre junge Schweizer Torhüter die neue Nummer 1 des NHL-Spitzenclubs aus Denver. Grund genug für uns mit ihm über die geänderte Situation, dem Druck Nachfolger von Patrick Roy zu sein und seine neue Stellung im Team zu sprechen.
Auch dieses Mal blieb der trotz seines Erfolges äußerst sympathisch gebliebene Aebischer keine Antwort schuldig und unterhielt sich ausführlich mit unseren Redakteuren Stefan Herget und Robin Patzwaldt im Trainingscenter der Avalanche in Englewood, Colorado.

Eishockey.com: Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur "Nummer 1"! Dadurch dürftest du jetzt aber viel mehr im Gespräch sein. Wie fühlt man sich da in der neuen Situation?

Aebischer: Danke! Ich fühle mich eigentlich sehr gut. Und was andere Leute glauben und schreiben ist mir relativ egal. Wichtig ist, dass die anderen Spieler, das Management an mich glauben und ich selber an mich glaube.

Eishockey.com: Als wir letztes Jahr um diese Zeit hier waren, sagtest du ja noch zu uns, du würdest abwarten was Patrick Roy nach der Saison macht. Wie hast du dann von seinem Rücktritt erfahren und was ging da so in dir vor?

Aebischer: Das war ein längerer Prozess bei Patrick. Er hat schon zu Beginn der letzten Saison so Andeutungen gemacht, es könnte seine letzte Saison sein. Und als wir dann bereits in der ersten Runde der Playoffs ausschieden, war es natürlich wieder etwas in Frage gestellt, ob er so wirklich aufhören wollte, oder ob er noch ein weiteres Jahr spielen würde, um noch einmal bessere Playoffs zu haben. Aber seine Entscheidung hatte er eigentlich schon viel eher gefällt. Und es war, denke ich, auch die richtige Entscheidung für ihn. Wie er selber auch schon gesagt hat, das Feuer war bei ihm einfach nicht mehr so da, wie es schon einmal war.

Eishockey.com: Hat der Club dir seine endgültige Entscheidung dann mitgeteilt, oder hat er das getan?

Aebischer: Wir haben immer sehr viel miteinander gesprochen. Und da kam das Thema dann auch öfters ganz automatisch. Und so war es nach der Saison dann fast klar, dass er aufhört. Der Club gab ihm dann noch einmal einen Monat Bedenkzeit, um noch einmal richtig darüber nachzudenken.

Eishockey.com: Gab es dann bei dir Zweifel, dass du die neue Nummer 1 wirst?

Aebischer: Man weiß nie, was eine Mannschaft wie die Colorado Avalanche macht. Ich habe mir einfach mal gesagt "abwarten", man wird sehen. Und dann kam sehr früh die Entscheidung des Clubs, dass ich die Nummer eins bin für die neue Saison.
David im Mittelpunkt des Interesses, umringt von zahlreichen Medienvertretern.

Eishockey.com: Was hat sich seither für dich verändert? Wir sprachen letztes Jahr auch schon über deinen Bekanntheitsgrad hier in der Öffentlichkeit. Bist du noch populärer geworden, wirst du öfter auf der Straße angesprochen? Wie hat sich dein Leben seither verändert?

Aebischer: Es hat sich schon etwas verändert in dieser Hinsicht. Jetzt wird man viel häufiger erkannt. Letztes Jahr konnte ich noch öfter unerkannt irgendwo hingehen, die Leute kannten mich nicht. Es ist noch nicht so schlimm, aber vor allem wenn mein Name ins Gespräch kommt, dann merken es die Leute sehr, sehr häufig.

Eishockey.com: Und die Medien werden jetzt wohl auch mehr nachfragen, oder?

Aebischer: Ja, ich bin hier schon mehr im Gespräch bei den Medien. Aber das spielt für mich eigentlich keine Rolle.

Eishockey.com: Du stehst aber schon unter sehr hohem Druck. Gerade durch die Verpflichtungen von Selanne und Kariya wird der Stanley Cup Gewinn doch quasi erwartet. Wie gehst du damit um?

Aebischer: Der Druck ist immer hier in dieser Mannschaft! Seit ich hier bin ist das Ziel immer der Stanley Cup. Ob du Nummer eins, oder die Nummer zwei bist, du hast immer den gleichen Druck. Jetzt spiele ich natürlich etwas mehr, von daher habe ich dann auch mehr Druck, aber ansonsten hat sich da nicht so viel verändert. Ich spiele einfach mein Spiel und versuche so viele Spiele zu gewinnen wie möglich!
... die Mannschaft hat immer zu mir gestanden.

Eishockey.com: Hast du eine Veränderung innerhalb der Mannschaft bemerkt seit du die Nummer 1 bist? Bekommst du mehr Unterstützung von den Mitspielern?

Aebischer: Da hat es nie Probleme gegeben. Die Mannschaft hat immer zu mir gestanden seit Patricks Rücktritt.

Eishockey.com: Hat sich denn dein Einfluss im Team irgendwie verändert? Hast du jetzt mehr Mitspracherecht?

Aebischer: Sicher, du sprichst jetzt noch mehr mit dem ein oder anderen Mitspieler. Da wird natürlich dann auch der Einfluss im Team etwas größer.

Eishockey.com: Du sagst, dass du von Patrick Roy viel gelernt hast. Hast du jetzt noch Kontakt zu ihm?

Aebischer: Ja, wir haben noch Kontakt! Zuletzt gesehen haben wir uns hier, als sie sein Jersey retired haben. Wir haben auch jetzt noch eine sehr, sehr gute Beziehung zueinander. Ich telefoniere das ganze Jahr über hin und wieder mit ihm. Patrick sieht ja auch viele Spiele von uns...

Eishockey.com: Gibt er dir dann auch Ratschläge?

Aebischer: Sicher, er gibt mir dann hin und wieder auch Ratschläge …, wenn er muss ... (lacht)

Eishockey.com: Und wie ist jetzt dein Verhältnis zu Philippe Sauve? Das ist ja sicher auf einer anderen Ebene, verglichen mit dem Verhältnis zu Patrick Roy, schon allein vom Alter her und der Konkurrenzsituation.

Aebischer: Unser Verhältnis ist sehr gut. Sicher, der Konkurrenzkampf ist da, aber wir kommen sehr gut miteinander aus und das ist auch wichtig. Du kannst auch mit dem anderen Torwart nicht schlecht auskommen, denn das ist schlecht für die Mannschaft und den Mannschaftsgeist. Sicher jeder will spielen, aber das ist normal, und das versteht auch jeder.
David im Gespräch mit Norm Jones(re.) vom Avs-Radio.

Eishockey.com: Wie bist du bisher mit dem Saisonverlauf zufrieden? Persönlich? Und auch was das Team betrifft?

Aebischer: Wir sind sehr zufrieden bisher. Jedes Spiel ist sehr schwer in dieser Saison, die Liga ist einfach sehr ausgeglichen zurzeit, und wir haben noch viele Schlüsselspieler die verletzt sind. Dadurch haben viele junge Spieler bereits gezeigt, dass sie Verantwortung übernehmen können. Aber trotz dieser Ausfälle von Peter Forsberg und Paul Kariya hatten wir bisher eine sehr gute Saison.
Ich persönlich bin bisher eigentlich auch sehr zufrieden mit meinen Leistungen, bis jetzt.

Eishockey.com: Aber natürlich gibt es auch immer noch etwas zu verbessern. Wie willst du dich verbessern? Wie arbeitest du auf dem Gebiet? Machst du viele Videostudien?

Aebischer: Man kann sich immer noch verbessern. Am Besten ist es auch, wenn man sich überall verbessert und nicht nur in einer Situation. Ich versuche alles noch zu verbessern. Ich schaue sehr viel Video, das stimmt. Da sieht man am Besten, was man gut macht und was vielleicht noch weniger gut.

Eishockey.com: In Europa wird bereits sehr viel über den drohenden Streik zur nächsten Saison diskutiert. Wie siehst du die Situation? Erwartest du einen Streik und wie siehst du den Einfluss der NHLPA in diesem Bereich?

Aebischer: Die Situation ist sicherlich nicht sehr gut zurzeit! Die Spieler haben der NHL ja schon ein, wie ich finde, sehr gutes Angebot gemacht. Die NHL hat dies aber abgelehnt. Jetzt müssen wir erst einmal abwarten und sehen was passiert.

Eishockey.com: Du bist ja auch unmittelbar betroffen, denn dein Vertrag läuft Ende der Saison auch aus. Siehst du eine Chance, dass er noch vorher verlängert wird?

Aebischer: Ich glaube schon! Die Chance ist sicherlich sehr groß, dass ich vorher verlängern kann.

Eishockey.com: Sollte es zum Streik kommen, könntest du dir vorstellen in dieser Zeit in Deutschland oder der Schweiz zu spielen?

Aebischer: Das ist sicher ein Thema, dass ich dann nächstes Jahr irgendwo in Europa spielen werde.
Immer konzentriert auf die Partie.

Eishockey.com: Bei Werbeunterbrechungen sieht man dich nur selten an der Bande und du nimmst auch nur selten die Torwartmaske ab. Das unterscheidet dich von den meisten anderen Goalies. Gibt es dafür spezielle Gründe?

Aebischer: Ich konzentriere mich lieber auf das Spiel, trinke etwas und versuche die Augen etwas zu entspannen. Ich sehe also keinen Grund zur Bande zu gehen. Ich bleibe lieber an Ort und Stelle in meinem Torraum und konzentriere mich auf das nächste Bully.

Eishockey.com: Wir haben dich bei der letzten WM vermisst. Wurdest du gar nicht nominiert?

Aebischer: Richtig, ich wurde nicht nominiert.

Eishockey.com: Haben die Verantwortlichen des Verbandes nicht mit einem Ausscheiden der Avalanche aus den Playoffs gerechnet?

Aebischer: Sie wollten mich einfach nicht! (lacht)

Eishockey.com: Das ist merkwürdig! In Deutschland sind wir immer froh, wenn unsere NHL-Spieler dabei sein können bzw. wollen....

Aebischer: In der Schweiz sieht es sehr wahrscheinlich anders aus! (lacht)

Eishockey.com: Danke David! Wir wünschen dir für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und werden deine Entwicklung weiter im Auge behalten... (sth)

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